Café Hollenberg

9.2K 295 21
                                    

Kapitel 1

Café Hollenberg

»Wohin starrst du?«

Eine bekannte Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich ließ beinahe das Tablett mit den Getränken fallen. Meine Hände zitterten, da der Schreck meinen Körper wie ein Blitz durchzog. Ich blickte mit aufgerissenen Augen auf meine Freundin Micha, die mich bloß fragend ansah.

»Ich hab' nur geschaut, ob alles in Ordnung ist ...«

»Du hast das Mädchen angestarrt, als hättest du gerade Jesus höchst persönlich gesehen. Langsam frage ich mich, ob mit dir alles in Ordnung ist«, erwiderte sie und schüttelte den Kopf.

»Das ist ... Das ist doch gar nicht ...«, wollte ich versuchen mich rauszureden, doch Micha unterbrach mich, indem sie mir einen weiteren Kaffee auf mein Tablett drückte.

»Vielleicht verbringst du in Zukunft mehr Zeit damit die Gäste zu bedienen, als sie anzustarren. Glaub mir, du tust damit dir selbst, dem Café und den Leuten einen Gefallen.«

Mein Gesicht nahm den Ton einer überreifen Tomate an und mehr als zu Nicken war mir im Moment nicht möglich.

»Die Espressos sind für Tisch sieben und der Eistee für Tisch zwölf« Ihre Stimme klang schroff, beinahe streng und ich eilte zur Kaffeemaschine um die Bestellung vorzubereiten.

Danach hastete ich mit einem vollen Tablett durch das kleine Café, während die Tische und Stühle kleine Hindernisse bildeten und ich mich konzentrieren musste, nicht dagegen zu laufen.

Heute waren, aufgrund des Regenwetters, nicht besonders viele Gäste im Café. Mich wunderte ehrlich gesagt, dass überhaupt irgendjemand sich bei so einem Wetter aus der Wohnung wagte, um danach in einem Kaffeehaus zu sitzen.

Als ich hinter der Theke ankam, fiel mein Blick wieder auf das Mädchen an dem Tisch in der Ecke. Sie hatte ein Buch in der Hand und ich konnte den Titel nicht genau erkennen. Es schien aber alt zu sein und ein wenig auseinanderzufallen. Ich beobachtete, wie ihre dunkelblauen Augen von einer Zeile zur nächsten wanderten. Ihre braunen, gewellten, lange Haare fielen ihr dabei nach vorne und ich fragte mich, wie sie überhaupt noch etwas sehen konnte. Ihre Lippen spalteten sich kaum merkbar, als sie konzentriert die Seite umblätterte.

»Oh Gott, dass muss aufhören«, erneut holte Micha mich aus der Starre. Sie schnippte mit ihrem Fingern vor meinem Gesicht herum bis ich letztendlich zusammenzuckte.

»Tut mir leid, ich weiß auch nicht, was mit los ist«

»Ich auch nicht, Leah. Unsere Chefin ist gerade hier und du weißt, wie sie ist, wenn sie jemanden einfach herumstehen sieht«, sagte Micha und füllte neben mir ein Glas mit Sodawasser auf. »Ich will nur nicht, dass du Ärger bekommst. Du weißt ja, wie sie sein kann. Sobald sie weg ist, kannst du so viel starren, wie du möchtest«

»Ich habe nicht gestarrt«

»Ja klar«, sagte sie, während sie grinsend die Augen verdrehte und das Wasser zu einem Tisch servierte.

***

Die nächsten Stunden vergingen schneller als erwartet. Es hatte aufgehört zu regnen, was dazu führte, dass plötzlich ein Schwall Gäste das Café betrat. Da die Chefin und wir den Andrang unterschätzt hatten, waren wir nun unterbesetzt, und das bedeutete, dass ich die Getränke und das Essen beinahe außer Puste servierte. Micha schien es ähnlich zu gehen, denn ich konnte sehen, wie ihr vereinzelte Schweißperlen, an ihrem zierlichen Gesicht hinunter liefen.

»Was zum Teufel ist heute los?«, fragte sie, während sie mir half, die Bestellungen für Tisch 24 vorzubereiten. »Die Bude ist so voll, als gäbe es etwas gratis und Hollenberg macht sich nicht mal die Mühe nach unten zu kommen, um uns zu helfen«

Ich stimmte ihr leise zu, während ich mein Tablett füllte und darauf achtete nichts zu verschütten. Unsere Chefin war nicht gerade bekannt dafür, sich einen Finger zu krümmen. Ich ging nach hinten in die Küche, um den bestellten Salat ab zu holen.

»Es ist gleich fertig«, schnaufte Nick und nahm hastig das Hühnerfilet aus dem Griller. »Ich schwör's dir, Leah. Ich werde heute kündigen«

»Das sagst du jeden Tag«, erwiderte ich halbherzig und beobachtete, wie er sich seine Schürze enger zusammenband.

»Ja, aber dann stelle ich mir vor, wie verloren ihr ohne mich wärt und ich beschließe, immer wieder, zu bleiben«, sagte er grinsend.

»Oh, du bist zu gütig«, scherzte ich und stupste ihn leicht in die Hüfte.

»Ich weiß, ich weiß.«

Er legte den gemischten Salat auf einen Teller, garnierte es mit den geschnittenen Hähnchenstreifen und hielt es mir entgegen. »Voilá, Madame«

Ich lächelte bloß und eilte wieder aus der Küche um die Bestellung dem wartenden Gast zu übergeben. Danach rannte ich wieder zurück zur Bar um Micha zu helfen.

Während wir die Getränke vorbereiteten, fiel mein Blick zu dem Tisch, wo das Mädchen gesessen hatte, doch sie war nicht mehr da. Eine nicht erklärbare Enttäuschung machte sich in mir breit und ich versuchte das Gefühl abzuwimmeln.

***

Die Sonne war bereits untergegangen, als Micha und ich endlich die Eingangstür abschlossen. Wir ließen beide gleichzeitig einen Seufzer von uns und lehnten uns gegen die dreckige Außenwand des Lokals.

»Das war vielleicht ein Tag.«

»Tage wie diese, lassen mich daran zweifeln, dass meine Jobwahl die Richtige war«, meinte ich und Micha sah mich bloß lächelnd mit ihren großen braunen Augen an.

»Es ist ja nicht so, als würdest du für immer an diese Drecksbude gefesselt sein. Du sparst doch nur für die Uni. Für mich hingegen gibt's hier keinen Ausweg mehr.«

Ich schüttelte den Kopf und drückte leicht ihre Hand. »Du kannst mehr. Das weißt du.«

Micha zuckte mit den Schultern. »Vielleicht«

»Aber genug mit dieser Rührseligkeit«, fuhr sie dann energisch fort und zog ihre Hand aus meiner. »Wir sollten tanzen gehen, Spaß haben. Leute kennenlernen.«

»Ich weiß nicht Micha. So fertig wie heute war ich schon lange nicht mehr ...«

»Leah. So wie du das Mädchen heute angesehen hast, scheinst du einen Aufriss von uns beiden am meisten zu gebrauchen«

Ich sah sie mir weit geweiteten Augen an. »Was?!«

»Jetzt tu' nicht so überrascht. Ich kenn dich schon seit Jahren. Ich wusste zwar nicht, dass Mädchen nun auch zu deinem Beuteschema gehören, aber du hast meine vollste Unterstützung.«

Ich verdrehte bloß die Augen und stieß sie leicht zur Seite. »Erstens habe ich kein Beuteschema.«

»Und zweitens«, fuhr ich fort. »fand ich sie einfach nur interessant. Das ist alles.«

Micha sah mich nicht überzeugt an und hob die Augenbrauen in die Höhe. Ich merkte, wie sie noch etwas sagen wollte, doch zum Glück ließ sie es bleiben.


P.S. Diese Story ist bereits ein paar Jahre alt... Rechtschreib- und Grammatikfehler gibt es leider viel zu viele. Ich versuche dem nach zu gehen und die Geschichte zu überarbeiten. 

Vielleicht sehen wir uns wieder? (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt