Siegerpreis

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Oft lebt man Tag ein und aus, ohne dass sich irgendetwas verändert, doch dann gibt es diesen einen Moment, der alles auf den Kopf stellt. Ich fand das in irgendeiner Art und Weise faszinierend. Erst so richtig bewusst wurde mir diese Tatsache, als ich mit Amal auf meiner durchgesessenen Couch saß und meinen Arm um ihn hatte.

Mila war bei der Tankstelle um Milch und Kekse für ihn zu kaufen, während wir zu Hause saßen und er mir nach und nach, seine Gesichte erzählte. Mila und ich hatten das Date wegen Amal abgebrochen, denn bei so einer Situation konnte man einen Freund auf keinen Fall alleine lassen. Ich hatte Mila angeboten, dass sie nicht dabei sein müsste, doch sie bestand darauf helfen zu wollen. Das war bestimmt nicht so, wie wir uns den Abend vorgestellt hatten, doch manche Sachen waren wichtiger.

„Okay, jetzt fang nochmal an. Ich habe die Hälfte gar nicht mitbekommen", sagte ich als er aufgehörte hatte zu schluchzen. Sein Gesicht war blass, sein Körper zitterte. Ich hatte ihn noch nie so verletzt gesehen. Er kam mir vor wie ein ganz anderer Mensch.

Er kuschelte sich in den Pullover, den ich ihn gegeben hatte und lehnte sich näher an mich. Ich strich ihm sanft über seine dunkelbraunen Haare um ihn zu beruhigen. Es schien zu funktionieren, denn seine Atmung wurde langsamer und seine Tränen weniger.

„Meine Eltern wollte heute Abend ins Kino gehen", fing er an. Sein Blick war auf den Boden gerichtet. „Also habe ich John, den Arsch, zu mir eingeladen. Er meinte, dass es keine gute Idee sei, doch ich habe ihn trotzdem überreden können"

„Na ja, er ist dann gekommen und ich hab ihm gesagt, dass ich mich in ihn verliebt habe. Ich weiß nicht wieso. Es hat sich einfach danach angefühlt und ich sag ja immer was ich denke", er pausierte seine Geschichte, als sich plötzlich meine Eingangstüre öffnete. Ich hatte Mila meinen Wohnungsschlüssel mitgegeben, damit ich nicht von Amals Seite weichen musste.

„Okay Amal, ich habe Milch gekauft, Kakao, Kuchen, Schokolade, Kekse, Gummibärchen, eine Roulade und Eiscreme", sagte sie und hielt eine volle Tasche in die Höhe. „Ich wusste nicht genau was dir schmeckt, deswegen ich habe ich alles gekauft, was ich gefunden habe"

Amals Kinnlade klappte nach unten und zum ersten Mal zierte ein kleines Lächeln seine Lippen.

„Die musst du dir behalten!", sagte er und zwinkerte, als er sich von mir löste und Mila in die Küche folgte. Ich fand es zwar verwunderlich, dass es ihm auf Anhieb besser ging, doch ich stellte es nicht in Frage, denn ihn so traurig zu sehen, ließ mein Herz schwer werden. Ich wusste gar nicht, was ich in seiner Situation gemacht hätte. Wahrscheinlich wäre ich durchgedreht. Es ist niemals schön von zu Hause rausgeworfen zu werden, nur weil man jemanden liebt, der das gleiche Geschlecht hat. Ich hatte keine Ahnung, was meine Eltern von Mila und mir halten würden (mal davon abgesehen, dass sie verheiratet war). Beide waren ziemlich offen und ich glaubte nicht daran, dass sie irgendetwas dagegen hätten. Als ich gerade aufstehen wollte, sah ich Mila, mit einem kleinen Sack in der Hand, aus der Küche kommen. Sie steuerte direkt auf mich zu und hielt mir das kleine Päckchen entgegen.

„Damit du nicht verhungerst", lächelte sie und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Ich nahm es dankbar entgegen und errötete leicht. Leider war ich ein Mensch, der sehr einfach rot anlief. Ich holte den Gegenstand aus der Tasche und hielt plötzlich ein Nutellaglas in meinen Händen.

„Woher weißt du, dass ich Nutella vergöttere?", fragte ich verwundert, meine Augen waren auf das schokoladige Gold fixiert. Ich glaubte nicht, dass ich es jemals erwähnt hatte dass es mein Hauptnahrungsmittel war (es war mir viel zu peinlich und darüber hinaus zog mich immer jeder damit auf).

„Ich weiß nicht. Vielleicht war's der Nutella Mount Everest, der dich verraten hat", zwinkerte sie und deutete in die Richtung, wo sich mein Müll ansammelte.

Vielleicht sehen wir uns wieder? (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt