„Wir gehen einfach mit allem mit, was der Andere sagt, ja? Immer mitspielen und die Situation annehmen, die der andere spinnt, okay?", frage ich ihn, während wir wenige Minuten später wieder auf der Straße sind und zu der Praxis laufen.
„Klingt logisch, wir schaffen das schon", meint er, „Ich will das Geld, du willst das Geld. Wird einfach und ich freue mich, wenn ich ein wenig meine Aggressionen an jemand Fremdes ablassen kann."
Okay, wow, danke. Da freue ich mich aber drauf, aber er hat vermutlich Recht. Es wird erfrischend sein, jemanden anzumeckern für Sachen, die er nicht wirklich getan hat, nur um seine negativen Gefühle herauszulassen.
„Also sind wir uns einig, dass wir uns hierfür anstrengen?", fragt er mich und schaut prüfend auf mich herab. Ich beginne mich wieder leicht eingeschüchtert von ihm zu fühlen, aber, statt das Gefühl auf mich wirken zu lassen, recke ich mein Kinn und werde selbstbewusster.
„Natürlich."
„Gut, dann komm", sagt er zufrieden und plötzlich spüre ich, dass seine Hand meine berührt und sich seine langen, dünnen Finger zwischen meine schieben, was ich kommentarlos zulasse, „Komm, Schatz, Therapie ruft."
Er öffnet die Tür zu dem Häuserkomplex und zieht mich mit sich herein ins klimatisierte Gebäude. Ich rümpfe die Nase, als er mich Schatz nennt. Weniger, weil er es tut, denn es war eindeutig ironisch gemeint, aber ich mag den Spitznamen einfach nicht. Es hat etwas so Altbackenes an sich, mir gefällt es nicht. Das bekommt er natürlich sofort mit, als er auf den Knopf für den Fahrstuhl drückt und mich anschaut dabei.
„Schatz gefällt dir wohl nicht, mhm?"
„Nein, ehrlich gesagt, ist mir das peinlich."
Er lacht und ich schmunzle. Sein Lachen ist perfekt. Es ist melodisch, dabei aber tief und etwas kratzig, aber angenehm.
„Was magst du dann?"
„Ähm-", stammle ich und irgendwie wird es mir plötzlich peinlich ihm sowas zu sagen. Zum Glück kommt gerade der leere Fahrstuhl an und erlöst mich immerhin kurz von einer Antwort.
„Jaja, okay, Dann bist du einfach Lai, klar? Kein Kosename für dich", sagt er dann einfach, während ich auf den Knopf diesmal drücke. Überrascht wirble ich zu ihm herum und mustere sein Gesicht, doch das ist blank, mal wieder.
„Lai?"
„Adi oder Laine sind bestimmt Spitznamen, die du öfter hast, oder?"
„Ja."
„Siehst, und ich bin doch dein Freund. Du bist was Besonderes für mich", erklärt er und schaut mir tief in die Augen, während seine freie Hand plötzlich an mein Kinn greift und ich seinen Daumen über die Haut meines Kiefers streichen spüre, was eine kleine Gänsehaut auslöst. Ich starre ihm zurück in die dunklen Augen und schaue ihm emotionslos dabei zu, wie er arrogant zu Lächeln beginnt, aber seine Hand zieht er keines Falls zurück.
„Und du?", frage ich mit etwas trockener Stimme, „Kosename? Turn on oder off?"
„Turn on, aber nur beim richtigen."
„Willst du ihn mir verraten?"
„Willst du mich in der Therapie etwa damit heiß machen?", fragt er mich fast flüsternd, nachdem er sich leicht vorgebeugt hat und ich seine Lippen sogar leicht an meinem Ohr gespürt habe. Ich werde nicht rot, das werde ich selten. Das gibt Minho immerhin nicht den Sieg, den er sich erhofft hat, als er wieder Abstand von mir nimmt, nur noch meine Hand locker hält, aber mich trotzdem noch anstarrt.
Ich sage nichts, rolle nur mit den Augen über ihn und konzentriere mich auf Fahrstuhltüren, die sich gerade öffnen. Diesmal ziehe ich Minho leicht mit mir direkt zu dem Empfang der Praxis. Dort sitzt Samuel und noch Andere, die eher auf dem Sprung zu sein scheinen. Samuel dagegen sitzt ruhig in seinem Bürostuhl, aber telefoniert gerade mit einem vermeintlichen Patienten. Solange wir vor dem Tresen stehen, schaue ich mich in der Praxis um, die riesig scheint. Im Internet habe ich gelesen, dass hier nicht nur der Dr. Hirel arbeitet, sondern er noch andere Ärzte beschäftigt. Trotzdem habe ich nicht erwartet, dass es hier so riesig sein würde und, vor allem, so luxuriös. Aber ich beschwere mich keineswegs, denn das bedeutet immerhin, dass es einige Bequemlichkeiten geben wird. Nach noch wenigen Sekunden legt Samuel auf, tippt schnell etwas in den Computer und schaut uns dann mit einem Blick an, der mich erstaunt. Schaut man ihn an, würde man nicht wissen, dass er uns kennt. Verdammt, er ist gut.
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strange[r] love
RomanceAdelaine und Minho. - a strange love between two strangers- Zwei Menschen, die sich niemals kennengelernt hätten. Zwei Menschen, die das Schicksal so nicht füreinander vorgesehen hat. Adelaine, eine hart arbeitende Studentin mit zwei Jobs, um sich...