Café Latte

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Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich die nächsten paar Tage nicht nach dem Mädchen Ausschau gehalten hätte. Jedes Mal, wenn jemand die Tür öffnete, schoss mein Blick in die Richtung des neugekommenen Gastes. Natürlich war es niemals sie. Meine Aufmerksamkeit war gedankenverloren zur Tür gerichtet, als ich meinen Kopf schüttelte. Ich wusste zwar nicht, was genau mit mir los war, aber mir über eine Unbekannte so viele Gedanken zu machen, sollte nicht eines meiner Probleme sein.

»Tisch sieben. Espresso, Soda Zitrone – oh nein warte. Zwei Mal Espresso, ein Mal Soda Zitrone und eine Cola«, gab Micha mir Anweisungen, als sie auf mich zukam und das volle Tablett auf den Tresen abstellte.

Wortlos bereitete ich die Bestellung vor und legte es auf ihr Tablett.

»Leah. Espresso, keinen Cappuccino! Was ist los mit dir?«

Meine Freundin legte die Tassen wieder auf den Tisch und übernahm die Arbeit, die sie mir davor zugeteilt hatte.

»Ich weiß nicht. Tut mir leid. Ich bin einfach müde.«

»Das sind wir doch alle. In einer Stunde ist dein Dienst zu Ende.«, informierte sie mich etwas barsch und fuhr sofort einfühlsamer fort, als sie sah, wie sich meine Miene verzogen hatte, »Hör zu. Ich weiß dich beschäftigt diese Kaffeesache und ich geb' schon zu, dass das Mädchen gut aussah, aber meinst du nicht, es ist Zeit darüber hinwegzukommen?«

»Was meint du? Ich ... Ich glaube einfach, dass ihr das Buch sehr wichtig war. Du hättest sie sehen sollen. Ich hätte gern einfach die Chance mich dafür zu entschuldigen. Das ist alles«

»Wenn du meinst«, sagte Micha skeptisch und brachte die Bestellungen zum Tisch. Ich nahm mir eines der Cappuccinos, die ich fälschlicherweise vorbereitet hatte, und trank einen Schluck. Es brannte meinen Hals hinunter, aber es gab eine Sache, die ich im Café gelernt hatte, und zwar, wie man schnell einen heißen Kaffee trank. Frau Hollenberg hatte uns verboten Getränke zu konsumieren (außer Leitungswasser, versteht sich), da sie Angst um ihren Profit hatte. Deshalb musste man die Chance ergreifen und den, auf Schwund geschriebenen Kaffee, so schnell wie möglich in sich hinein zu leeren.

Da Micha keinen Kaffee trank, beschloss ich den zweiten Nick zu bringen. Er freute sich immer über Besuche in der Küche. Außerdem erhoffte ich mir im Gegenzug auch etwas zum Essen.

»Oh Madame! Du bist meine Rettung! Ich schlafe gleich ein.«, sagte er mit einem müden Lächeln im Gesicht, welches seine weißen Zähne zum Vorschein brachte, mit denen er locker einen Werbespot für Oral-B hätte drehen könnten. Er blies an der Oberfläche des Getränkes, bevor er vorsichtig einen Schluck nahm. »Schmeckt vorzüglich!«, schwärmte er und deutete danach mit seiner Hand um die Ecke. »Ich weiß, warum du hier bist. Dein Essen liegt bei der Spüle«

Ohne zu zögern, rannte ich auf den Teller mit dem Clubsandwich zu und schob es mir beinahe auf einmal in den Mund.

»Du bijst mmejn Lebnrttr«

»Langsam. Sonst verschluckst du dich noch«, lachte er über meinen Versuch zu reden, während ich aß. Eine Art Klingelton ertönte und Nick wandte sich dem Monitor zu, der sich in der Küche befand.

»Dreizehn Bestellungen?! Mir reicht's. Ich werde heute kündigen«

»Das sagst du jeden Tag.«

»Ich weiß, ich weiß.«

***

Amal (21:20): Club 7Sins in einer Stunde.

(21:23) Mir ist heute nicht nach Feiern.

Vielleicht sehen wir uns wieder? (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt