20. Deal

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POV Melina

"Bist du dir sicher, dass du schon loskannst?" Cupid lag mir seit dem ich zurück ins Anwesen kam, mit dem Thema in den Ohren. Nach der Begegnung mit Michi hatte ich noch eine Weile auf den Stufen gesessen bis ich mich endlich wieder bewegen konnte. Doch mein Entschluss noch am selben Tag zurück zu meiner Gruppe zu gehen war schon gefallen. So wie es jetzt war, konnte es nicht mit mir weiter gehen. Ich brauchte meinen Bruder und ich brauchte Daryl. Meine Zeit des Trübsal blassens und warten war vorüber.

"Ja ich bin mir sicher Cupid." War die einzige Erwiderung, die ich in den letzten zwei Stunden jedes Mal erwiderte. Er lief um mich herum wie ein aufgescheuchtes Huhn. Ohne Unterlass brabbelte er auf mich ein. "Nein, Melina, das ist viel zu gefährlich. Du bist noch nicht gesund." Das ich nicht gesund war, dass wusste ich noch besser als er. Doch ich wusste auch das es mir ohne meinen Bruder, meine Freunde und am wichtigsten ohne die Liebe meines Lebens, auch nicht besser gehen würde.

Gerade noch war ich mitten am Packen einiger wichtigen Dinge, da fror ich mitten in der Bewegung ein. "Ich mag deine Nichte sein Cupid und du weißt, ich bin dir dankbar für jeden Rat, den du mir mit auf den Weg gegeben hast, doch ich bin auch deine Lisix, ich habe mich entschieden und möchte das du aufhörst diese Entscheidung anzuzweifeln."

Während ich sprach hatte ich mich zu Cupid umgedreht und blickte ihm nun mit einem, wie ich hoffte, durchdringen Blick an. "Evan wäre stolz auf dich, Melina. Ich möchte, dass du diese Eigenschaft beibehältst. Lasse niemanden deine Entscheidung anzweifeln, du musst als Lisix stark und souverän wirken, auch wenn du unsicher bist. Pass auf wem du ab jetzt dein Vertrauen schenkst. Und jetzt geh schon zurück auf die Erde."

Er umarmte mich ein letztes Mal, bevor ich mich auf den Weg machte.

Es dauerte nicht lang, bis ich sie gefunden hatte. Bevor ich losgeflogen war, hatte ich den Spiegel im Büro benutzt, um herauszufinden, was sie an diesem Tag machen wollten. Der Zufall spielte mir ausnahmsweise in die Karten, sie wollten sich mit Jesus und seinen Leuten treffen. Das wollte ich um keinen Preis verpassen.

Das Gefühl sie endlich wieder in Person zu sehen war unbeschreiblich. Sie hatten sich zum Gehen umgewandt, doch Ophelia faszinierte sie, sodass sie sich wieder umdrehten. Als ich einen kurzen Blick auf Daryl erhaschen konnte, bemerkte ich wie sich ein Ruck durch meine Seele zog.

Eine innere Saite in mir kam zum Klingen. Ich bemerkte wie leicht es mir auf einmal wieder fiel zu atmen. So als wäre eine tonnenschwere Last von mir genommen worden. Meine Seele wurde wieder leicht und meine Sorgen schienen ein wenig abzunehmen.

"Wir können noch einige Leute entbehren. Ich habe Maja und Jonathan gebeten sich ein fähiges Team zusammenzustellen. Es kann in wenigen Tagen losgehen. Das Einzige, um was ich euch gern bitten würde, wäre, dass ihr uns euer Labor in den Kellern zur Verfügung stellt. Wenn ihr irgendwann Kapazitäten und Lust habt, dürft ihr natürlich immer gern dazustoßen."

Daryl erstarrte. Es dauerte einen kurzen Moment bis er sich ganz langsam umdrehte. "Also, was sagen Sie dazu, Jesus? Sie müssen sich um meine Leute nicht kümmern. Sie werden Ihnen also nicht zur Last fallen."  Ohne einen weiteren Blick auf die anderen zu werfen, ging ich an ihnen vorbei und stellte mich neben Rick. Die Flügel ließ ich dabei verschwinden, doch meine Aura dehnte ich so weit aus, dass sie die Menschen fühlen konnten. "Und Sie sind?", Jesus hatte einen ehrlich neugierigen Blick aufgesetzt.

"Das ist unsere Lisix Me...", setzte Maja an. Doch Chris unterbrach sie mit einem lauten Aufschrei. Stieß Rick beiseite und fiel mir um den Hals. Für einen kurzen Moment ließ ich ihn gewähren. Ich schloss die Augen und sog seinen Geruch in mich ein. Das Schwindelgefühl, das sich seit langem in meinem Kopf gehalten hatte, war plötzlich wie weggeblasen.

Es war wie als wäre ich ohne meine beiden Liebsten langsam innerlich gestorben und jetzt wo ich sie wieder hatte schien es als wäre alles wie weggeblasen. Die Welt machte plötzlich wieder Sinn. Sanft drückte er mir einen Kuss auf die Stirn.

Nach einem kurzen Moment schob ich ihn von mir. Dabei warf ich einen schnellen Blick auf Daryl. Dieser sah mich an, mit einem Blick den ich kaum deuten konnte.

"Ich bin Melina, ich bin die Lisix der Engel. Also Jesus, wie sieht es aus? Haben wir einen Deal?"

Fasziniert blickte mich der langhaarige Brünette an. Er schien kurz mit sich zu hadern und instinktiv hielt ich die Luft an.

"Okay.", sagte er schließlich. "Okay?"-"Okay, ihr dürft die Labore gern nutzen, aber Leute können wir zurzeit noch nicht entbehren." Innerlich brach ich in Jubel aus. Äußerlich blieb ich vollkommen ruhig.

"Das freut mich sehr, Jesus, ich verspreche dir, ihr werdet es nicht bereuen." Ich wandte mich um und blickte meine beste Freundin an. "Maj, schreibe doch bitte einen Brief an Cupid. Er soll ein paar unserer Leute schicken und im Gegenzug einige Lebensmittel und Medikamente organisieren. Einige unserer Leute sollen sie vorbeibringen."
Maja zeigte mir den Daumen nach oben und ließ ihre Flügel erscheinen. Sie machte auf dem Absatz kehrt und flog zurück zum Haus, um sich bei meinem Onkel zu melden.

"Jonathan, Chris, auf ein Wort." Jesus nickte mir dankbar zu. Ich erwiderte die Geste mit einem Lächeln. "Rick, wir fliegen zurück, ihr müsst nicht auf uns warten." Mit diesen Worten breiteten Chris und Jonathan die Flügel aus und erhoben sich in die Lüfte. "Ophelia komm." Mein Aski erhob sich von Jesus Schulter und ich erwartete, dass sie zu mir flog. Doch sie flog an mir vorbei auf Daryl zu und setzte sich auf seine Schulter.

Verwundert blickte er sie an, bevor sein Blick auf mich fiel. Ich warf ihm ein kurzes Lächeln zu, dann öffnete ich meine Flügel und folgte meinem Bruder und seinem besten Freund in Richtung der Wolken.

Um zu wissen, dass ich dafür sorgte, dass Daryl die Situation zu schaffen machte, musste ich nicht einmal zurückschauen. Ich konnte seinen Blick in meinem Rücken spüren. Doch ich musste noch so vieles mit meinem Bruder und Jonathan besprechen. Es würde mich von Daryl ablenken und das wollte ich nicht.

Mir war es wichtig, dass er meine volle Aufmerksamkeit hatte, wenn wir miteinander redeten, denn das mussten wir dringend. Doch bis dahin wollte ich mit meinem Bruder reinen Tisch machen. Auch, wenn er sich freute mich wiederzusehen wusste ich das ihm die Situation beizeiten zu schaffen machen würde.

Eigentlich hatte er es sein sollen und ich wusste das er enttäuscht war, deswegen.

The Angel Who Watches Over MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt