17. Silberstreif am Horizont

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POV Melina

"Ka.... ren...?

Mel...?

....lf... Cup... bri.... ihr ...mer."

Ich fühlte mich wie in Watte gepackt. Mein ganzer Körper kribbelte, so als wäre mir alles eingeschlafen. Doch ich spürte keine Angst oder Schmerz, es war fast schon friedlich und so etwas wie eine kleine Erlösung nach dem Stress der letzten Tage.

Um mich herum hörte ich besorgte Stimmen. Konnte sie doch erst nicht ganz zuordnen. Erst als ich einen Schmerz an meinem Handrücken spürte Drang mein Bewusstsein wieder ganz an die Oberfläche.

Ich riss die Augen auf und blickte mich orientierungslos um. Ich lag in meinem Bett in meinem Zimmer. Um mich herum standen Hermes und Cupid. Als ich meine Hand probeweise hob um zu schauen, ob mein Körper mir gehorchte, sah ich das ich eine Nadel darin hatte. Durch einen Schlauch lief eine silbrige Flüssigkeit in meinen Körper. Es brannte ein wenig, doch es war nichts im Gegensatz zu meinem Kopf. Dieser fühlte sich als, ob er gleich explodieren würde.

Mit einem schweren seufzen kniff ich die Augen zu bevor ich versuchte mich aufzurichten. Mit der Hilfe von Hermes gelang es mir letztendlich. "Was ist passiert? Hermes hat dich Ohnmächtig in deinem Büro gefunden. Ophelia hat ihn zu dir geführt.", fragte mich Cupid besorgt. "Ich weiß nicht so genau, ich habe den Spiegel benutzt und ich kam wieder zurück, weil mir schwindelig und schlecht war. Es tut alles weh. Ich glaub ich habe mir den Kopf am Schreibtisch gestoßen."

In meinem Kopf herrschte das reinste Chaos. Chris litt unter dem Wissen das Evan tot war und ich unerreichbar schien und Daryl ich hatte keine Ahnung wie es ihm so wirklich ging. "Melina das muss aufhören!", Hermes Stimme klang streng.

Erstaunt blickte ich ihn an und versuchte aus seinem Blick zu lesen, was er meinte. Ich hatte keinen blassen Schimmer worauf er hinaus wollte. Cupid sah genauso Ernst drein. "Wann hast du das letzte Mal richtig gegessen? Du fehlst bei fast jedem Familien Essen und das Essen, das wir dir ins Büro bringen, rührst du auch kaum an. Du planst nur noch die nächsten Schritte oder unterschreibst Briefe und verfasst die nächsten Schritte. Das hört ganz genau jetzt auf!"

"Aber..." Die beiden ließen mir keine Chance ihnen zu widersprechen. Sie schnitten mir einfach das Wort ab. "Hermes hat recht, das hat jetzt ein Ende. Ich erwarte dich jetzt bei jedem Essen unten im Speisesaal, wenn du nicht kommst, dann kommt dich jemand holen."

"Wenn du dich tot arbeitest, bringt dir das nichts. Dadurch wirst du nicht schneller zu Chris zurückkehren. Und jetzt dulde ich keine Widerworte mehr, Melina Sophie Scale. Du magst meine-unsere Lisixs sein aber das heißt nicht das ich dir dabei zu sehen werde wie du kaputtgehst. Du verbringst jetzt noch ein paar Tage in Loren Ipsum und dann kannst du von mir aus zurück nach Blue Ridge. Wir können von da aus deine Fähigkeiten weiter trainieren und den Papierkram kann ich dir auch irgendwie zu kommen lassen."

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Es dauerte ein paar Sekunden bis die Information in meinem Hirn ankam. Ich durfte zu Daryl und Chris zurück. Ich durfte zurück. Und das schon bald. Den Schwindel ignorierend richtete ich mich auf, um Cupid zu umarmen. Hermes besah diese Szene nun skeptisch.

Kein Wunder, die anderen wussten immerhin nichts von Daryl. Hermes glaubte schlicht und ergreifend das mir die lange Trennung von Chris zu schaffen machte. Das war zwar auch der Fall doch die Trennung von Daryl war noch viel schlimmer. Cupid drückte mich fest an seine Brust. "Ich lass' dich nicht an einem gebrochenen Herzen sterben.", flüsterte er mir ins Ohr. Müde ließ ich mich in die Kissen zurücksinken. Erschöpft schloss ich meine Augen. Das letzte, dass ich spürte war, das sich Ophelia an meine Wange schmiegte, danach schlief ich vor Erschöpfung ein.

POV Daryl

Mal wieder lief ich allein und ziellos durch den Wald. In mir tobte es. Ich wusste nicht, was es war das ich fühlte. War es Erleichterung, Liebe, Angst oder Wut? Ich hatte keine Ahnung. Mir gingen so viele Gedanken durch den Kopf das ich keinen davon fassen konnte.

Sie lebte. Sie war noch immer am Leben. Ich hatte sie nicht verloren. Und doch war sie nicht hier bei mir.

Aber wieso? Ich hätte alles dafür gegeben so schnell wie möglich zurückzukommen. Nur damit ich sie so schnell wie möglich wieder sehe. Wieso tat sie nicht das gleiche? Es waren schon Wochen vergangen seit dem ich dachte das ich sie verloren hatte. Wochenlang war ich mit dem schrecklichen Gefühl in meiner Brust herumgelaufen. Und wofür das ganze? Nur um jetzt zu erfahren, dass ich all das nicht hätte durchstehen müssen?

Ein Brief hätte gereicht, wieso hatte sie mir nicht geschrieben? Mal wieder saß ich am Steg des Sees und blickte an das andere Ende des Ufers. Erschrocken fuhr ich herum als ich hinter mir Schritte im Schnee hörte. Es waren keine schlurfenden wie die eines Beißers, sondern die tollpatschigen und lauten Schritte von...

"Beth, was tust du hier draußen?" schlotternd setzte sie sich neben mich. "Na ja, du warst ziemlich aufgewühlt, deshalb habe ich gedacht ich leiste dir Gesellschaft." Ich gab nicht mehr als ein Grummeln von mir. Sah ich so aus als ob ich so etwas wie Gesellschaft wollte?" Sie wird zurückkommen Daryl. Wenn sie alle notwendigen Dinge geregelt hat, wird sie zu uns zurückkehren."

Sie war eine gute Seele. Beth glaubte an das Gute im Menschen, oder Engel. Wie auch immer. "Sie hätte schon lang' wieder da sein können! Mittlerweile war auch mir kalt. Ich saß wohl schon länger hier als gedacht. "Ich bin mir sicher, dass sie schon lange wieder da wäre. Doch es gibt für sie viel zu tun. Sie muss jetzt Verantwortung für ein ganzes Volk tragen und ihr Vater ist tot. Ich denke das verlangt ihr viel ab.." Beth's Zähne klapperten inzwischen unkontrolliert. Zwar war mir selbst eisig kalt, dennoch gab ich ihr eine meiner beiden Jacken.

"Ein Brief. EINEN EINZIGEN! MEHR HÄTTE ES NICHT GEBRAUCHT." Ohne es zu wollen schrie ich sie an. So könnte ich zumindest einen Teil meiner Verzweiflung loswerden.

"Du weißt das Melina unsere Sprache nur spricht und nicht schreiben kann."-"Was?" Dieses mal konnte ich meine Gefühle einordnen. Ich war verwirrt. "Hast du überhaupt irgendetwas von dem behalten was Melina oder die anderen Engel erzählt haben? Ihre Muttersprache ist Liumim. Melina hat mir mal erzählt, dass sie zwar einige Wörter lesen kann, aber wirklich lesen und schreiben kann sie nur ihre Sprache."

Ich konnte ihr lächeln aus ihrer Stimme heraus hören. Es war schon lang her seit dem ich das letzte mal mit ihr geredet hatte. "Dann hätte sie einen Brief in ihrer Sprache verfasst. Christopher kann die Sprache immerhin auch." Und jetzt war das Gefühlschaos wieder da. Das alles war doch die reinste Scheiße. Alles war Scheiße, auch wenn ich seit langem wieder einmal sowas wie Hoffnung hatte. Ich würde sie wiedersehen. Wenn sie sich dazu entschloss zurückzukommen. "Hätte Chris jemand geglaubt? Hättest du ihm geglaubt?"

Ohne noch etwas zu sagen, stand sie auf. Bevor sie ging, legte sie mir ihre Jacke wieder um die Schultern, dann war sie verschwunden.

The Angel Who Watches Over MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt