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"Helene, was ist los?", fragte ich sie fordernd und wurde tatsächlich auch ein bisschen lauter im Ton. Sie schluchzte weiterhin und vergrub ihr Gesicht immer mehr in ihren Händen. "Es tut mir einfach so leid!", murmelte sie. Helene lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil und hob ihren Kopf hoch. "Es tut mir so leid." Über ihr Gesicht liefen Tränen, diese sammelten sich schon an der Innenseite ihrer Brille. "Was ist denn los?" Ich setzte mich zu ihr aufs Bett und legte eine Hand auf ihr Knie. Sofort zog sie ihr Knie weg und schlang ihre Arme um ihre Beine. Ihre Brille legte sie zu Seite und schaute mich weinerlich an. "Was ist passiert? Hat Felix dir was angetan?", fragte ich sie erneut. Sie schaute mich verzweifelt an, sagte aber nichts. Es herrschte ein paar Minuten Stille im Raum. "Sag Bescheid, wenn du reden möchtest.", sagte ich zu ihr. Ich setzte mich auf den Boden, lehnte mich gegen das Bett und wartete ab.

Ich wäre fast im Sitzen eingeschlafen, als ein Geräusch von Helene kam. "Ich muss dir was erzählen.", fing sie an. Ich schreckte direkt auf und schaute mich nach hinten zu ihr um. Mein Arm legte ich auf das Bett ab und schaute sie erwartungsvoll an. Sie hatte immer noch Tränen in den Augen. "Wincent..", stammelte sie, "Ich bin heute Morgen in Felix' Bett aufgewacht." Mein Gesicht verlor völlige Emotionen. "Was?", rief ich. "Es tut mir voll leid. Ich war so betrunken, ich kann mich an den kompletten Abend nicht mehr richtig erinnern. Ich weiß nur noch, dass mich alle nach dem Auto gefragt hatten. Alle spekulierten wegen dem blöden Auto. Wieso hast du mir das Auto nur gegeben?", sagte sie in einem lauteren Ton. "Moment mal. Du gibst mir jetzt die Schuld daran, dass ich dir mein Auto geliehen habe? Du bist neben deinem Ex-Freund aufgewacht. Hattet ihr Sex oder was?", fragte ich energisch nach. Helene schüttelte mit dem Kopf. "Ich weiß es nicht.", stammelte sie und fing wieder an zu weinen. Ich stand auf und lief in dem kleinen Schlafzimmer auf und ab. "Du weißt es nicht? Hast du denn noch Gefühle für ihn?", fragte ich sie. "Ich weiß es nicht." Direkt erstarrte ich und strich mit beiden Händen durch meine Haare. "Es tut mir so leid, Wincent. Ich liebe dich, aber die Vergangenheit mit Felix kommt wieder hoch." Das Mädchen, was ich liebte, sagte mir gerade, dass sie nicht wüsste, ob sie noch Gefühle für ihren Ex-Freund hatte. Ich packte meinen Rucksack, schulterte ihn um und ging zur Wohnungstür. "Wohin gehst du?", rief sie mir hinterher. "Weit weg von dir!", rief ich zurück und schloss die Wohnungstür im lauten Knall hinter mir.

Ich setzte mich in mein Auto und fuhr zu Amelie ins Büro. Natürlich rief ich sie vorher noch an, um mich zu vergewissern, dass sie vor Ort ist. "Hey, Wincent.", nahm sie das Telefonat entgegen. "Moin, bist du gerade noch im Büro?", fragte ich sie durch die Lautsprecheranlage im Auto. "Ja, bin ich. Wieso?" - "Haben wir noch ein paar Autogramme zum unterschreiben? Wäre in 10 Minuten dort." - "Ja, haben wir. Was ist denn los?", fragte sie verwundert. "Erklär ich dir später, bis gleich.", beendete ich das Telefonat und fuhr rasanter durch Berlins Straßen.

Auf der Straße, mitten in Berlin, angekommen, stellte ich mein Auto in der Tiefgarage ab und fuhr mit dem Aufzug in die 7. Etage des Hauses. Mir gingen so viele Gedanken durch den Kopf.  "Hat Helene mich betrogen? Schenke ich ihr nicht genügend Zeit? Hat sie mich nur ausgenutzt?" Diese Gedanken schossen mir alle durch den Kopf und machten mich ziemlich nachdenklich. Ich klingelte an der Wohnungstür und Amelie machte rasch die Tür auf. "Hey.", lächelte sie mich an. "Hey.", stammelte ich und betrat das Büro. Bailey, Amelies Hund, begrüßte mich ebenfalls und ich gab mich augenblicklich diesem Hund hin. "Ach, Bailey.", murmelte ich, "Ihr seid wenigstens immer treu." Bailey legte sich auf den Rücken und ich fing an ihn zu kraulen. "Was ist los, Wincent? Du kommst sonst nicht freiwillig zum unterschreiben. Was ist passiert?", fragte Amelie direkt. Ich lies von Bailey los, ging zum Sofa und setzte mich. Mein Kopf lies ich sofort auf die Lehne nach hinten fallen. "Helene hat die Nacht bei ihrem Ex-Freund geschlafen.", preschte ich direkt raus. "Bei ihrem Ex-Freund?", fragte Amelie nach. "Ja, bei ihrem Ex-Freund. Sie war auf der Party so betrunken, dass sie am nächsten Morgen bei diesem Felix im Bett aufgewacht ist." Ich richtete mich auf und legte meine Ellenbogen auf meinen Knien ab. "Sie hat es mir erst vorhin erzählt, als das Arschloch vor der Tür stand. Ich glaube, dass er sich aus dieser Nacht noch was erhofft." Amelie setzte sich gegenüber von mir und legte ihre Hand auf mein Knie. "Habt ihr denn darüber geredet oder bist du gegangen?" Ich lehnte mich zurück und ließ mein Kopf in den Nacken fallen. Amelie kannte mich nun sehr gut und sie wusste genau, dass ich gegangen bin. "Du kennst mich. Ich renne vor jedem Konflikt weg. Ich habe meinen Rucksack genommen und bin einfach gegangen." - "Du Idiot. Du verbaust dir das auch alles selber. Vielleicht war das einfach ein großes Missverständnis." - "Missverständnis? Sie wusste doch selber nicht mehr, was in der Nacht passiert ist. Ich glaube, dass sie ihn noch liebt. Sie konnte mir darauf auch keine richtige Antwort geben." - "Und jetzt?", fragte Amelie und schaute mich betrübt an. "Du hast mit Helene den absoluten Glücksfang. Rede doch noch einmal mit ihr." - "Ich brauch Zeit. Jetzt lass uns mal ein paar Autogramme schreiben." Wir standen auf und gingen zum Schreibtisch, wo ein Stapel jungfräuliche Autogrammkarten lagen.

Wincent Weiss - Irgendwie AndersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt