Kapitel 31

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Olivia: So 15. Juni

Thomas und ich guckten uns fragend an.
Schließlich kletterte ich aus dem Bett und öffnete.

„Du?" entfuhr es mir. Schnell zog ich die Zimmertür hinter mir zu.

„Ja ich", antwortete Rey. Mein Manager.

„Was machst du hier?", fragte ich entsetzt.

„Du gehst nicht an dein verdammtes Telefon. Also habe ich ein gutes Recht dazu", schrie Rey mir mit hochrotem Kopf ins Gesicht.

„Nein hast du nicht! Ich habe dir gesagt, dass ich diesen Sommer eine Pause brauche", erklärte ich ihm und wurde selbst immer lauter.

Was fiel ihm ein, einfach hier aufzutauchen?

Thomas kam hinter mir aus der Tür.
„Gibts ein Problem?"

„Nein", sagte ich, während Rey mit „Ja" antwortete.
„Sag deiner Schwester gefälligst, sie soll zur Vernunft kommen."
Thomas runzelte die Stirn. „Meine Schwester-"

„Alles gut Thomas, Rey wollte gerade wieder gehen", unterbrach ich ihn.

„Nein, ich werde ganz sicher nicht gehen", sagte dieser.

„Kann ich mir wenigstens was Richtiges anziehen, bevor wir reden?", fragte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust, da ich nur in kurzer Schlafhose und Top vor ihm stand, weil ich vorhin dann doch das Kleid ausgezogen hatte.

So fühlte ich mich unglaublich unwohl. Rey war Mitte 40, ein ekliger, schmieriger Kerl mit gegeelten Haaren, immer in Anzug, mit brauner Aktentasche bei sich, und garantiert pfiff er jugendlichen Mädchen hinterher, wenn er auch nur ein paar Bier intus hatte.
Aber leider war ich nun mal für drei weitere Jahre an ihn gebunden, da ich diesen dämlichen Vertrag unterschrieben hatte.

„Nein kannst du nicht", sagte Rey und spuckte fast, so aufgebracht war er.

Ich fühlte mich ein bisschen wie eine Teenagertochter, die von ihrem Vater gehörig Ärger bekam, weil sie unerlaubt Alkohol getrunken und zu spät nachhause gekommen war.
Im Grunde war das ja auch so, nur dass ich eben -zum Glück- nicht seine Tochter war und das so eine Vorschrift nicht in diesem schrecklichen Vertrag stand.

Ich seufzte und zeigte den Flur entlang auf eine ruhigere Ecke um die anderen nicht zu stören, da sie wahrscheinlich alle noch schliefen.

Thomas blieb mit verschränkten Armen an der Wand stehen und beobachtete uns.
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass auch Dylan dazukam und Thomas fragend ansah.

„Olivia sieh mich an", befahl Rey in diesem Moment, „ du erklärst mir jetzt was das hier soll."

„Ich verbringe Zeit mit meinem Bruder. Das habe ich dir gesagt. Wo, ist ja wohl nicht deine Sache."

„Und ob. Solange du irgendwo Urlaub machst, musst du auch was auf Social Media posten. Du verlierst Follower."

„Erstens gewinne ich Follower und-", fing ich an, aber Rey unterbrach mich:„ Ja, durch die Aktion gestern, aber das kommt gar nicht gut an."

„Doch, ich mache Follower plus, so wie du willst. Lass mich doch Spaß haben. Lass mich doch mein Leben leben", erklärte ich ihm trotzig.

„Aber alle sehen dieses Video. Es ist zu spät es runterzunehmen. Und das zieht deinen Erfolg runter. Du wolltest doch immer berühmt werden."

„Zweitens", redete ich weiter, „ ist das hier kein Urlaub, sondern Erholung der Ereignisse des letzten Monats und außerdem studiere ich, Rey. Ich arbeite hier an meinen unzählig vielen Aufgaben und hab im Moment einfach keine Zeit für meine Projekte, neue Lieder schreiben und so. Neue Texte, Melodien fallen einem nicht unter Druck ein, sondern ganz spontan. Ich brauch Zeit für all das."

„Und genau das ist der Punkt. Du kriegst keine Zeit. Ich wollte gar nicht, dass du studierst. Warum tust du es? Du musst dich voll und ganz auf deine Karriere konzentrieren. Jetzt, wo Chris tot ist, wirst du berühmter. Du hast schon in wenigen Monaten ausgesorgt, deine Songs gehen nach dem Unfall durch die Decke. Endlich hast du es bald geschafft. Das wolltest du doch!"

„Das Chris stirbt? Nein das wollte ich nicht. Das war nicht meine Absicht. Und ich studiere gerne.
Ich liebe die Musik, aber vielleicht möchte ich später was anderes machen. Weg aus der Öffentlichkeit, könnte sein, dass das gar nicht meine Lebensaufgabe ist. Vielleicht bin ich gar nicht geschaffen dafür. Oder einfach noch zu jung."

Ich sah wie Dylan sich anspannte da Rey mir immer näher gekommen war. Und auch Thomas' Stirn wurde immer gerunzelter.

„Da hast du ja mit den Videos genau das Richtige bewirkt. Du stehst in der Öffentlichkeit mehr denn je. Sieh es doch endlich ein. Du bist blond, du hast hübsche grüne Augen, du hast schöne Lippen und generell einen tollen Körper. Du bist für die Öffentlichkeit geschaffen. Und wir, vor allem ich, weil ich dein Manager bin, sorgen dafür, dass du es auch tust. Ende der Diskussion."

Was? Was redete er da? Das erste worauf er achtete war mein Aussehen?  Nicht auf mein mögliches Talent beim Singen und beim Spielen meiner Instrumente? Nicht auf meine Stimme? Und er wollte mir gerade erklären, dass er Kontrolle über mein Leben erlangte?
Ich machte einen Schritt zurück.
Die Welt um mich herum drehte sich langsamer. In meinen Ohren rauschte es. Die Wut, die sich gerade noch aufgebaut hatte, verschwand mit einem Wimpernschlag.
Das Adrenalin, was eben noch durch meinen Körper jagte, hörte auf einmal auf.

Er hatte respektlos über Chris geredet.
Was fiel ihm nur ein?
Langsam drehte ich mich von ihm weg und blinzelte.
Einmal, zweimal und ein drittes Mal.

Ich nahm vage wahr, dass Thomas kam, und Rey in Richtung Treppe führte. Weg von mir.
Und Dylan nahm mich langsam in den Arm und strich mir über den Rücken.
Ich stand einfach nur da. Mit hängenden Armen und einer einzelnen Träne, die mir die Wange runterkullerte.

how we met (dylan o'brien ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt