Entscheidungen

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Mila P.O.V

Man sollte nicht fahren, wenn man etwas getrunken hat. Ich hatte zum Glück nur zwei Tequila und mein Alkoholspiegel hielt sich in Grenzen. Zumindest war ich auf Anhieb nüchtern, als ich den Anrufer gesehen hatte. Ich hatte vergessen, dass es bereits Freitag war und ich fluchte, während ich das Gaspedal durchdrückte. Die Geschwindigkeit war hoch, doch es fühlte sich alles so langsam an. Mein Kopf brummte. Meine Augenlieder waren schwer und mein Griff am Lenkrad war fester als er sein müsste. Die Straßen waren wie leer gefegt und als ich an der roten Ampel stehen blieb flackerte mir das Licht der Straßenlaterne in die Augen. Die Panik überdeckte mein Gefühl der Freude und ich hätte mir so gerne ein besseres Timing gewünscht. Wie gerne wäre ich noch bei Leah geblieben, doch ich konnte nicht. Ich sollte nicht. Meine Gedanken wanderten auf die Kurven von Leahs Körper. Auf ihre unendlich weichen großen Lippen. Auf die Art, wie sie mich geküsst hatte. Hungrig, so als hätte sie ihr ganzes Leben darauf gewartet mich zu küssen. Natürlich war das wie eine Übertreibung, doch es hatte sich so angefühlt. Ihr Körper hatte etwas nach Pfirsich gerochen und ich war gierig nach mehr. Ich wollte nichts mehr in diesem Moment, als ich sie, doch ich wusste, dass das nicht so einfach funktionierte. Denn mein Leben war endlos kompliziert.

Ein Hupen riss mich aus meinen Gedanken und ich drückte erschrocken das Gaspedal. Wie viele Ampeln hatte ich wohl ausgesetzt? Es spielte keine Rolle. Ich steckte in einem Labyrinth meiner eigenen Gedanken und suchte nach keinem Ausweg. Denn dort war es sicher. Ich hatte keine Ahnung, was mich am anderen Ende erwarten würde. Wahrscheinlich nichts Gutes. Deshalb blieb ich lieber Gefangene meiner Gedanken und löste mich erst aus meinem Kopf, als ich die Kreuzung zu meiner Wohnung einbog. Die Geschwindigkeit wurde langsamer, da ich am liebsten niemals ankommen würde. Doch letztendlich parkte ich auf meinem Parkplatz und stellte den Motor ab. Ich wusste nicht genau, wie lang ich im Auto sitzen blieb aber ich es war mir egal. Für mich gab es gerade keine rationalen Wege, auf die ich setzen konnte. Nichts würde zu einem guten Ende führen. Zumindest kein Plan in dem Leah mitinbegriffen war. Ich öffnete die Türe und stieg aus dem Auto. Der Wind hatte nachgelassen und ich richtete mein Kleid zu recht.

Ich wünschte, ich hätte etwas Schlichteres angezogen. Das war nun auch schon zu spät. Ich öffnete die Eingangstür ins Stiegenhaus und der Portier lächelte mir zu.

„Lange Nacht Frau Ahnenhof-Bernard?", fragte er höflich und ich nickte. Ich redete nicht oft mit den Empfangsleuten, deshalb war es nun auch keine große Überraschung, dass ich keine wirkliche Antwort von mir gegeben hatte. Ich war ziemlich reserviert und verschlossen, zumindest bei den meisten Menschen. Leider konnte ich nicht immer meine Fassade aufrecht halten, sonst würde ich jetzt nicht in dem Schlamassel stecken, indem ich mich gerade befand.

Ich stieg in den Lift und sah mich in den Spiegel. Ich seh' aus wie ein Haufen Scheiße. Schluckend richtete ich meine Haare und versuchte meine, etwas verlaufene, Schminke zu recht zu biegen. Danach gab ich meinen Schlüssel in das Schlüsselloch und drehte es zur Seite bevor ich den Knopf zu meiner Wohnung drücken konnte. Ich wohnte im Dachgeschoss wo der Lift auch gleich als Haustüre fungierte. Der Raum war dunkel, als sich die Türen öffneten und ich versuchte so leise wie möglich zu sein.

„Mila? Bist du das?", rief eine bekannte Stimme aus der Küche und ich schaltete das Licht ein. Es hatte keinen Sinn mehr leise und unentdeckt zu bleiben.

„Ja", erwiderte ich knapp und zog mir die Schuhe aus.

Mark betrat das Vorzimmer und verschränkte seine Arme vor der Brust. Seine braunen Haare waren zerzaust und er hatte nur Boxershorts und ein T-Shirt an.

„Wo warst du?" Er bewegte sich nicht vom Fleck und runzelte die Stirn während er mich mit seinem Blick einfing.

„Kundentermin", log ich und versuchte ihn dabei nicht in seine haselnussbraunen Augen zu schauen. Ich war gut im Lügen doch diesmal war ich unvorbereitet. Und ich war ansonsten niemals unvorbereitet. Deshalb fiel es mir auch schwerer als sonst. Verdammt.

Vielleicht sehen wir uns wieder? (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt