Die Schmerzpatienten
Nachdem ich den ersten Schock verdaut hatte, wollte ich den ersten Patienten ins Zimmer setzen.
„Herr Müller, bitte." Der Patient stand von seinem Stuhl im Wartezimmer auf und kam mir entgegen. „Guten Tag.", sagte er und ich stammelte ein leises „Hallo" hinterher. Wir liefen ins Behandlungszimmer, der Patient setze sich auf den großen Behandlungsstuhl und ich legte ihm eine Serviette um. „Was haben sie denn für Schmerzen, Herr Müller?", fragte ich ihn. Ich hoffte, dass er nur eine Kleinigkeit hatte und es keine große Behandlung werden könnte. „Mein Zahn im Unterkiefer links tut mir beim Kauen weh." „Seit wann?", fragte ich ihn um bessere Informationen von ihm zu erhalten. „Seit einer Woche jetzt." - „Seit einer Woche? Wieso sind sie nicht eher gekommen?" - „Ich war die Woche auf Montage und konnte nicht eher kommen.", sagte der Patient und schaute mich mit seinen großen Augen an. Wegen solchen Aussagen hasste ich Notdienste. Es kamen meistens Patienten, die unter der Woche einfach zu faul waren zum Zahnarzt zu gehen. Sie kamen meistens dann erst, wenn schon Alarmstufe Rot war. „Okay, dann schauen wir gleich mal. Ich sag dem Arzt eben Bescheid. Einen kleinen Moment bitte noch.", sagte ich dem Patienten und er nickte mir zu.
Ich schloss die Tür vom Behandlungszimmer und lief den Gang entlang zu Felix' Büro. „Patient sitzt. Ich denke mal, dass es eine Wurzelkanalbehandlung wird. Patient hat Beschwerden beim Kauen und der Zahn ist stark druckempfindlich.", informierte ich Felix. Er hob sein Blick vom Handy, legte sein Handy bei Seite und stand auf. „Okay, dann wollen wir mal.", er kam zu mir und legte seine Hand auf meine Schulter. „Letzter Patient für heute, wenn nicht noch ein Notfall reinkommt.- „Dann musst du wohl mal eine Behandlung etwas schneller verziehen, damit ich noch zum Festival kann.", meinte ich und grinste ihn hoffnungsvoll an. „Du machst mich echt schwach, Helene. Weißt du das eigentlich?", er schaute mir tief in die Augen und kniff mich in die Wange. „Aua.", dachte ich und lief dem angestellten Zahnarzt den Gang ins Behandlungszimmer hinterher. Mitten im Gang blieb Felix auf einmal Stehen. „Du bist doch bestimmt wieder froh, wenn deine Ärztin wiederkommt und ihr wieder zusammen arbeitet, oder?" Ich schaute zu ihm auf. Eigentlich arbeite ich nie bei ihm in der Behandlung, sondern bin die erste Assistenz bei unserer anderen angestellten Zahnärztin Laura. „Ich arbeite doch auch gerne mit dir.", sagte ich zu ihm. „Nur bei Laura ist es halt schon eingespielt." - „Ja, das verstehe ich." Wir gingen zusammen ins Behandlungszimmer und zogen unsere Behandlung durch. So wie ich es vorausgesagt hatte, wurde es eine Wurzelkanalbehandlung an einem Backenzahn. Während der Behandlung schaute ich immer wieder automatisch auf die Uhr und checkte die Uhrzeit. Es war jetzt genau 17:30 Uhr. Noch eine halbe Stunde und unser Notdienst wäre vorbei und ein anderer Zahnarzt würde die Stellung halten. Es klopfte an der Behandlungstür. Karla kam herein und stammelte: „Tut mir leid, da hat jemand noch angerufen. Scheint so als hätte der Patient ein Frontzahntrauma. Darf er noch vorbeikommen?" - „Ja klar. Er kann sich direkt auf den Weg machen.", antworte Felix prompt Karla. Sie schaute zu mir und zuckte mit den Schultern. Ich wusste direkt, dass ihre Körperhaltung ein „Tut mir Leid" ausdrückte. Mir war klar, dass Felix sofort ja sagen würde. Er genoss sichtlich den Notdienst mit mir. "Nicht dein Ernst, oder?", sagte ich zu Felix. "Tut mir leid, was soll ich machen? Schmerzpatient ist Schmerzpatient. Wir sind nun leider verpflichtet.", grummelte er und hob den Kopf, "Gib mir mal die Nervnadel, bitte." Ich gab ihm die Nervnadel und sah ihm dabei zu, wie er den Wurzelkanal eines Backenzahnes suchte. "Na endlich.", stöhnte Felix auf und war sichtlich erleichtert, dass er den Übeltäter des Zahnes gefunden hat, "Wir sind fertig."
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Wincent Weiss - Irgendwie Anders
ФанфикHelene, 25, wohnt in Berlin und ist zahnmedizinische Fachangestellte. Sie wollte eigentlich ein Festival mit ihren Freunden besuchen, bis sie zu einem Notdienst an einem Samstag verdonnert wird. Nur diesmal ist dieser Notdienst ein Anderer als die a...