L U N A
Die letzte Woche verging ohne größere Zwischenfälle, abgesehen davon, dass Neville in Zaubertränke bereits seinen sechsten Kessel zum Schmelzen brachte.
Professor Snape, der im Sommer offenbar neue Höhen der Gemeinheit erklommen hatte, ließ ihn Nachsitzen, und von dieser Stunde, in der er einen Bottich gehörnter Kröten hatte ausnehmen müssen, kehrte Neville als komplettes Nervenbündel zurück.
Außerdem zeigte uns Moody die drei unverzeihlichen Flüche an einer Spinne.
Es war grausam und nicht sehr schön.
Ich schüttelte meinen Kopf, um die Erinnerung daran zu verdrängen und machte mir einen Pferdeschwanz, als Mine fertig angezogen aus dem Bad kam.
„Was ich dich noch fragen wollte... wo warst du, nach dem Malfoy in ein Frettchen verwandelt worden ist?", fragte Mine neugierig.
„Ich war unten am See und Draco kam dazu und wir haben uns noch etwas unterhalten.", erwiderte ich und nahm meine Schultasche.
„Uiiii... habt ihr euch geküsst?", fragte Mine neugierig, während wir den Schlafsaal verließen, ebenso wie den Gemeinschaftsraum und zur Großen Halle liefen.
„Nein. Meinst du, er erwidert meine Gefühle?", murmelte ich.
„Lu? Hast du gerade zugegeben, dass du in Malfoy verliebt bist?", grinste Mine und blieb stehen.
Ich nickte nur und Mine umarmte mich lachend.
„Natürlich erwidert er deine Gefühle. Hast du seine Blicke gesehen?", meinte sie und zog mich am Arm mit in die Halle. „Aber jetzt lass uns frühstücken, sonst sterbe ich."
Lachend folgte ich Mine in die Große Halle.
„Das war eine Lüge, Harry.", sagte Mine in scharfem Ton beim Frühstück, als er und Ron von seinem Brief erzählt hatten, den er Dad geschickt hatte. „Du hast dir nicht bloß eingebildet, dass deine Narbe wehtat, das weißt du genau."
„Na und?", sagte Harry. „Meinetwegen soll er jedenfalls nicht wieder in Askaban landen."
„Lass stecken.", fuhr Ron Mine an, als sie den Mund öffnete, um noch ein wenig weiterzustreiten; und ausnahmsweise folgte ihm Mine und verstummte.
Während der nächsten Wochen mühte ich mich nach Kräften, mir keine Sorgen über Dad zu machen.
Andererseits war der Unterricht jetzt so anspruchsvoll und schwierig wie nie zuvor, besonders in Verteidigung gegen die dunklen Künste, was mich insgesamt ziemlich von den Sorgen um Dad ablenkte.
Zu unserer Überraschung hatte Professor Moody angekündigt, dass er jeden Einzelnen von uns mit dem Imperius-Fluch belegen würde, um dessen Macht zu zeigen und zu prüfen, ob wir uns gegen seine Wirkungen zur Wehr setzen konnten.
„Aber, Sie sagten doch, er sei verboten, Professor.", sagte Mine verunsichert, als Moody mit einem Schwung seines Zauberstabs die Tische fortrücken ließ und sich einen großen freien Platz in der Mitte des Raumes verschaffte. „Sie sagten - ihn gegen einen anderen Menschen einzusetzen, sei -"
„Dumbledore will, dass ich euch beibringe, wie es sich anfühlt.", sagte Moody und sein magisches Auge schwamm zu Mine hin und fixierte sie mit schaurigem Blick, ohne ein einziges Mal zu blinzeln. „Wenn du es lieber auf die harte Tour lernen willst - wenn dich jemand damit überrascht und dich vollkommen unterwirft - mir soll es recht sein. Du bist entschuldigt. Da geht's raus."
Er wies mit seinem knochigen Finger zur Tür.
Mine lief rosa an und murmelte etwas von wegen, das hätte sie so nicht gemeint.
Moody ließ uns der Reihe nach vortreten und belegte uns mit dem Imperius-Fluch.
Ich beobachtete, wie meine Mitschüler unter Moody's Einfluss die erstaunlichsten Dinge vollführten.
Dean Thomas hüpfte dreimal im Kreis durchs Zimmer und sang dabei die Nationalhymne.
Lavender Brown ahmte ein Eichhörnchen nach.
Neville zeigte eine Reihe ganz verblüffender Gymnastikübungen, bei denen er ansonsten sicher zusammengeklappt wäre.
Nicht einer von uns schien fähig zu sein, den Fluch abzuwehren, und alle erholten sich erst, als Moody ihn wieder aufhob.
Dann kam ich an die Reihe.
Es war ein höchst wundersames Gefühl.
Man glaubte, zu schweben, jeder Gedanke, alle Sorgen, die mich umtrieben, waren wie von sanfter Hand weggewischt, und zurück blieb nur ein vages, unergründliches Glücksgefühl.
Da stand ich, unendlich entspannt, nur leise ahnend, dass mich alle ansahen.
Ich wusste nicht, was Moody alles mit mir anstellte, aber als ich wieder ich war, sah ich sofort fragend zu Mine.
„Du solltest Malfoy küssen, aber irgendwie hast du dich gestreubt und hast ihn dann letztendlich nur umarmt.", erzählte mir Mine leise, während jetzt Harry dran war.
Ich sah zu Draco, der leicht grinste.
Dann widmete ich wieder dem Unterricht meine Aufmerksamkeit.
Harry sollte auf einen Tisch springen.
„Spring! Sofort."
Harry war gesprungen und hatte anscheinend zugleich versucht sich davon abzuhalten - woraufhin er mit dem Kopf auf den Tisch geschlagen war, ihn umgeworfen hatte und sich wahrscheinlich auch noch beide Kniescheiben zertrümmert hatte, als er auf dem Boden aufkam.
„Nun, das war doch schon mal was!", sagte Moody's knurrende Stimme. „Schaut euch das an, ihr Rasselbande... Potter und Black haben gekämpft! Sie haben gegen den Fluch angekämpft und ihn verdammt noch mal fast gebrochen! Wir versuchen's nochmal, Potter, und die anderen passen gut auf - schaut ihm in die Augen, da seht ihr's - sehr gut, Potter, wirklich sehr gut! Die werden Schwierigkeiten haben, dich zu unterwerfen!"
„So, wie er redet", murmelte Harry, als wir eine Stunde später aus dem Klassenzimmer gingen (Harry humpelte; Moody hatte darauf bestanden, Harry viermal in Folge an seine Grenzen gehen zu lassen, bis er schließlich den Fluch vollkommen abschütteln konnte), „so, wie er redet, sollte man meinen, wir könnten jeden Augenblick angegriffen werden."
„Ja, ich weiß.", sagte Ron, der immer noch bei jedem zweiten Schritt hüpfte.
Er hatte viel mehr Probleme mit dem Fluch gehabt als Harry, doch Moody versicherte ihm, die Wirkung würde bis zum Mittagessen abklingen.
„Wenn wir schon beim Verfolgungswahn sind...", Ron sah nervös über die Schulter, ob Moody auch ja außer Hörweite war, und fuhr fort: „Kein Wunder, dass sie im Ministerium froh waren, ihn loszuwerden. Hast du gehört, wie er Seamus erzählt hat, was er mit dieser Hexe angestellt hat, die am ersten April hinter seinem Rücken »Buuh« gerufen hat? Und wann sollen wir denn alles über den Widerstand gegen den Imperius-Fluch nachlesen, wenn wir ohnehin so viel zu tun haben?"
Uns Viertklässlern war aufgefallen, dass wir dieses Jahr eine ganze Menge mehr arbeiten mussten.
Professor McGonagall erklärte uns auch, warum, als die Klasse in Verwandlung mit besonders lautem Stöhnen und Ächzen auf eine neue Ladung Hausaufgaben reagiert hatte.
„Für Sie beginnt jetzt eine besonders wichtige Zeit in Ihrer Ausbildung als Zauberer!", verkündete sie und die Augen hinter ihren quadratischen Brillengläsern glitzerten gefährlich. „Ihre Prüfungen für die ZAGs stehen bevor -"
„Wir kriegen die ZAGs doch erst im fünften Jahr!", sagte Dean Thomas entrüstet.
„Das mag sein, Thomas, aber glauben Sie mir, Sie brauchen alle Vorbereitungen, die Sie bekommen können! Miss Granger und Miss Black sind bis heute die Einzigen in der Klasse, die es schaffen, einen Igel in ein gewöhnliches Nadelkissen zu verwandeln.
Ich darf Sie daran erinnern, Thomas, dass Ihr Kissen immer noch vor Angst zusammenschrumpft, wenn sich jemand mit einer Nadel nähert!"
Mine war wieder einmal rosa angelaufen und schien sich zu bemühen, nicht allzu geschmeichelt auszusehen, während ich genervt die Augen verdrehte, weil ich Aufmerksamkeit nicht sehr mochte.
Harry und Ron amüsierten sich köstlich, als Professor Trelawney in der nächsten Wahrsagestunde verkündete, sie hätten für ihre Vorhersagen Spitzennoten bekommen.
Sie las ausgiebig aus ihren Arbeiten vor und lobte sie für ihren unerschrockenen Blick auf die Schrecken, die ihnen ins Haus standen - weniger erfreut waren wir alle jedoch als Professor Trelawney uns aufgab, das Gleiche noch einmal für den übernächsten Monat zu machen.
Schmunzelnd betrachtete ich die beiden und schüttelte den Kopf.
Wie man sich solche Ideen aus dem Kopf drücken kann, was alles nächsten Monat "schlimmes" passieren wird, obwohl es wahrscheinlich niemals passieren wird.
Unterdessen ließ uns Professor Binns, der Geist, der Geschichte der Zauberei lehrte, jede Woche einen Aufsatz über die Kobold-Aufstände im achtzehnten Jahrhundert schreiben.
Professor Snape zwang uns, Gegengifte zu erforschen.
Das nahmen wir sehr ernst, denn er deutete an, er könnte ja einen von uns noch vor Weihnachten vergiften, um festzustellen, ob das Gegengift wirkte.
Allerdings bezweifelte ich, dass er das ernst meinte.
Professor Flitwick verlangte von uns, zur Vorbereitung auf den Unterricht über Aufrufe- und Sammelzauber noch drei weitere Bücher nebenher zu lesen.
Selbst Hagrid bürdete uns zusätzliche Lasten auf.
Die Knallrümpfigen Kröter wuchsen erstaunlich schnell, wenn man bedachte, dass noch keiner herausgefunden hatte, was sie fraßen.
Hagrid war es eine Wonne und er schlug »im Rahmen unseres Projekts« vor, wir sollten doch jeden zweiten Abend zu seiner Hütte herunterkommen, um die Kröter zu beobachten und sich Notizen über ihr eigenartiges Verhalten zu machen.
„Ich jedenfalls nicht.", sagte Draco lustlos, nachdem Hagrid uns diesen Vorschlag mit der Miene eines Weihnachtsmannes gemacht hatte, der ein besonders großes Päckchen aus dem Sack zieht. „Ich seh im Unterricht genug von diesen widerlichen Dingern, danke."
Hagrid's Lächeln erstarb.
„Du tust, was man dir sagt", knurrte er, „oder ich red mal ein Wörtchen mit Professor Moody... hab gehört, du gibst 'n niedliches Frettchen ab, Malfoy."
Die Gryffindors lachten schallend, mit Ausnahme von mir.
Draco errötete vor Zorn, doch offenbar war die Erinnerung an die Bestrafung durch Moody immer noch schmerzhaft genug, um ihm den Mund zu versiegeln.
Harry, Ron, Mine und ich kehrten nach dem Unterricht ins Schloss zurück.
In der Eingangshalle gerieten wir in ein dichtes Gewühle von Mitschülern, die sich alle um ein großes Schild drängelten, das am Fuß der Marmortreppe aufgestellt worden war.
Ron, der Längste von uns vieren, lugte auf Zehenspitzen stehend über die Köpfe hinweg und las den uns vor, was auf dem Schild stand.
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Luna Black 4 - Harry Potter
FanfictionDas vierte Schuljahr beginnt für Luna Black an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei und verspricht, ein aufregendes Jahr zu werden. Vor dem Beginn des Schuljahres steht die Quidditch-Weltmeisterschaft, ein beeindruckendes sportliches Ereigni...