Ehrlichkeit währt am längsten

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Thomas stand an ihrer Tür. Keiner von ihnen sagte etwas und es herrschte mal wieder dieses Schweigen.
"Hallo" kam es von ihm zuerst.
Steff würde ihm am liebsten in die Arme fallen, denn sie musste sich eingestehen, etwas vermisst hatte sie ihn in der Nacht schon. Aber nach dem, was vor ein paar Stunden passiert war, konnte sie es irgendwie nicht. Sie brachte lediglich ein "Hi" heraus.

"Darf ich hereinkommen?" fragte Thomas vorsichtig und Steff nickte nur.
Sie ging in die Küche und setzte Kaffee auf um wieder klar denken zu können. Thomas kam ihr hinterher und setzte sich ebenfalls. Er überlegte, ob er jetzt anfangen sollte zu reden, denn er hatte das ganze ja eigentlich erst verursacht.

"Du Steff, es tut mir wirklich Leid. Ich wollte das wirklich noch nicht sagen."
Steff sagte erstmal nichts und goss ihnen einen Kaffee ein. Sie setzte sich und guckte ihn lange an.
"Noch nicht?" fragte sie dann. "Also... Ähm... also bist du... oder wie soll ich das verstehen?" sie war verwirrt.
Thomas guckte auf den Boden, nahm einen Schluck Kaffee und fing an zu reden.
"Ich habe da schon drüber nachgedacht. Ja. Ich wollte dir das noch lange nicht erzählen, weil du ja gerade erst verlassen wurdest und dann ist es mir herausgerutscht. Es tut mir wirklich Leid."
Stefanie guckte ihn lange an. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, es war doch ihr bester Freund. Und der empfand jetzt mehr für sie.
Thomas nahm nach einiger Zeit ihre Hände in seine Hände.
"Du bist eine wunderbare Frau. Und ich bewundere dich schon lange. Um genauer zu sein, seit wir uns das erste Mal begegnet sind. Allerdings war es da noch keine Liebe. Es hat sich bei mir so entwickelt mit der Zeit. Und wenn das bei dir nicht so ist, ist das kein Problem. Du sollst dich nicht unter Druck gesetzt fühlen."
Die Sängerin staunte nicht schlecht, denn da gehörte Mut zu, einer Frau so etwas zu sagen. Und dann auch noch seiner besten Freundin. Aber sie glaubte, sie war noch nicht so weit, bzw. wusste sie nichtmal, ob sie sich überhaupt eine Beziehung mit dem Gitarristen vorstellen konnte.

Sie lächelte Thomas an, nahm ihre Hände aus seinen und trank ihren Kaffee weiter, während sie überlegte, was sie jetzt sagen könnte. Auch Thomas griff zu seiner Kaffeetasse. Er war einerseits glücklich, dass es jetzt raus war, was er schon seit Monaten wie ein tief vergrabenen Schatz in seinem Inneren hütete, andererseits war er total verunsichert, was Steff jetzt von ihm dachte, und ob ihre Freundschaft jemals so werden würde, wie sie war. 1000 Fragen quälten ihn und auch Steff saß wie versteinert am Tisch. Hin und wieder hob sie ihren Arm um die Tasse zum Mund zu führen.
Nach einiger Zeit stand sie auf, goss sich eine weitere Tasse ein und fing an zu reden:
"Ich bin definitiv nicht so weit. Dafür ist die Trennung noch viel zu frisch", fing sie an "Außerdem weiß ich nicht ob ich mir eine Beziehung mit dir vorstellen kann. Immerhin bist du mein bester Freund und Bandkollege. Das ist für mich nicht so einfach." Die selbstbewusste Sängerin war immer ehrlich. Auch in dieser Situation. Schließlich war sie davon überzeugt, dass Lügen das Leben nur schwerer machen würden.
Thomas guckte sie lange an und konnte seine beste Freundin verstehen. Er hatte mit einer ähnlichen Antwort gerechnet und er war ganz froh darüber, denn es war keine endgültige Absage. Er guckte auf die Uhr. 3:08 Uhr zeigte diese an. Saßen sie hier schon so lange?! Auch Steff wurde bewusst, dass sie um 7:30 Uhr schon wieder aufstehen musste. Also in genau 4 Stunden und 22 Minuten. Das würde eine kurze Nacht werden.
"Möchtest du hier schlafen?" schlug Steff Thomas vor. Wenn er jetzt nicht mehr unbedingt nach Hause fahren wollte, konnte sie es verstehen.
"Nein danke..." sagte dieser und Steff stutzte. Das hatte er noch nie gesagt. "Ich glaube es ist ganz gut, wenn ich nach Hause fahre. Hannes wird sich sonst morgen früh wundern" redete er weiter. Das war eine Ausrede. Er war sich sicher, dass er seine beste Freundin nach all dem, was heute Nacht zwischen ihnen passiert war einen Moment für sich alleine geben sollte. Sie nickte nur, verabschiedete sich von ihm und legte sich ins Bett. Doch an Schlafen war scheinbar nicht zu denken. Sie wälzte sich von links nach rechts, aber sie schlief nicht ein. Nach dem Kaffee, den sie vorhin getrunken hatte, war das auch kein Wunder. Außerdem dachte sie die ganze Zeit über das Gespräch nach. Um ca. 5:30 Uhr schlief sie dann endlich ein, um 2 Stunden später schon wieder durch den unsanften Ton ihres Weckers geweckt zu werden.

Es war wieder der erste Tag im Proberaum seit längerem für die Sängerin und eigentlich sollte sie sich freuen, doch sie wusste nicht, wie Thomas sich nach der Nacht verhielt und sie war hundemüde, denn sie hatte nur 2 Stunden geschlafen. Auch nach 2 großen Tassen Kaffee wurde das mit der Müdigkeit nicht besser. Sie fuhr mit Kapuzenpulli und Jeans zum Proberaum, wo sie schon von Hannes und Thomas erwartet wurde. Um ehrlich zu sein, sah Thomas genau so mitgenommen aus wie sie.
"Was ist denn los heute?" wunderte sich Hannes. "Ist Vollmond oder so? Ihr seht beide total verschlafen aus."
"Ich bin auch nicht ausgeschlafen. Hab mich heute Nacht durch mein Bett gewälzt und lag die ganze Zeit wach." ging die Sängerin nur kurz auf die Bemerkung des Bassisten ein. Schließlich kam auch Nowi mit 12 Minuten Verspätung zur Tür herein und guckte Thomas und Stefanie genau so an, wie Hannes ein paar Minuten zu vor. Er ging allerdings nicht länger darauf ein.

Sie fingen an und probierten vieles aus, doch bei dem Gitarristen und der Sängerin fehlte jegliche Konzentration.

"Sorry" kam es nach einiger Zeit von Steff "Ich kann mich heute echt nicht konzentrieren. Ich hab die Nacht ziemlich schlecht geschlafen."
"Ist nicht so schlimm", kam es von Nowi. "Sollen wir für heute Schluss machen?"
Die Sängerin nickte nur, denn sie wusste, es würde keinen Sinn mehr machen für heute. Sie ließen alles stehen und liegen, um morgen weiter zu machen und ließen sich mit einem kalten Bier aufs Sofa fallen um über Gott und die Welt zu quatschen.

Nach 3 Stunden verabschiedete sich Steff und fuhr nach Hause. Sie war so müde, also zog sie sich ihre Schlafsachen an und schlüpfte unter ihre Bettdecke. Im Gegensatz zur vorherigen Nacht, schlief sie an dem Abend ziemlich schnell ein.

Problem LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt