L U N A
„Sagt bloß kein Wort zu eurer Mutter, dass ihr euer ganzes Geld verwettet habt.", schärfte Arthur Fred und George ein, während wir langsam die mit purpurrot bespannte Treppe hinabstiegen.
„Mach dir keine Sorgen, Dad", sagte Fred mit hinterlistigen Grinsen, „wir haben mit dem Geld was Großes vor und wollen nicht, dass es beschlagnahmt wird."
Arthur schien einen Augenblick lang nach diesen großen Plänen fragen zu wollen, nach kurzer Überlegung jedoch zu beschließen, es lieber nicht so genau wissen zu wollen.
Bald schwammen wir mit in den Scharen von Hexen und Zauberern, die aus dem Stadion hinausquollen, zurück zu den Zeltplätzen.
Wir gingen den laternenbeschienenen Weg entlang, den wir gekommen waren; mit der nächtlichen Brise waberten heisere Gesänge an unsere Ohren, und immer wieder schwirrten irische Kobolde giggelnd und Laternen schwingend über unsere Köpfe hinweg.
Als wir endlich zu unseren Zelten gelangten, hatte niemand Lust schlafen zu gehen, und da um uns herum ohnehin noch lautes Treiben herrschte, erlaubte uns Arthur vor dem Schlafengehen noch eine letzte Tasse Kakao.
Es dauerte nicht lange, und wir stritten uns ausgelassen über das Spiel; Arthur und Charlie gerieten sich wegen der Rempelei in die Haare, und erst als Ginny an dem kleinen Tisch plötzlich wegnickte und die heiße Schokolade über den Boden schüttete, gebot Arthur den wortgewaltigen Spieldiskussionen Einhalt und schickte alle zu Bett.
Mine, Ginny und ich gingen ins Zelt nebenan.
Müde zog ich mir meine kurze Schlafhose und ein T-Shirt an und legte mich dann ins Bett.
Ich wusste nicht, wie viele Stunden Schlaf ich hatte, als mich laute Schreie und hastiges Fußgetrappel weckten.
„Ginny! Mine! Wacht auf!", rief ich und stand auf. „Irgendwas stimmt hier nicht."
Die beiden fuhren hoch und standen ebenfalls auf.
Schnell warfen wir drei uns eine Jacke über und liefen hinaus.
Im Licht der noch brennenden Feuer sah ich Leute in den Wald rennen, offenbar auf der Flucht vor etwas, das über das Feld auf uns zukam, etwas, das merkwürdige Lichtblitze schleuderte und lärmte wie Gewehrfeuer.
Lautes Gejohle, dröhnendes Lachen und die Schreie von Betrunkenen wehten zu uns her; dann flammte jäh ein starkes grünes Licht auf und erhellte das Geschehen.
Eine Gruppe von Zauberern, dicht aneinander gedrängt und mit zum Himmel gereckten Zauberstäben, marschierte im Gleichschritt langsam über das Feld.
Ich spähte zu ihnen hinüber... sie schienen keine Gesichter zu haben... dann erkannte ich, dass sie Kapuzen über die Köpfe gezogen und ihre Gesichter maskiert hatten.
Hoch über uns, mitten in der Luft schwebend, sah ich vier verzweifelt strampelnde, grotesk verzerrte Gestalten.
Andere Zauberer schlossen sich der marschierenden Gruppe an, johlend und mit den Zauberstäben nach oben zu den schwebenden Körpern deutend.
Die Menge schwoll an, Zelte auf dem Weg wurden umgerissen und niedergetrampelt.
Hin und wieder beobachtete ich, wie einer der Marschierer mit dem Zauberstab ein Zelt aus dem Weg blies.
Einige fingen Feuer.
Das Schreien wurde lauter.
Flammen, die aus einem Zelt schlugen, beleuchteten plötzlich die in der Höhe schwebenden Menschen, und ich erkannte einen von ihnen - es war Mr. Roberts, der Aufseher des Zeltlagers.
Die anderen drei sahen aus, als könnten sie seine Frau und seine Kinder sein.
Einer der Vermummten ließ Mrs. Roberts kopfüber kippen; ihr Nachthemd rutschte herunter und enthüllte ihre bauschigen Schlüpfer; unter dem höhnischen Kreischen und Johlen der Menge am Boden versuchte sie verzweifelt, ihre Blöße zu bedecken.
„Das ist wirklich...", murmelte ich fassungslos und Ginny und Mine nickten einfach nur. „...widerlich."
Arthur kam auf uns zu und führte uns zu den Jungs.
In diesem Moment kamen Bill, Charlie und Percy aus dem Jungenzelt, angezogen, mit hochgerollten Ärmeln und gezückten Zauberstäben.
„Wir helfen den Ministeriumsleuten!", rief Arthur durch den Lärm und rollte nun ebenfalls die Ärmel hoch. „Und ihr - verschwindet in den Wald und bleibt zusammen."
Schon liefen Bill, Charlie und Percy den näher kommenden Marschierern entgegen; Arthur eilte ihnen nach.
Aus allen Himmelsrichtungen rannten die Zauberer des Ministeriums auf die Quelle des Aufruhrs zu.
Immer näher kam der Haufen, über dem die Familie Roberts in der Luft schwebte.
„Schnell.", sagte Fred, packte Ginny am Arm und zog sie zum Wald.
Harry, Ron, Mine, George und ich folgten ihnen.
Als wir unter den Bäumen angelangt waren, blickten wir zurück.
Die Schar unter der Familie Roberts war weiter angeschwollen; wir konnten erkennen, wie die Ministeriumszauberer zu den Vermummten vorzudringen versuchten, doch offenbar hatten sie größte Schwierigkeiten.
Es schien, als fürchten sie, ein Zauberspruch aus der Menge würde die Roberts-Familie zu Boden stürzen lassen.
Die bunten Laternen am Weg zum Stadion waren erloschen.
Dunkle Gestalten trieben sich zwischen den Bäumen herum; Kinder weinten; angsterfüllte Rufe und panische Schreie waberten durch die kalte Nachtluft.
Ich merkte, wie mich jemand anrempelte und ich langsam Richtung Boden fiel.
Ich kniff die Augen zu und wartete auf den Aufprall, doch es kam keiner, denn stattdessen schlangen sich zwei Arme um meine Taille und zogen mich an eine harte Brust.
Ich hörte Ron aufschreien, doch mein Blick traf zwei wunderschöne hellgraue Augen.
„Bin über eine Baumwurzel gestolpert.", hörte ich Ron's Stimme und wurde somit zurück in die Realität gerissen.
„Mit solchen Riesenfüßen ist das auch kein Wunder.", sagte mein Gegenüber und ließ mich langsam los.
Harry, Ron und Mine wirbelten herum.
Ron schleuderte Draco etwas entgegen, das er, wie ich wusste, vor Molly nie zu sagen gewagt hätte.
„Zügle dein Mundwerk, Weasley.", sagte Draco mit einem Glitzern in den Augen. „Solltet ihr jetzt nicht besser verschwinden? Ihr wollt doch nicht, dass man die hier sieht, oder?"
Er nickte zu Mine hinüber, und in diesem Moment hörten wir vom Zeltplatz her einen Knall wie von einer Bombe, und für einen Augenblick erhellte ein grüner Lichtblitz die Bäume um uns her.
„Was soll das denn heißen?", sagte Mine herausfordernd.
„Die sind hinter Muggel her, Granger.", sagte Draco. „Willst du vielleicht mitten in der Luft dein Höschen vorzeigen... sie kommen in diese Richtung, und das wär doch für uns alle ein Riesenspaß."
„Hermine ist eine Hexe.", knurrte Harry.
Ich seufzte auf und fuhr mir übers Gesicht.
Diese dämlichen Streitereien gehen mir langsam auf die Nerven.
„Wie du meinst, Potter.", sage Draco heimtückisch grinsend. „Wenn du glaubst, die könnten eine -"
Ich holte aus und schlug Draco auf die Brust und sofort verstummte er.
Von jenseits der Bäume hörten wir einen Knall, der lauter war als alles Bisherige.
Einige im Umkreis schrien auf.
Draco kicherte leise.
„Ihr kriegt es leicht mit der Angst zu tun, oder? Bestimmt hat Daddy gesagt, ihr sollt euch alle verstecken? Was hat er vor - will er die Muggel retten?"
„Wo sind deine Eltern?", sagte Harry zornig. „Dort drüben, nicht wahr, und zwar maskiert?"
„Harry!", entfuhr es mir.
„Schon gut, Luna.", murmelte Draco und wandte sich immer noch lächelnd Harry zu. „Nun, selbst wenn es so wäre, Potter, würde ich es doch nicht ausgerechnet dir erzählen?"
„Ach, lasst ihn", sagte Mine mit einem ekelerfüllten Blick auf Draco, „gehen wir lieber die anderen suchen."
„Und versteck besser deinen großen buschigen Kopf, Granger.", höhnte Draco.
Ich gab Mine ein Zeichen schon mal vorzugehen und wandte mich dann an Draco.
„Danke fürs Auffangen.", lächelte ich.
„Immer wieder gerne.", zwinkerte er. „Und süßer Schlafanzug."
Ich lief rot an und hoffte, er sah es in der Dunkelheit nicht.
Dann winkte ich ihm und lief schnell meinen Freunden hinterher.
Auf dem Weg herrschte ein großes Gedränge.
Menschen warfen nervöse Blicke zum Treiben auf dem Zeltplatz, doch von Fred, George und Ginny war weit und breit keine Spur.
Ein Stück weiter trafen wir auf einen Schwarm Teenager, die sich lautstark und aufgeregt über etwas stritten.
Als sie Harry, Ron, Mine und mich sahen, wandte sich ein Mädchen mit dichtem Lockenhaar um und sagte schnell: „Où est Madame Maxime? Nous l'avons perdue -"
„Ähm - was?", sagte Ron.
„Oh...", das Mädchen, das gesprochen hatte, kehrte ihm den Rücken zu, und als sie weitergingen, hörten wir deutlich, wie sie „Ogwarts." sagte.
„Beauxbatons.", murmelte Mine.
„Wie bitte?", sagte Harry.
„Das müssen Beauxbatons sein.", erklärte ich. „Ihr wisst doch... Beauxbatons, Akademie für Zauberei... Ich hab davon in einem Buch gelesen."
„Oh... ja... natürlich.", sagte Harry.
„Fred und George können nicht so weit gekommen sein.", sagte Ron, zückte den Zauberstab und ließ den Lichtstrahl neben dem Mine's den Pfad entlangwandern.
Ich selber holte meinen hervor und sprach den Lichtzauber.
„Aah, nein, so ein Mist... ich hab meinen Zauberstab verloren!"
„Machst du Witze?"
Ron, Mine und ich hoben unsere Zauberstäbe, um das spärliche Licht besser auf dem Boden zu verteilen; Harry suchte überall, wo er gestanden hatte, doch sein Zauberstab war nirgends zu sehen.
„Vielleicht hast du ihn im Zelt gelassen.", sagte Ron.
„Vielleicht ist er dir aus der Tasche gefallen, als wir gerannt sind?", überlegte Mine beklommen.
„Jaah", sagte Harry, „vielleicht..."
Ein Geraschel ließ uns alle zusammenzucken.
Ein Hauselfe strampelte mühsam aus einem dichten Buschgeflecht am Wegrand hervor.
Sie bewegte sich äußerst merkwürdig, offenbar fiel es ihr sehr schwer zu gehen; es war, als ob etwas Unsichtbares sie festhalten würde.
„Böse Zauberer sind überall!", piepste sie verwirrt, während sie sich nach vorn beugte und mit aller Kraft zu laufen versuchte. „Leute oben - hoch oben in der Luft! Winky macht sich besser aus dem Staub!"
Und sie verschwand zwischen den Bäumen auf der anderen Seite des Weges, keuchend und piepsend gegen die Kraft ankämpfend, die sie zurückhielt.
„Was ist denn mit der los?", sagte Ron und sah Winky neugierig nach. „Warum kann sie nicht richtig laufen?"
„Wahrscheinlich hat sie nicht gefragt, ob sie sich verstecken darf.", sagte Harry.
„Ihr wisst ja, mit den Hauselfen springen sie ganz übel um!", sagte Mine entrüstet. „Das ist Sklaverei, nichts anderes! Dieser Mr. Crouch hat sie gezwungen, auf die höchste Tribüne zu steigen, wo sie doch furchtbare Angst hatte, und er hat sie verhext, so dass sie nicht einmal wegrennen kann, wenn sie anfangen die Zelte niederzutrampeln! Warum unternimmt eigentlich niemand was dagegen?"
„Was willst du, die Elfen sind doch glücklich, oder etwa nicht?", sagte Ron. „Du hast doch vorhin beim Spiel die gute alte Winky gehört... »Hauselfen sollen keinen Spaß haben«... herumkommandiert werden ist doch genau das, was sie mag..."
„Es sind solche Leute wie du, Ron", platzte Mine aufgebracht los, „die morsche und ungerechte Ordnungen auch noch stützen, nur weil ihr zu lasch seid, um..."
Wieder knallte es laut vom Waldrand her.
„Lasst uns lieber weitergehen!", sagte Ron und ich bemerkte, wie er Mine einen nervösen Blick zuwarf.
Immer tiefer in den Wald hinein folgten wir dem dunklen Weg, ständig auf der Ausschau nach Fred, George und Ginny.
Wir kamen an einer Gruppe Leprechans vorbei, die kichernd einen Sack Gold begutachteten, den sie zweifellos bei einer Wette gewonnen hatten, und die von dem Aufruhr auf dem Zeltplatz völlig unberührt schienen.
Noch ein Stück weiter sahen wir einen Fleck silbrigen Lichts, und als wir durch die Bäume spähten, sahen wir drei große, schöne Veela auf einer Lichtung stehen, umringt von einer laut schnatternden Schar Zauberer.
„Ich mache ungefähr hundert Sack Galleonen im Jahr.", rief einer von ihnen. „Ich bin ein Drachentöter beim Kommando für die Beseitigung Gefährlicher Geschöpfe."
„Nein, red keinen Stuss", rief sein Freund, „du bist Tellerwäscher im Tropfenden Kessel... aber ich bin ein Vampirjäger, ich hab schon an die neunzig Stück erlegt -"
Ein dritter junger Zauberer, dessen Pickel selbst in dem schwachen, silbrigen Licht der Veela zu erkennen waren, meldete sich nun zu Wort: „Ich werde demnächst zum jüngsten Zaubereiminister aller Zeiten ernannt, wisst ihr."
Ich schnaubte vor Lachen, ebenso wie Harry.
Ich erkannte den pickligen Zauberer; sein Name war Stan Shunpike, und er war in Wirklichkeit Schaffner im Fahrenden Ritter, einem dreistöckigen Bus.
„Wisst ihr schon, dass ich einen Besen erfunden habe, mit dem man zum Jupiter fliegen kann?", hörte ich plötzlich Ron sagen.
„Also wirklich!", sagte Mine und wir packten Ron fest an den Armen, zerrten ihn herum und zog mit ihm davon.
Allmählich erstarb das Geschnatter der Veela-Verehrer und nun waren wir im Herzen des Waldes.
Um uns her war es fast still, wir waren nun offenbar ganz allein.
Ich blickte mich um.
„Wir sollten hier bleiben.", murmelte ich. „Wenn jemand kommen sollte, hören wir ihn schon, auch wenn er meilenweit entfernt ist."
Kaum hatte ich den Mund zugemacht, als hinter einem Baum direkt vor unserer Nase Ludo Bagman auftauchte.
Selbst in dem schwachen Licht der drei Zauberstäbe konnte ich erkennen, dass Ludo's Erscheinung sich deutlich gewandelt hatte.
Er wirkte nun nicht mehr schwungvoll und rosig und auch sein Schritt federte nicht mehr.
Er sah käseweiß und angespannt aus.
„Wer da?", sagte er und versuchte blinzelnd unsere Gesichter zu erkennen. „Was treibt ihr hier ganz alleine mitten im Wald?"
Wir sahen uns überrascht an.
„Nun - es gibt eine Art Aufruhr.", sagte Ron.
Bagman starrte ihn an.
„Was?"
„Auf dem Zeltplatz... einige Leute haben sich eine Muggelfamilie geschnappt..."
Bagman fluchte laut.
„Verdammtes Pack!", sagte er, offenbar recht beunruhigt.
Und ohne ein weiteres Wort zu sagen disapparierte er mit einem leisen Plopp.
„Nicht gerade auf dem Laufenden, Mr. Bagman, oder?", sagte Mine stirnrunzelnd.
„Immerhin war er mal ein großer Treiber.", sagte Ron und führte uns den Pfad entlang zu einer kleinen Lichtung, wo er sich auf einem Fleck trockenen Grases unter einen Baum setzte. „Die Wimbourner Wespen haben dreimal in Folge die Meisterschaft gewonnen, als er bei ihnen gespielt hat."
Er holte die kleine Nachbildung von Krum aus der Tasche, setzte sie auf die Erde und sah ihr eine Weile beim Herumgehen zu.
Wie der echte Krum watschelte das Modell ein wenig und ließ die Schultern hängen, und auf seinen gespreizten Füßen war es bei weitem nicht so beeindruckend wie auf dem Besen.
Ich lauschte auf Geräusche, die vom Zeltplatz herüberwehten.
Es schien alles ruhig, vielleicht war der Aufruhr vorüber.
„Ich hoffe, den anderen geht es gut.", sagte Mine nach einer Weile.
„Wird schon.", sagte Ron.
„Stell dir vor, dein Dad nimmt Lucius Malfoy fest.", sagte Harry, ließ sich neben Ron nieder und beobachtete, wie die kleine Krum-Figur über die heruntergefallenen Blätter schlurfte. „Er hat ja immer gesagt, er würde ihm gerne etwas nachweisen können."
„Dann würde dem ollen Draco das blöde Grinsen vergehen.", sagte Ron, worüber ich die Augen verdrehte.
„Mir tun diese armen Muggel leid.", sagte Mine nervös. „Was ist, wenn sie es nicht schaffen, sie sicher herunterzuholen?"
„Das werden sie schon", sagte Ron beruhigend, „irgendwie schaffen sie es."
„Verrückt ist es schon, so etwas zu tun, wenn das ganze Zaubereiministerium hier draußen auf den Beinen ist!", sagte Mine. „Meinen die vielleicht, sie kommen einfach so davon? Glaubt ihr, sie haben sich betrunken, oder sind sie nur -"
Doch jäh brach sie ab und blickte über die Schulter.
Auch Harry, Ron und ich wandten uns um.
Es klang, als ob jemand auf unsere Lichtung zustolperte.
Gebannt lauschten wir auf die unregelmäßigen Schritte hinter den Bäumen.
Doch die Schritte hielten plötzlich inne.
„Hallo?", rief Harry.
Stille.
Harry stand auf und spähte durch die Bäume, was wir ihm gleichtaten.
Es war zu dunkel, um weit sehen zu können, doch ich spürte deutlich, dass dort in der Dunkelheit jemand stand.
„Wer ist da?", rief Harry.
Und dann, ohne Vorwarnung, zerriss eine Stimme die Stille, wie ich sie hier im Wald noch nicht gehört hatte; doch es war kein panischer Schrei, sondern etwas, das wie ein Zauberspruch klang.
„Morsmordre!"
Und etwas riesiges, grün und glitzernd, brach aus den Schatten hervor, die meine Augen hatten durchdringen wollen; es stieg über die Baumspitzen hinaus und hoch an den Himmel.
„Was zum -?", keuchte Ron, sprang auf die Beine und starrte auf das Etwas, das dort oben erschienen war.
Dort im Himmel erschien ein riesiger Totenkopf, der, wie es schien, aus smaragdgrünen Sternen bestand.
Und aus der Mundhöhle des Schädels quoll, wie eine Zunge, eine Schlange hervor.
Wir sahen zu, wie der Schädel immer höher stieg, in grünlichen Dunst getaucht, doch strahlend hell, auf den schwarzen Himmel geprägt wie ein neues Gestirn.
Plötzlich war der Wald um uns her ein Meer von Schreien.
Ich suchte in der Dunkelheit nach dem Beschwörer des Schädels, doch ich sah niemanden.
„Wer ist da?", rief Harry noch einmal.
„Harry, komm, wir hauen ab!"
Mine hatte ihn hinten an der Jacke gepackt und zerrte ihn rücklings fort.
„Was ist los?", fragte Harry und sah bestürzt in ihr weißes, verängstigtes Gesicht.
„Es ist das Dunkle Mal, Harry!", keuchte Mine und zerrte ihn mit aller Kraft fort, gefolgt von uns. „Das Zeichen von Du-weißt-schon-wem!"
„Voldemorts -?"
„Harry, komm schon!"
Harry wandte sich jetzt um - Ron packte hastig seinen kleinen Krum ein - und wir vier machten uns auf den Weg über die Lichtung - doch nach nur wenigen hastigen Schritten verriet uns ein leises Plopp nach dem anderen, dass zwanzig Zauberer aus dem Nichts aufgetaucht waren und uns umzingelten.
Ich wirbelte herum, und im Bruchteil einer Sekunde erkannte ich eines: Jeder dieser Zauberer hatte seinen Zauberstab gezückt, und die Zauberstäbe waren auf Harry, Ron, Mine und mich gerichtet.
„Deckung!", schrie Harry.
Wir schmissen uns auf den Boden, gerade noch rechtzeitig.
„Stupor!", donnerten zwanzig Stimmen - es gab ein blendendes Blitzgeprassel.
Ich hob den Kopf nur wenige Zentimeter und sah rote Feuerstöße aus den Stäben der Zauberer über uns hinwegflammen, sich kreuzen, von Baumstämmen abprallen und sich in der Dunkelheit verlieren -
„Aufhören!", schrie eine Stimme, die ich kannte. „Stopp! Das ist mein Sohn!"
Ich hob meinen Kopf ein wenig höher.
Der Zauberer vor uns hatte seinen Stab gesenkt.
Ich setzte mich auf und sah Arthur mit entsetztem Gesicht auf uns zugehen.
„Ron - Harry -", seine Stimme zitterte, „- Hermine - Luna - seid ihr verletzt?"
„Aus dem Weg, Arthur.", herrschte ihn eine kalte Stimme an.
Es war Mr. Crouch.
Er und die anderen Ministeriumszauberer zogen den Kreis um uns enger.
Wir standen auf, um uns ihn entgegenzustellen.
Mr. Crouch's Gesicht war wutverzerrt.
„Wer von Ihnen hat es getan?", bellte er, und seine scharfen Augen blitzten zwischen uns hin und her. „Wer von Ihnen hat das Dunkle Mal heraufbeschworen?"
„Das waren wir nicht!", sagte Harry und deutete mit der Hand hoch zum Schädel.
„Wir haben überhaupt nichts getan!", sagte Ron, rieb sich den Ellbogen und sah entrüstet seinen Vater an. „Warum habt ihr uns angegriffen?"
„Lügen Sie nicht, Sir!", rief Mr. Crouch.
Sein Zauberstab war immer noch direkt auf Ron gerichtet und seine Augen quollen hervor - so wirkte er leicht übergeschnappt. „Sie sind am Tatort entdeckt worden!"
„Barty", flüsterte eine Hexe in einem langen wollenen Morgenrock, „das sind doch noch Kinder, Barty, die wären doch nie in der Lage -"
„Wo kam denn das Mal her, ihr vier?", warf Arthur rasch ein.
„Von da drüben", sagte Mine zitternd und deutete auf die dunkle Stelle, wo die Stimme hergekommen war, „da war jemand hinter den Bäumen... er hat laut gesprochen - eine Beschwörung -"
„Oh, stand also da drüben, nicht wahr?", sagte Mr. Crouch und wandte seine hervorquellenden Augen Mine zu; dass er ihr nicht glaubte, stand ihm im Gesicht geschrieben. „Hast eine Beschwörung gesprochen, soso? Sie scheinen sehr gut zu wissen, wie das Mal aufgerufen wird, Fräulein -"
Doch keiner der Ministeriumszauberer außer Mr. Crouch schien es überhaupt für denkbar zu halten, dass Harry, Ron, Mine oder ich den Schädel heraufbeschworen hatte; im Gegenteil, bei Mine's Worten hoben sie alle wieder ihre Zauberstäbe, spähten durch die Nacht und richteten sie auf die besagte Stelle.
„Zu spät.", sagte die Hexe in dem wollenen Morgenrock kopfschüttelnd. „Die sind bestimmt schon disappariert."
„Da bin ich anderer Meinung.", sagte ein Zauberer mit stoppligem braunem Bart.
Es war Amos Diggory, Cedric's Vater.
„Unsere Schocker sind doch direkt durch diese Bäume geflogen... vielleicht haben wir sie sogar erwischt..."
„Sei vorsichtig, Amos!", warnten einige Umstehende, als Mr. Diggory die Schultern straffte, den Zauberstab ausstreckte und die Lichtung überquerte.
Die Hände an den Mund gepresst sah Mine ihm nach, wie er im Schatten verschwand.
Sekunden später hörten wir Mr. Diggory rufen.
„Ja! Wir haben sie! Hier ist jemand! Bewusstlos! Es ist - aber - du meine Güte..."
„Sie haben jemanden?", rief Mr. Crouch mit zweifelndem Unterton. „Wen? Wer ist es?"
Wir hörten Zweige knacken und Blätter rascheln und dann die knirschenden Schritte Mr. Diggory's, der wieder zwischen den Bäumen auftauchte.
Er trug eine kleine, schlaffe Gestalt in den Armen.
Es war Winky.
Mr. Crouch schien zu Eis gefroren, als ihm Mr. Diggory die Elfe vor die Füße legte.
Die anderen Ministeriumszauberer starrten allesamt Mr. Crouch an.
Ein paar Sekunden lang blieb er wie gebannt stehen, die lodernden Augen auf die am Boden liegende Winky gerichtet.
„Das - kann - nicht - sein.", stieß er abgehackt hervor. „Nein -"
Plötzlich ging er schnell um Mr. Diggory herum und marschierte auf die Stelle zu, wo dieser Winky gefunden hatte.
„Hat keinen Zweck, Mr. Crouch.", rief ihm Mr. Diggory nach. „Mehr sind nicht da."
Doch Mr. Crouch schien ihm nicht glauben zu wollen.
Wir konnten ihn blätterraschelnd zwischen den Büschen umhersuchen hören.
„Ziemlich peinlich.", sagte Mr. Diggory verbissen und sah hinunter auf die reglose Gestalt Winky's. „Barty Crouch's Hauselfe... schon ein starkes Stück..."
„Reg dich ab, Amos", sagte Arthur leise, „du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass es die Elfe war? Das Dunkle Mal ist das Zeichen eines Zauberers. Dazu ist ein Zauberstab nötig."
„Tja", sagte Mr. Diggory, „sie hatte einen Zauberstab."
„Wie bitte?", sagte Arthur.
„Hier, schau."
Mr. Diggory hob den Zauberstab und zeigte ihn Arthur.
„Hatte ihn in der Hand. Da hätten wir also schon mal einen Verstoß gegen Artikel drei des Gesetzes zum Gebrauch des Zauberstabs: Kein nichtmenschliches Wesen darf einen Zauberstab tragen oder gebrauchen."
In diesem Augenblick gab es ein erneutes Plopp und Ludo Bagman apparierte direkt neben Arthur.
Erschöpft und verwirrt drehte er sich im Kreis und spähte kichernd zu dem smaragdgrünen Schädel hoch.
„Das Dunkle Mal!", keuchte er und hätte um ein Haar Winky zertrampelt.
Mit fragender Miene wandte er sich an seine Kollegen.
„Wer war das? Habt ihr sie? Barty! Was geht hier vor?"
Mr. Crouch war mit leeren Händen zurückgekehrt.
Sein Gesicht war immer nich gespenstisch weiß und seine Hände und sein Oberlippenbärtchen zuckten.
„Wo warst du, Barty?", sagte Bagman. „Warum warst du nicht beim Spiel? Deine Elfe hat dir doch einen Platz besetzt - würgende Wasserspeier!"
Bagman's Blick war auf Winky zu Crouch's Füßen gefallen.
„Was ist denn mit der passiert?"
„Ich hatte vorhin zutun, Ludo.", antwortete ihm Mr. Crouch, der immer noch am ganzen Leib zuckte und die Lippen kaum bewegte. „Und meine Elfe wurde betäubt."
„Betäubt? Von euch hier, soll das heißen? Aber warum -?"
Plötzlich dämmerte es auf Bagman's rundem, glänzendem Gesicht; er blickte hoch zu dem Schädel, hinab auf Winky und fixierte dann Mr. Crouch.
„Nein!", sagte er. „Winky? Hat das Dunkle Mal heraufbeschworen? Die weiß doch nie und nimmer, wie das geht! Und erst einmal braucht sie einen Zauberstab!"
„Sie hatte einen.", sagte Mr. Diggory. „Als ich sie fand, hatte sie einen in der Hand, Ludo. Wenn Sie einverstanden sind, Mr. Crouch, sollten wir hören, was sie selbst dazu zu sagen hat."
Crouch ließ nicht erkennen, ob er Mr. Diggory überhaupt verstanden, doch Mr. Diggory schien sein Schweigen für Zustimmung zu halten.
Er hob seinen eigenen Zauberstab, richtete ihn auf Winky und sagte: „Enervate!"
Winky rege sich ein wenig.
Ihre großen braunen Augen öffneten sich und sie blinzelte ein paar Mal recht verwirrt.
Unser den stummen Blicken der Zauberer setzte sie sich zitternd auf den Hintern.
Dann bemerkte sie Mr. Diggory's Füße und sah langsam und bebend zu ihm auf; noch langsamer schließlich hob sie ihren Kopf zum Himmel.
Ich sah den Schädel zweifach in ihren Augen gespiegelt.
Sie keuchte, ließ den Blick verstört über die Lichtung voller Zauberer huschen und brach dann in angsterfülltes Schluchzen aus.
„Elfe!", sagte Mr. Diggory barsch. „Weißt du, wer ich bin? Ich bin ein Mitglied der Abteilung zur Führung und Aufsicht Magischer Geschöpfe!"
Winky, in kurzen Stößen atmend, begann nun mit dem Oberkörper hin und her zu wippen.
„Wie du siehst, Elfe, wurde hier vor kurzem das Dunkle Mal heraufbeschworen.", sagte Mr. Diggory. „Und du wurdest wenig später entdeckt, direkt darunter! Eine Erklärung, wenn ich bitten darf!"
„Ich - ich - ich hab nichts getan, Sir!", keuchte Winky. „Ich weiß doch nicht, wie, Sir!"
„Du wurdest mit einem Zauberstab in der Hand gefunden!", blaffte sie Mr. Diggory an und fuchtelte mit dem Stab vor ihrem Gesicht herum.
„Hee - das ist meiner!", rief Harry plötzlich.
Wir alle auf der Lichtung starrten ihn an.
„Wie bitte?", sagte Mr. Diggory ungläubig.
„Das ist mein Zauberstab!", sagte Harry. „Ich hab ihn verloren!"
„Du hast ihn verloren?", wiederholte Mr. Diggory zweifelnd. „Ist das ein Geständnis? Du hast ihn fortgeworfen, nachdem du das Dunkle Mal heraufbeschworen hattest?"
„Amos, bedenk doch, mit wem du sprichst.", sagte Arthur erzürnt. „Glaubst du vielleicht, Harry Potter würde das Dunkle Mal heraufbeschwören?"
„Hmmh - natürlich nicht.", murmelte Mr. Diggory. „Verzeihung... hab mich gehen lassen..."
„Ich hab ihn ohnehin nicht dort drüben fallen lassen.", sagte Harry und wies mit dem Daumen hinüber zu den Bäumen unter dem Schädel. „Ich habe ihn schon vermisst, gleich nachdem wir im Wald waren."
„Nun gut.", sagte Mr. Diggory und wandte sich mit kalten Augen erneut an Winky, die zu seinen Füßen kauerte. „Du hast also diesen Zauberstab gefunden, Elfe? Und du hast ihn aufgehoben und dachtest, du könntest ein paar Späße damit treiben, nicht wahr?"
„Ich hab keinen Zauber damit gemacht, Sir!", piepste Winky, und Tränen kullerten jetzt an ihrer eingedellten Kugelnase herunter. „Ich hab... ich hab... ich hab ihn nur aufgehoben, Sir! Ich hab nicht das Dunkle Mal gemacht, Sir, ich weiß nicht, wie!"
„Sie war es nicht!", sagte Mine.
Vor all diesen Ministeriumszauberern zu sprechen schien sie nervös zu machen, doch sie ließ sich nicht beirren.
„Winky hat eine leise Piepsstimme und die Stimme, die wir bei der Beschwörung gehört haben, war viel tiefer!"
Sie wandte sich Hilfe suchend an Harry, Ron und mich.
„Sie klang nicht wie Winky, oder?"
„Nein.", sagte Harry und schüttelte den Kopf. „Die Stimme klang bestimmt nicht nach der Elfe."
„Ja, es war eine menschliche Stimme.", sagte Ron.
„War es wirklich.", murmelte ich.
„Nun, wir werden ja gleich sehen.", knurrte Mr. Diggory mit unbeeindruckter Miene. „Es gibt eine einfache Möglichkeit, den letzten Zauber eines Zauberstabs festzustellen, wusstest du das, Elfe?"
Winky zitterte und schüttelte verzweifelt und ohrenschlackernd den Kopf.
Mr. Diggory hob erneut seinen Zauberstab und berührte mit ihm die Spitze von Harry's Zauberstab.
„Prior Incantado!", rief er mit donnernder Stimme.
Ich hörte Mine vor Entsetzen aufkeuchen, als ein gewaltiger Schädel mit Schlangenzunge genau dort hervorbrach, wo sich die Spitze der beiden Stäbe berührten, doch diesmal war es nur ein Schatten des grünen Schädels hoch über uns, der aussah, als bestünde er aus dichtem grünen Rauch: der Geist eines Zauberers.
„Deletrius!", rief Mr. Diggory, und der Schädel aus Rauch verpuffte zu einem Wölkchen.
„So.", sagte Mr. Diggory, als hätte er einen grausamen Sieg errungen, und sah hinab auf Winky, die immer noch am ganzen Leib bebte.
„Ich hab's nicht getan!", piepste sie und rollte entsetzt mit den Augen. „Ich weiß nicht, ich weiß nicht, wie! Ich bin doch eine gute Elfe, ich mache nichts mit dem Zauberstab, ich weiß nicht, wie!"
„Du bist auf frischer Tat ertappt worden, Elfe!", polterte Mr. Diggory. „Ertappt mit dem Tatwerkzeug, dem Zauberstab, in der Hand!"
„Amos", sagte Arthur laut, „überleg doch mal... herzlich wenig Zauberer wissen, wie man diesen Zauber ausübt... wo sollte sie das gelernt haben?"
„Womöglich will Amos behaupten", sagte Mr. Crouch mit kalter Wut in jeder Silbe, „dass ich meinen Dienstboten regelmäßig beibringe, das Dunkle Mal zu beschwören?"
Ein zutiefst peinliches Schweigen trat ein.
Amos Diggory schien entsetzt.
„Mr. Crouch... nein... nein, keineswegs..."
„Und Sie hätten um ein Haar ausgerechnet die zwei Personen auf dieser Lichtung beschuldigt, die gewiss am wenigsten mit dem Dunklen Mal zu tun haben wollen!", bellte Mr. Crouch. „Harry Potter - und mich! Ich nehme an, Sie kennen die Geschichte des Jungen, Amos?"
„Natürlich - jeder kennt sie -", murmelte Mr. Diggory und schien sich in seiner Haut höchst unwohl zu fühlen.
„Und ich denke, Sie wissen bestimmt auch noch, wie oft ich in meiner langen Laufbahn bewiesen habe, dass ich die dunklen Künste und jene, die sie ausüben, hasse und verachte?", rief Mr. Crouch und erneut quollen ihm die Augen aus den Höhlen.
„Mr. Crouch - ich - ich habe nie auch nur eine Andeutung gemacht, dass Sie irgendetwas damit zu tun hätten.", murmelte Amos Diggory unter seinem braunen Stoppelbart errötend.
„Wenn Sie meine Elfe beschuldigen, dann beschuldigen Sie mich, Diggory!", rief Mr. Crouch. „Wo sonst soll sie gelernt haben, das Mal zu beschwören?"
„Sie - sie könnte es überall mitgekriegt haben -"
„Genau, Amos.", sagte Arthur. „Sie hätte es überall mitkriegen können... Winky?", sagte er freundlich und wandte sich der Elfe zu, doch sie zuckte zusammen, als ob auch er sie angeschrien hätte. „Wo genau hast du Harry's Zauberstab gefunden?"
Winky zwirbelte so hartnäckig an der Spitze ihres Geschirrtuchs, dass es zwischen ihren Fingern ausfranste.
„Ich - ich hab ihn gefunden - gefunden dort, Sir...", flüsterte sie, „dort... unter den Bäumen, Sir..."
„Siehst du, Amos.", sagte Arthur. „Wer immer das Mal heraufbeschworen hat, könnte sofort danach verschwunden sein und Harry's Zauberstab zurückgelassen haben. Ein gerissener Schachzug, nicht den eigenen Zauberstab zu nehmen, der ihn hätte verraten können. Und Winky hier hatte das Pech, nur Augenblicke später auf den Zauberstab zu stoßen und ihn aufzuheben."
„Aber dann wäre sie nur ein paar Meter vom wirklichen Schurken entfernt gewesen!", sagte Mr. Diggory ungeduldig. „Elfe? Hast du jemanden gesehen?"
Winky schüttelte es am ganzen Leib.
Ihre Riesenaugen flackerten von Mr. Diggory zu Ludo Bagman und weiter zu Mr. Crouch.
Dann würgte sie hervor: „Ich habe niemanden gesehen, Sir... niemanden nicht..."
„Amos.", sagte Mr. Crouch schroff. „Natürlich würden Sie Winky normalerweise zum Verhör ins Büro mitnehmen. Ich bitte Sie jedoch, mir zu gestatten, selbst mit ihr abzurechnen."
Mr. Diggory schien von diesem Vorschlag nicht besonders angetan, doch mir war klar, dass Mr. Crouch ein so hohes Tier im Ministerium war, dass er nicht wagte, den Vorschlag abzulehnen.
„Sie können sicher sein, dass sie bestraft wird.", fügte Mr. Crouch kühl hinzu.
„M-M-Meister...", stammelte Winky und sah mit tränenverquollenen Augen zu Mr. Crouch auf. „M-M-Meister, b-b-bitte..."
Mr. Crouch starrte sie an, seine Züge schienen noch schärfer, jede Falte auf seinem Gesicht tiefer geworden zu sein.
In seinem Blick lag kein Erbarmen.
„Winky hat sich heute Nacht auf eine Weise benommen, die ich nicht für möglich gehalten hätte.", sagte er langsam. „Ich habe sie angewiesen, im Zelt zu bleiben. Ich habe sie angewiesen, dort zu bleiben, während ich unterwegs war, um dem Aufruhr Einhalt zu gebieten. Und ich stelle fest, dass sie mir nicht gehorcht hat. Das bedeutet Kleidung."
„Nein!", kreischte Winky und warf sich zu Mr. Crouch's Füßen auf die Erde. „Nein, Meister! Nicht Kleidung, nicht Kleidung!"
Ich wusste, dass die einzige Möglichkeit, einen Hauselfen in die Freiheit zu entlassen, darin bestand, ihm richtige Kleider zu schenken.
Es war ein Jammer mit anzusehen, wie Winky, das Geschirrtuch fest umklammernd, Tränen über Mr. Crouch's Schuhe vergoss.
„Sie hatte doch Angst!", stieß Mine zornig hervor und starrte Mr. Crouch verächtlich an. „Ihre Elfe hat Höhenangst und diese maskierten Zauberer ließen Leute in der Luft schweben! Sie können ihr nicht vorwerfen, dass sie das Weite suchen wollte!"
Mr. Crouch schüttelte die Elfe ab, trat einen Schritt zurück und musterte sie, als ob sie etwas Schmutziges und Ekliges wäre, das seine polierten Schuhe besudle.
„Ich kann keine Hauselfe gebrauchen, die mir nicht gehorcht.", sagte er kalt und sah zu Mine auf. „Ich kann keine Dienerin gebrauchen, die vergisst, was sie ihrem Meister und seinem Ruf schuldig ist."
Winky weinte so heftig, dass ihr Schluchzen auf der ganzen Lichtung widerhallte.
Ein sehr unangenehmes Schweigen trat ein, das von Arthur mit leisen Worten beendet wurde: „Nun, ich denke, ich nehme die Meinen zurück zum Zelt, wenn keiner etwas dagegen hat. Amos, dieser Zauberstab hat uns alles gesagt, was er kann - könnte Harry ihn bitte wieder zurückhaben -"
Mr. Diggory reichte Harry den Zauberstab und Harry ließ ihn in seine Tasche gleiten.
„Na, dann kommt, ihr vier.", sagte Arthur leise.
Doch Mine schien keinen Schritt gehen zu wollen; ihr Blick ruhte immer noch auf der schluchzenden Elfe.
„Hermine!", sagte Arthur etwas eindringlicher.
Sie wandte sich um und folgte Harry, Ron und mir über die Lichtung und hinein in den Wald.
„Was geschieht mit Winky?", fragte Mine, sobald wir die Lichtung hinter uns gelassen hatten.
„Ich weiß es nicht.", sagte Arthur.
„Unglaublich, wie sie behandelt wird!", sagte Mine zornig. „Mr. Diggory nennt sie die ganze Zeit »Elfe«... und erst Mr. Crouch! Er weiß, dass sie es nicht getan hat, und trotzdem wirft er sie raus! Es war ihm doch gleich, dass sie furchtbare Angst hatte und ganz aus der Fassung war - als ob sie nicht mal ein Mensch wäre!"
„Nun ja, ist sie auch nicht.", sagte Ron.
Mine sah ihn wutentbrannt an.
„Das heißt noch lange nicht, dass sie keine Gefühle hat, Ron, es ist abscheulich, wie -"
„Hermine, du hast ja Recht", warf Arthur rasch ein und winkte uns weiter, „aber jetzt ist nicht die Zeit, über Elfenrechte zu diskutieren. Ich möchte so rasch wie möglich zum Zelt zurück. Was ist mit den anderen passiert?"
„Wir haben sie in der Dunkelheit verloren.", erklärte ich.
„Dad, warum regen sich denn alle so furchtbar über diesen Schädel da oben auf?", fragte Ron.
„Das erkläre ich dir, wenn wir wieder im Zelt sind.", sagte Arthur angespannt.
Doch am Waldrand wurden wir aufgehalten.
Eine große Schar verängstigt aussehender Hexen und Zauberer hatte sich dort versammelt, und als sie Arthur näher kommen sahen, hasteten ihm viele entgegen.
„Was geht dort drin vor?" - „Wer hat das Mal heraufbeschworen?" - „Arthur - doch nicht etwa - er selbst?"
„Natürlich nicht.", sagte Arthur ungehalten. „Wer es war, wissen wir nicht, und er ist verschwunden. Und jetzt entschuldigt mich bitte, ich will schlafen gehen."
Er bahnte Harry, Ron, Mine und mir einen Weg durch die Menge und schließlich gelangten wir zum Zeltplatz.
Ruhe war eingekehrt; von den maskierten Zauberern war nichts mehr zu sehen, doch noch immer kokelten ein paar abgebrannte Zelte.
Charlie steckte den Kopf aus dem Jungenzelt.
„Dad, was ist los?", rief er durch die Dunkelheit. „Fred, George und Ginny sind hier, ihnen ist nichts passiert, aber die anderen -"
„Die hab ich mitgebracht.", sagte Arthur, bückte sich und schlüpfte ins Zelt.
Harry, Ron, Mine und ich folgten ihm.
Bill saß an dem kleinen Küchentisch und drückte sich ein Leintuch auf den Arm, der stark blutete.
Charlie hatte einen langen Riss im Hemd und Percy konnte eine blutige Nase vorzeigen.
Fred, George und Ginny schienen nicht verletzt, jedoch arg mitgenommen.
Ich eilte zu Bill und fing an seine Wunde zu verarzten.
„Hast du ihn gekriegt, Dad?", fragte Bill scharf. „Den, der das Mal heraufbeschworen hat?"
„Nein.", sagte Arthur. „Wir haben Barty Crouch's Elfe mit Harry's Zauberstab in der Hand gefunden, aber das sagt uns noch lange nicht, wer wirklich das Mal heraufbeschworen hat."
„Was?", sagten Bill, Charlie und Percy wie aus einem Mund.
„Bleib sitzen.", murmelte ich und drückte Bill zurück in den Stuhl, während ich einen Verband um seine Verletzung wickelte.
„Harry's Zauberstab?", sagte Fred.
„Mr. Crouch's Elfe?", sagte Percy wie vom Donner gerührt.
Mit ein paar ergänzenden Worten von Harry, Ron, Mine und mir schilderte Arthur, was im Wald geschehen war.
Als er geendet hat, warf sich Percy entrüstet in die Brust.
„Natürlich hat Mr. Crouch vollkommen Recht, eine solche Elfe davonzujagen!", sagte er. „Läuft einfach davon, wo er ihr doch ausdrücklich gesagt hat... wie peinlich für ihn und das Ministerium... wie hätte das denn ausgesehen, wenn man sie vor der Abteilung zur Führung und Aufsicht..."
„Sie hat nichts getan - sie war nur zur falschen Zeit am falschen Ort.", fauchte Mine den völlig perplexen Percy an.
Mine war immer recht gut mit Percy ausgekommen - im Grunde besser als die anderen.
Müde lehnte ich mich an Bill's Schulter und lauschte dem Gespräch.
„Hermine, ein Zauberer in Mr. Crouch's Position kann sich keine Hauselfe leisten, die mit einem Zauberstab Amok läuft!", sagte Percy mit gewichtiger Miene, nachdem er sich gefasst hatte.
„Sie ist nicht Amok gelaufen!", rief Mine. „Sie hat ihn nur von der Erde aufgelesen!"
„Hört mal, kann mir jemand erklären, was es mit diesem Schädel auf sich hat?", sagte Ron ungeduldig. „Er hat doch keinem was getan... warum dann dieser ganze Aufstand?"
„Ich hab dir doch erklärt, es ist das Symbol von Du-weißt-schon-wem, Ron.", sagte Mine, bevor irgendjemand antworten konnte. „Hab ich in Aufstieg und Fall der dunklen Künste gelesen."
„Und der Schädel wurde dreizehn Jahre lang nicht gesehen.", sagte Arthur leise. „Natürlich hat er die Leute in Angst und Schrecken versetzt... es war ja fast, als würden sie Du-weißt-schon-wen wieder sehen."
„Ich versteh's trotzdem nicht.", sagte Ron stirnrunzelnd. „Ich meine... es ist nur ein Zeichen am Himmel..."
„Ron, Voldemort und seine Anhänger haben das Dunkle Mal immer dann aufsteigen lassen, wenn sie gemordet haben.", erklärte ich.
„Du hast ja keine Ahnung... welches Grauen es auslöste. Stell dir vor, du kommst nach Hause und findest das Dunkle Mal über deinem Haus schweben und du weißt genau, was du drin vorfinden wirst... das Schlimmste...", sagte Arthur.
Eine kurze Stille trat ein.
„Jedenfalls hat uns der Schädel heute Nacht nicht geholfen, wer immer ihn heraufbeschworen hat. Die Todesser hat er sofort in panische Angst versetzt. Sie sind alle disappariert, bevor wir nahe genug dran waren, um auch nur einem von ihnen die Maske abzureißen. Wenigstens konnten wir die Familie Roberts noch auffangen, bevor sie auf der Erde aufschlugen. Im Moment werden ihre Gedächtnisse verändert.", sprach Bill.
„Todesser?", sagte Harry. „Was sind Todesser?"
„So nannten sich die Anhänger von Du-weißt-schon-wem.", sagte Bill. „Ich glaube, heute Nacht haben sich die versprengten Überreste dieser Leute zusammengefunden - die zumindest, die es geschafft haben, sich vor Askaban zu retten."
„Wir können nicht beweisen, dass sie es waren, Bill.", sagte Arthur. „Obwohl du wahrscheinlich Recht hast.", fügte er erbittert hinzu.
„Ja, darauf wette ich.", sagte Ron plötzlich. „Dad, wir haben Draco Malfoy im Wald getroffen, und er hat durchblicken lassen, dass sein Vater einer dieser Hirnis mit den Masken war! Und wir wissen alle, dass die Malfoy's mit Du-weißt-schon-wem unter einer Decke steckten!"
„Aber das waren doch Anhänger Voldemorts -", warf Harry ein.
Die anderen zuckten zusammen - wie die meisten in der Zaubererwelt vermieden es die Weasley's, Voldemort beim Namen zu nennen.
„Verzeihung.", sagte Harry rasch. „Warum eigentlich sollten diese Anhänger von Du-weißt-schon-wem Muggel in der Luft schweben lassen? Was war denn der Sinn des Ganzen?"
„Der Sinn?", sagte Arthur mit einem hohlen Lachen. „Harry, das verstehen diese Leute unter Spaß. Die Hälfte der Morde an Muggeln in der Zeit, als Du-weißt-schon-wer an der Macht war, wurden aus reinem Vergnügen begangen. Ich nehme an, sie hatten am Abend einiges getrunken, uns daran zu erinnern, dass viele von ihnen immer noch auf freiem Fuß sind. Für die war es ein nettes kleines Wiedersehensfest.", schloss er angewidert.
„Aber wenn sie wirklich Todesser waren, warum sind sie dann disappariert, als sie das Dunkle Mal sahen?", sagte Ron. „Eigentlich hätten sie sich doch freuen müssen, oder?"
„Ron, benutzt doch mal deinen Grips.", sagte Bill. „Wenn sie wirklich Todesser waren, dann haben sie alles darangesetzt, nicht nach Askaban zu kommen, als Du-weißt-schon-wer die Macht verlor, und alle möglichen Lügengeschichten aufgetischt, von wegen er hätte sie gezwungen, Menschen zu töten und zu foltern. Ich wette, sie haben noch mehr Angst als wir anderen, dass er zurückkommt. Als er die Macht verloren hatte, bestritten sie doch, dass sie jemals wirklich etwas mit ihm zu tun hatten, und lebten weiter, als ob nichts gewesen wäre... Ich schätze, er wäre nicht besonders angetan von ihnen, oder?"
„Also... wer immer das Dunkle Mal heraufbeschworen hat...", sagte Mine langsam, „hatte er das Ziel, die Todesser anzufeuern oder ihnen Angst einzujagen und sie zu verscheuchen?"
„Wir können das auch nicht besser beurteilen als du, Hermine.", sagte Arthur. „Ich kann dir nur eines sagen... einzig und allein die Todesser wussten, wie man es heraufbeschwor. Ich wäre sehr überrascht, wenn dahinter nicht ein früherer Todesser stecken würde, auch wenn er es jetzt nicht mehr ist... Übrigens, es ist sehr spät, und wenn eure Mutter erfährt, was passiert ist, wird sie keine ruhige Minute mehr haben. Wir brauchen jetzt noch ein paar Stunden Schlaf und dann versuchen wir einen der ersten Portschlüssel von hier weg zu kriegen."
Müde machten wir uns auf den Weg in unser Zelt und legten uns sofort ins Bett, wo wir drei direkt einschliefen.
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Luna Black 4 - Harry Potter
FanfictionDas vierte Schuljahr beginnt für Luna Black an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei und verspricht, ein aufregendes Jahr zu werden. Vor dem Beginn des Schuljahres steht die Quidditch-Weltmeisterschaft, ein beeindruckendes sportliches Ereigni...