Elise brachte mich zu einem See in der Nähe der Ortschaft wo sie wohnte. Es war friedlich und man konnte die Vögel zwitschern hören. Die Luft war so viel reiner als in der Stadt und ich atmete gierig den Waldduft ein. Ich legte mich auf den Rücken und blickte auf die vorbeiziehenden Wolken, die den blitzblauen Himmel sichtbar machten. Ich liebte diese Farbe. In unserem Umkreis befanden sich noch ein zwei Menschen, die die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut genossen oder sogar im See schwammen.
Ich spürte wie Elise sich neben mich legte und ich drehte meinen Kopf schief um sie zu sehen. Sie zog gerade genüsslich an ihrer Zigarette und blies kleine Ringe in die Luft. Sie hatte mir früher gezeigt wie es funktionierte, doch ich bekam es nie auf die Reihe.
Elise bot mir die Zigarette an indem sie sie mir entgegenhielt und ich war kurz davor sie in meine Hand zu nehmen, doch ich lehnte ab.
„Brav", grinste sie, bevor sie sie wieder in den Mund nahm und sich von mir wegdrehte. Ich konnte nicht genau sagen warum, jedoch genoss ich ihre Gesellschaft. Wahrscheinlich viel mehr wie ich sollte. Nun verstand ich was es für Mila bedeutet hatte aus ihrer Chaoswelt zu entfliehen. Es fühlte sich wahnsinnig gut und befreiend an.
„Wovon läufst du davon?", fragte Elise leise und losch ihre Zigarette neben sich im Gras ab bevor sie sich zu mir drehte und mir in die Augen sah. Ich schluckte und richtete meinen Kopf wieder in Richtung Himmel.
„Du hast doch niemanden ermordet, oder?"
„Ha-ha sehr lustig", verdrehte ich die Augen und ich sah wie sie sich auf ihren Ellenbogen stemmte um mich anzusehen.
„Ich glaube nicht an Zufälle. Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen und plötzlich tauchst du auf und sitzt armselig in der Bar in der ich arbeite?", lachte sie über die Ironie und strich mir vorsichtig die Haare aus dem Gesicht. Ihre Berührung kribbelte auf meiner Haut und ich verspürte eine innere Unruhe bis sie ihre Hand wieder von mir nahm. Ich war das von ihr nicht gewohnt, schließlich waren wir früher nicht gerade eng befreundet gewesen. Obwohl sie mir vertraut war, wirkte sie fremd und dennoch fühlte ich mich gut in ihrer Nähe.
Diese Tatsache machte selbst in meinem Kopf keinen Sinn.
„Eigentlich bin ich mit dir hierher gekommen, damit ich nicht darüber reden oder nachdenken muss", murmelte ich.
„Okay", seufzte Elise und setzte sich auf. „Willst du schwimmen gehen?"
„Ich habe keine Badesachen da"
„Brauchst du auch nicht"
Mit weiten Augen beobachtete ich wie sie sich vor mir auszog und ich schluckte bei ihrem Anblick in der Unterwäsche. Sie passten zwar farblich nicht zusammen, aber das war ganz und gar nicht worauf ich mich in diesem Moment konzentrierte. Mein Blick wanderte beinahe hungrig über ihren Körper und ich konnte nicht glauben, dass ich solange nicht gemerkt hatte, dass ich auch auf Frauen stehe. Es war so als hätte Mila einen Schalter in mir umgelegt.
Im nächsten Moment drehte sich Elise wieder zu mir um und ich blickte augenblicklich zu Boden. Ich war mir sicher, dass sie gemerkt hatte, dass ich sie angestarrt hatte.
„Kommst du jetzt mit oder nicht?"
Ach was soll's. Ohne ein Wort zu sagen zog ich auch mein graues T-Shirt aus und stand danach aus um aus meiner hellblauen Jeans zu schlüpfen. Ich konnte Elise Blick auf mir spüren während ich mich auszog und ich fühlte mich etwas verunsichert. Schließlich war ihr Körper makellos im Gegensatz zu meinem. Ich versuchte meine Unsicherheit zu verbergen und rannte los Richtung See. Elise war dicht hinter mir und wir sprangen zeitgleich in den See hinein.
Das kalte Wasser umschlang meinen Körper und ich bekam überall Gänsehaut. Ich hatte die Temperatur des Wassers überschätzt. Zitternd bewegte ich mich ziellos im Wasser und hielt aussah nach Elise die ihren Kopf unter Wasser gelegt hatte. Wenn mir nicht so kalt gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich dasselbe gemacht.
„Geht's dir gut?", fragte sie besorgt als sie wieder an die Oberfläche tauchte.
„K...klar", bibberte ich und schlang meine Arme um mich während meine Füße mich über den Wasserspiegel hielten.
„Dein Zittern sagt das Gegenteil", erwiderte sie und schwamm auf mich zu. „Du musst dich bewegen! Dann wird dir wärmer"
Ich folgte ihrem Vorschlag und ließ mich paddelnd durch das Wasser gleiten. Tatsächlich wurde mir schon ein wenig angenehmer und ich sah das kühle Nass mehr als Erfrischung als Last an. Es gefiel mir hier in dieser kleinen Ortschaft. Ich fühlte mich wie in einer Fantasiewelt von der ich nicht loslassen wollte. Warum sollte ich auch? Auf mich wartete bloß das Café Hollenberg, hunderte Erinnerungen an Mila und die Enttäuschung meiner Eltern. Hier erinnerte mich nichts an diese Sachen und ich fühlte mich befreit. Vielleicht brauchte ich eine Auszeit.
„Über was grübelst du nach?", fragte Elise und tauchte kurz unter Wasser um ihre Haare wieder nass werden zu lassen.
„Das ich auf der Stelle hierher ziehen würde, wenn das ginge", seufzte ich und schwamm wieder Richtung dem Steg, damit ich aus dem Wasser rauskonnte.
„Warum tust du's dann nicht?"
„Weil ich eine Arbeit, Wohnung und Freunde habe, die ich nicht zurücklassen kann beziehungsweise nicht möchte"
Ich hob mich mit einem Ruck auf den Steg und setzte mich nieder. Die Sonne schien mir ihren heißen Strahlen auf mich hinab und ich genoss die Wärme die auf meinen Körper rieselte.
„Das kannst du auch alles hier haben. Du kannst in meinem Wohnzimmer schlafen, bei uns in der Bar arbeiten und Freunde findest du hier auch ganz bestimmt"
Ich konnte nicht glauben, dass ich es tatsächlich in Erwägung zog einfach wegzuziehen. Das würde heißen, dass ich von meinen Problemen zu Hause weglief, doch es hörte sich so verlockend an.
„Überleg's dir einfach. Mein Angebot steht", meinte Elise und ich nickte dankbar. Ich war nicht die Person die sich ihren Problemen stellte. Vielleicht würde mir die Landluft gut tun. Vielleicht würde ich hier über alles hinwegkommen können.
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So das war eines der kürzesten Kapitel dieser Geschichte. Die Sache ist die, dass das nächste ziemlich lang sein wird (schätzungsweise) und ich eine Überleitung brauchte :) Ich wollte jedoch nicht alles in einem Kapitel haben, deshalb gehört das auch noch zu "Alte Bekannte". Quasi ein dreiteiliges Kapitel.
Na was denkt ihr? Zieht Leah weg? Geht das überhaupt so einfach? Hmmm.
Dieses Kapitel habe ich Prinzessin1710 gewidmet weil sie eine Zeit lang meine erste Leserin war! Vielen Dank du hast mich motiviert weiter zu machen! :)
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Vielleicht sehen wir uns wieder? (girlxgirl)
ChickLitVorherige Titel: Falling in love at a coffee shop. Leah - ein relativ schüchternes Mädchen, die in einem Café kellnert, um sich ihre Studiengebühren für die Privatuniversität Geld zur Seite zu legen. Eines Tages fällt ihr jedoch ein Mädchen ins Auge...