Maskenball II - Soukoku

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„Fühlt sich das nicht großartig an?", meinte Dazai einen Tick zu euphorisch, „Du und ich, unterwegs in den Straßen von Yokohama, zwei einsame Wölfe auf der Suche nach einer Zielperson... Ach Chuuya, ich kriege Gänsehaut. Du nicht auch?"

Der Rothaarige sah genervt zu ihm herüber.
„Versuch bloß nicht, mich mit so einem Scheiß um den Finger zu wickeln. Ich übernehme trotzdem nicht die komplette Planung von der blöden Weihnachtsfeier", knurrte er.
Dazai blickte nachdenklich die Straße hinauf.
„Weißt du, ob du's glaubst oder nicht... aber tatsächlich denke ich manchmal wirklich an die alten Zeiten zurück", murmelte er leise.
Chuuya schnaubte nur. „Na sicher."
Wenn du es angeblich so toll gefunden hast, dass du daran zurückdenkst, wieso hast du dann die Mafia verlassen, du Verräter?, dachte er bei sich.

„Favorisiert denke ich selbstverständlich an die Zeit, in der du mein treudoofer Wachhund warst", schmunzelte Dazai. Chuuyas Unglauben war verständlich für ihn, aber wenn er sich vor zwei Minuten noch sicher gewesen war, ein aufklärendes und persönliches Gespräch über seine damaligen Beweggründe mit ihm zu führen, dann hatte er diesen Plan doch durch Chuuyas Abweisung verworfen. Also versteckte er den Ansatz dieses sentimentalen Gespräches hinter einem Scherz - wie immer.
Chuuya sprang direkt darauf an und bellte ihm Beleidigungen entgegen - wie immer.
Und Dazai wünschte sich ab und zu, aus diesem ‚Wie-Immer' ausbrechen zu können.

„Jetzt Spaß beiseite", seufzte er, „Wen soll ich für dich aufspüren?"
Chuuyas vor Wut noch gerötetes Gesicht verzog sich zu einer spöttischen Miene.
„Du fällst hintenüber, wenn du das hörst", meinte er amüsiert und deutete auf eine hüfthohe Mauer neben ihnen, „Willst du dich nicht lieber setzen, bevor du aus den Latschen kippst?"
Dazai seufzte und schwang sich auf die Mauer.
Chuuya unterdrückte ein zufriedenes Lächeln. So waren sie etwa auf Augenhöhe. Es gefiel ihm, dass Dazai nicht mehr auf ihn herabblicken konnte.
Doch sein Lächeln wandelte sich in ein Stirnrunzeln, als Dazai einladend neben sich auf die Mauer klopfte.
„Was?", blaffte Chuuya gereizt, „Du willst doch nicht etwa, dass ich mich mit meinen teuren Klamotten auf dieses dreckige Bakteriennest setze, oder?"
Dazai schürzte vergnügt die Lippen. „Kannst ja deinen Hut als Unterlage nehmen", flötete er belustigt, „So wie der aussieht, war er nicht allzu teuer."

Chuuyas ganze Wut entlud sich, als er lauthals Dazais Namen in den Himmel schrie. Gott verflucht, dieser Mensch trieb ihn in den Wahnsinn!

„Beruhig dich, Kleiner", meinte Dazai und schnalzte mit der Zunge, als würde er einem Hund einen Befehl geben, „und jetzt setz dich. Wir sind noch nicht bei dem Part vom Deal angekommen, der besagt, dass du der Boss bist. Aktuell sind wir bei meinem Gefallen für dich, bei dem ich ja wohl ganz klar tun kann, was ich will. Also: sei brav, mach Sitz."

Chuuya kniff die Lippen zusammen.
Wenn der Hass, den man für eine Person empfand, von dieser verabscheuten Person gespürt werden könnte, würde Dazai nun von innen aufgefressen werden, bis nichts mehr von ihm übrig war.
Sich mit diesem Gedanken beruhigend, nahm er neben dem Dunkelhaarigen Platz.

„Brav. War doch gar nicht so schwer", meinte der Detektiv zufrieden, „Und jetzt raus mit dem Namen. Wer ist die Zielperson?"
Hätte Dazai nicht dieses kleine Lächeln auf den Lippen, Chuuya hätte schwören können, dass er sieben Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt worden wäre. Diese Wörter ausgesprochen in diesem Tonfall - Dazai schien seine alte Mafia-Persönlichkeit wieder anzunehmen.

Chuuya grinste breit.
„Makoto Hirata", raunte er.

Dazais Augen weiteten sich, bevor er die Stirn runzelte.
„Du meinst", sagte er leise, „den Makoto Hirata? Du verarschst mich nicht?"
Chuuya schüttelte den Kopf. Sein Grinsen wurde noch breiter.
Der Fakt, dass Dazai sich an diesen Namen erinnerte, bewies ihm, dass Dazai seine Zeit bei der Hafenmafia noch nicht aus seinem Kopf gedrängt hatte. Die Erinnerungen an diese Periode seines Lebens waren noch vorhanden, lebhaft und miteinander verwoben, dessen war der Executive sich nun sicher. Und er sah so aus, als wäre er immer noch nicht über diesen Namen hinweg.

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