Kapitel 30

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Olivia: So 15. Juni

Ich beobachtete ihn, während er schlief. Das Bett war ziemlich schmal.
Meine Beine lagen über Dylans und mein Kopf befand sich auf seiner regelmäßig senkenden Brust. Ich musste regelrecht zu ihm hoch schielen.
Bei seinen geschlossenen Augen bemerkte ich das erste Mal, dass seine Wimpern ziemlich lang waren.
Wow.
Da versuchten Mädchen alles, um lange Wimpern zu bekommen und Jungs hatten sie von Anfang.
Unfair.

Er grinste. Er musste echt grinsen.
Dylan schlug in diesem Moment auch die Augen auf. "Hey", raunte er mir zu, mit seiner tiefen Morgenstimme.
Jackpot. Oh mein Gott.
Ich kriegte Gänsehaut. How is he so fuckin hot?
„Du musstest grinsen", sagte ich lachend und setzte mich auf.

Er setzte sich ebenfalls hin. „Kannst du dich an gestern erinnern?", wechselte er dann geschickt das Thema.

Ich nickte. „Das meiste. Wir waren in einem Club. Wir haben getanzt, deswegen hab ich meine Schuhe ausgezogen.
Und ich hab Alkohol getrunken.
Dann hat meine Allergie angeschlagen und mir wurde schwindelig. Also bin ich nach draußen. Da war ich dann so auf Drogen, dass ich irgendjemanden gefragt habe, ob er mir mal kurz sein Handy geben kann.
Dann hab ich die Nummer angerufen, die du mir aufgeschrieben hast und dann dem Mann das Handy wiedergegeben. Ich hab gewartet, und ein anderer Mann ist gekommen und er...hat mich angemacht", ich geriet ins Stocken, „dann w-warst du da und ich musste mich übergeben. Du hast mir meinen EpiPen direkt in meinen Oberschenkel gestochen. Das war übrigens die falsche Stelle...
Danach weiß ich nichts mehr", zählte ich auf.

Dylan hörte mir aufmerksam zu, er kannte die Hälfte der Geschichte ja nicht.
„Weißt du auch nicht mehr, was du zu mir gesagt hast, bevor du eingeschlafen bist?", fragte er.

Automatisch schüttelte ich den Kopf. Ich wusste es ganz genau, aber ich wollte nicht darüber reden. Das würde bedeuten, dass ich ihn in die Sache mit reinziehen würde und ich wusste nicht mal mehr, warum ich das gestern gesagt hatte. Ich hatte es niemandem sonst erzählt. Nicht mal meinem besten Freund.

Dylan nickte nur.

Jetzt wurde mir überhaupt erst unsere Situation bewusst. Dylan und ich. Ich und Dylan. In meinem Bett. Ich saß immer noch halb auf ihm?!
Wir hatten entschieden, dass wir Freunde bleiben. Was machten wir jetzt hier?

Ich wurschtelte mich aus meiner Decke und ging erstmal auf Abstand. Dabei suchte ich nach meinem Handy, was ich irgendwo in meinem Schrank versteckt hatte. Ich fand es.

7 verpasste Anrufe von meinem Manager, unzählig viele neue Likes zu meinem letzten Post, der über einen Monat alt war und noch eine Benachrichtigung, dass ich Abonnenten plus gewonnen hatte. Über 1.000.

Eine Nachricht von Thomas, der fragte, ob alles okay war, von heute 02:38, obwohl er genau wusste, dass ich es nicht dabeihatte.

Und schließlich noch eine Message von Brooke?
Die Tochter aus dem Burgerladen bei uns in der Umgebung.
Wir hatten irgendwann mal Nummern ausgetauscht und ansonsten noch nie geschrieben. Aber jetzt hatte sie einen Link geschickt und schrieb dazu, dass ich mir das unbedingt mal ansehen müsste.

Ein sehr ungutes Gefühl breitete sich in mir aus.
„Was?", fragte Dylan hinter mir.
„Hast du dein Handy gecheckt?", antwortete ich langsam.
„Ist im Gruppenchat irgendwas drinnen? Da bin ich rausgeworfen worden", lachte Dylan.

Ich musste auch grinsen. „Ne, Brooke hat mir was geschickt." Stirnrunzelnd öffnete ich ihre Nachricht.

Scheiße.

Ein Video. Von mir im Club.
Ich drückte auf Play.

Ich tanzte. Erst zu 'Pon De Replay' von Rihanna und danach zu 'Single Ladies' von Beyoncé. Die Choreografie von meinem letzten Auftritt von vor ein paar Jahren mit der Tanzgruppe meiner Mom.
Ich hatte sie als Ersatz gecoacht, als meine Mom in Japan war und ein Team für einen Wettkampf vorbereitet hatte.
Daher hatte ich übernommen und ein bisschen HipHop mit reingebracht.
Obwohl meine Mutter eigentlich Balletlehrerin war, hatte ich diese zwei Lieder ausgesucht, keine Klassischen. Wir hatten damals sogar gewonnen, die Jury fand es sehr originell.
Trotzdem hatte ich damals deswegen ziemlich Anschiss bekommen.

Ich wusste gar nicht, dass ich das noch konnte. Und vor allem konnte ich mich nicht daran erinnern, es gestern getanzt zu haben.

Uhh, das in diesem Kleid war vielleicht keine gute Idee gewesen. Unter das hatte nämlich kein BH gepasst, wegen dem freien Rücken hätte man ihn gesehen, und man sah etwas mehr Ausschnitt als gewollt. Nur nicht alles. Zum Glück.

Dylans schaute mir über die Schulter. „Was ist das?"

„Ein Desaster."

Das Video, und noch andere Mittschnitte meines peinlichen Auftritts verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im Internet. Inzwischen hatte es bestimmt jeder gesehen. Bald auch Dylan.
Peinlich.

Mein Handy brummte. Noch mehr Anrufe von meinem Manager. Ich beantwortete sie nicht.

*

Thomas und die anderen konnten sich kaum an den letzten Abend erinnern. Sie waren noch viel länger geblieben und hatten noch viel mehr getrunken. Aber das war gut für mich, so hatten sie sich kaum Sorgen gemacht und es wurde für mich nicht unangenehm.
Allerdings war das Video jetzt ungünstig.

*

Blake hatte Anakin über Nacht in seinem Bett schlafen lassen, auf dem Weg zur Toilette vorhin hatte ich in sein Zimmer geschaut. Er lag, mit Anakin auf seiner Bettdecke, friedlich schlafend in seinem Bett.
Der gestrige Abend und die Aktion war wohl über seiner Schlafenszeit gewesen.

Dylan hatte mir Frühstück ans Bett gebracht, und mich ordentlich zugedeckt. Ich war nicht krank. Ich sollte nur im Bett liegen bleiben.
Das stand bei Google.
Aber es war trotzdem süß. Obwohl er mir jetzt doppelt ein schlechtes Gewissen machte. Er hatte mir schließlich noch vor ein paar Stunden das Leben gerettet.
Nur wollten wir Freunde bleiben. Es war besser so.

Als Dylan weg war, kam ein paar Minuten später Thomas herein und legte sich auch zu mir ins Bett.
„ Na?"

„Na."

„Ich wollte mich entschuldigen", er seufzte. „Ich bin dein großer Bruder. Ich hätte besser aufpassen müssen, zwar hab ich kaum noch Ahnung was gestern passiert ist, aber es war meine Aufgabe bei dir zu sein."

Ich starrte ihn an. „Thomas ich bin erwachsen. Ich hab einen Führerschein, ich studiere, ich könnte jederzeit ausziehen, wenn ich nicht unsere Eltern und vor allem unsere Mom unterstützen würde, ich bin selbstständig."

„Livi du...du bist nicht befugt Alkohol zu trinken und es ist sehr wohl meine Pflicht auf dich aufzupassen, du hast eine schwierige Zeit hinter dir, ich weiß noch nicht mal, ob es jetzt besser ist und ich war nicht für dich da.
Ich wohne in London.
Du hast deinen besten Freund verloren. Du hast einen Vertrag unterschrieben, der dich für 5 Jahre an ein Label und deinen Manager bindet, ohne dass du auch nur irgendeine Ahnung hast, ob das wirklich das ist, was du willst.
Du hast mit vielem zu kämpfen und es ist verdammt noch mal wichtig für mich, dass es dir gut geht. Okay?"
Er nahm meinen Kopf in die Hände, wie so oft.

Thomas war richtig in Fahrt gekommen und immer lauter geworden. Ich schluckte. Er hatte ja recht. Auch wenn er mir die Tatsachen, ohne zu zögern ins Gesicht geschleudert hatte, wie einen Faustschlag.
Nur diesmal konnte ich nicht weinen.

„Ich hab dich hierher mitgenommen, damit du Spaß hast. Damit du dich erholst von all dem Stress. Und damit ich mal was von dir mitbekomme. Du wirst schnell älter Livi. Du hast dich jedes Mal verändert, wenn ich da bin."

Ja, ja, ja er hatte Recht.
„Wir können ja unsere Star Wars Tradition weiterführen", schlug ich ziemlich lahm vor.

Aber Thomas schien das als ein Anfang zu sehen.
Er nickte. „Find ich gut."

„Und wenn du mal länger bleiben würdest, könnten wir mit Mom wieder Musik machen", schob ich hinterher.

In diesem Moment klopfte es heftig an der Tür.

how we met (dylan o'brien ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt