18. Scale Gruft

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POV Daryl

Seit dem Gespräch zwischen Beth und mir waren zwei Wochen vergangen. In dieser Zeit war viel passiert. Maja und Jonathan hatten sich bei uns in die Gruppe eingegliedert. Ich konnte verstehen, weshalb Maja Melinas beste Freundin war. Sie war zwar direkt aber dennoch im richtigen Moment zurückhaltend. Soweit ich es beurteilen könnte wären beide Engel ganz in Ordnung.

Rick und ich hatten einige Plündertouren zu zweit unternommen. Es war mir unheimlich, doch es tat mir gut wieder ein wenig Zeit mit ihm zu verbringen.

Heute war ein besonderer Tag. Wir würden nach Totonia Tirena fahren um dort zusammen mit Maja und Jonathan um Zusammenarbeit zu verhandeln. Melina wollte das die beiden mit den Wissenschaftlern aus Totonia Tirena zusammenarbeiteten. Zwar war noch nicht alles bereit, aber da die Leute dort zumindest über die Engel bescheid wussten, wollten sie sich vorstellen und einmal die Lage sondieren.

Also stiegen wir nach dem Frühstück alle zusammen in ein Auto und machten uns auf den Weg. Die Menschen in der Stadt waren uns gegenüber freundlich, deshalb waren nur Rick und ich als Sicherung dabei. Michonne sorgte in der Zeit, in der wir weg waren, dafür das in der Gruppe alles rund lief.

POV Melina

Langsam schlenderte ich durch die Katakomben von Lorem Ipsum. Die Gänge waren mit einigen Fackeln beleuchtet. Ich konnte mir nicht erklären, was ich genau hier unten wollte. Es hatte mich einfach hierher verschlagen, ohne das ich etwas dagegen tun konnte. In den Katakomben war es immer feucht und muffig. Der Geruch drang in die Nase und heftete sich dort fest. Auch in den Klamotten und Haaren setzte sich dieser fest und auch nach dem Duschen hatte ich immer das Gefühl den Muff nie ganz wegwaschen zu können. Meine Schritte halten von den Wänden wieder und ergaben ein immer lauter werdendes Echo. Ophelia zog kleine Kreise hinter mir.

Eine weitere Woche war vergangen seit dem ich in meinem Büro umgekippt war. Cupid hatte mir versprochen das ich bald zurückkehren könnte, Hermes hingegen wollte das ich vorher wieder vollkommen "gesund" werde. Cupid wusste genauso gut wie ich das ich nur mit Daryl und Chris an meiner Seite wieder vollkommen gesund werden würde. Ich kam hier mittlerweile beinahe um vor Sorge und das trug nicht unbedingt zu meiner Genesung bei. Doch weder Hermes noch die anderen konnten sich mein Leiden erklären. Deswegen hielten sie es für besser, wenn ich noch eine Weile in Loren Ipsum bleiben würde. Missmutig ging ich weiter. Auch, wenn ich erst nicht wusste, wohin mein Weg mich führte, war es mir klar, nachdem ich einen mit Blumen geschmückten Gang erblickte. Ich war an der unterirdischen Gruft der Familie Scale angekommen.

So leise wie möglich trat ich in die Gruft meiner Familie ein. Noch bevor ich realisiert hatte das schon jemand am Grab meiner Eltern stand und umdrehen konnte, um die Begegnung zu vermeiden, drehte sich der andere Engel um. Überrascht blickte ich in ein mir bekanntes Gesicht. Kurze schwarze Haare, blau-grüne Augen und Flügel so tiefschwarz wie die Nacht. Er blickte ebenso überrascht zurück wie ich.

"Melina? "Fasziniert streckte er seine Hand nach mir aus, legte sie an meine Wange und streichelte mich sanft mit dem Daumen. Er stand so dicht vor mir das ich den Atem anhielt. Michi und ich kannten uns früher zwar sehr gut, doch unter diesen Umständen war es mir unangenehm ihm so nah zu sein. In meiner Gefangenschaft war dies anders. Er war dort mein einziger Halt gewesen, mein Bezug zur Realität. Doch jetzt? Wir hatten uns nie offiziell getrennt und dann war ich gefangen, wir hatten uns gestritten und danach war ich tot. Es war eine super bizarre Situation.

Bevor ich noch irgendetwas tun oder sagen konnte hatte er den letzten Abstand überwunden und mich an sich gezogen. Erschrocken keuchte ich auf aber plötzlich seine Lippen auf meine presste und mich küsste. Seine Lippen lagen so fordernd auf meinen, dass ich vor Schreck einfror. Ich hatte nicht mit dieser Reaktion gerechnet. Eher mit Ablehnung, nachdem er auf die Enthüllung mit Daryl nicht sonderlich gut reagiert hatte. Meine Sicht verwischte und schwarze Punkte tanzten durch mein Sichtfeld. Plötzlich war mir ganz kalt und meine Hände fühlten sich klamm an. Wie beim letzten mal wurde mir Kotzübel. Mir knickten die Beine ein und kurz war es schwarz um mich herum. "Melina. "Erschrocken löste er sich von meinen Lippen und umfasste meine Schultern damit ich nicht zusammen brach." Alles gut, das passiert immer mal wieder." Ich versuchte mich von ihm zu lösen, weil mir die Situation so unangenehm war, Michi half mir dabei mich auf den Boden zu setzen.

Langsam klärte sich meine Sicht wieder und das Zittern meiner Beine ließ wieder nach. Michi hatte mich noch immer an sich gezogen und strich mir langsam über den Kopf. "Melli sowas ist nicht normal? Weiß deine Familie davon?"

"Cupid weiß, dass ich zweimal zusammengebrochen bin. Von mehr weiß er nicht und er muss es auch nicht wissen. "Jetzt erst hatte ich bemerkt das Ophelia auf meiner Schulter saß und Michi kritisch beäugte. "Okay ich bringe dich zurück nach Hause und dann lässt du das anschauen. Das ist gefährlich." Er zog schon an meiner Hand und wollte mich mit sich hochziehen, doch ich entzog sie ihm. Langsam kam in meinem Kopf an, was sich gerade abgespielt hatte. Er hatte mich geküsst, obwohl er wusste, was ich mit Daryl teilte.

Verwirrt von meiner Geste runzelte er die Stirn und wollte erneut nach meiner Hand greifen. Wütend schlug ich sie weg. Mit zitternden Beinen und unfähig die Gefühle der letzten Wochen zurückzuhalten stemmte ich mich vom Boden hoch. "Nein, du wirst nach Hause gehen und hiervon niemand erzählen. Es geht dich nichts mehr an wie es mir geht. Ich will dich gerade nicht sehen. Geh weg" Er versuchte noch einmal auf mich zuzukommen doch ich schubste ihn weg. "Melina. Ich liebe dich und ich will das alles so wird wie früher."

Michi sah mich mit diesem Flehen in den Augen an, bei dem ich beinahe Mitleid bekommen hätte. Doch er hatte meine persönliche Grenze überschritten und ich hatte mich eh schon schlecht gefühlt. "Ich will nur, das du gehst Michi. Ich liebe dich nicht. Ich liebe Daryl und nicht dich. Ich möchte dich nicht mehr sehen." Ophelia flatterte von meiner Schulter auf und flog auf Michi zu. Ihr Schnabel hackte wütend auf ihn ein.

So als ob ich ihn geschlagen hätte ließ er von mir ab, vielleicht lag es auch an Ophelia wütenden Verhalten, doch er trat den Rückzug an.

"Es tut mir leid Melina. Ich wünschte, es wäre alles anders gekommen."

Gefolgt von Ophelia wütenden Gezwitscher verließ Michi die Gruft meiner Familie. Ich lauschte seinen Schritten bis ich sie ganz verhallt waren. Müde setzte ich mich auf die Stufen neben dem Sarg meiner Mutter. Er war aus Glas, doch er war von unserem Familien­wappen abgedeckt. Ich legte meine Hand dagegen und lehnte meinen Kopf an das kühle Glas. Ohne das ich es wollte liefen mir die Tränen. Was würde ich nur für den Rat meiner Mutter geben. Oder für Carols Rat, sie war das, was einer Mutter für mich am nächsten kam.

Ich war die Anführerin der Engel und heulte schon wieder, ließ mich herumkommandieren wie ein kleines Kind.

Ophelia kam wie so oft in letzter Zeit zu mir und kuschelte sich in meine Hand. Nach einer fühlt endlos langen Zeit versiegten meine Tränen und ich zog schniefend meine Nase hoch. Ich holte einmal tief los und stand auf. Meine Entscheidung war gefallen.

The Angel Who Watches Over MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt