Kapitel 17 - berlin night fever

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„Was machen wir heute Abend?", fragt mich Minho gerade und den Blick, dem ich ihn zuwerfe, er könnte nicht nervöser und schuldbewusster sein. Ich weiß noch immer nicht, wie ich es ihm sagen soll. Denn ich bin mir ganz sicher, dass mir seine Reaktion nicht gefallen wird, egal wie sie sein wird. Wenn er wütend auf mich wird, dann macht es auch mich wütend, weil er kein Anrecht darauf hat wütend zu sein, ist es ihm jedoch egal, macht es mich dennoch wütend, denn wie kann es ihm egal sein? Aber ich muss es ihm langsam sagen. Es ist Dienstag am späten Nachmittag und so langsam müsste ich mich fertigmachen. Ich schaue Minho aber nur weiterhin nervös an und bekomme einfach einen fragenden Ausdruck zurück.

„Ich kann heute Abend nichts mit dir unternehmen, sorry", fange ich erst mal an. Vielleicht stellt er ja keine Nachfragen an und ich komme ganz leicht aus der Geschichte wieder raus. Als ich ihm aber sage, dass ich keine Zeit für ihn habe, merke ich, dass alleine das ihn schon etwas erschüttert, wenn er auch versucht, es sich nicht groß anmerken zu lassen. Ich atme unauffällig durch. Okay, ich komme da nicht einfach so raus und einen Streit gibt es vermutlich auch. Denn Minho schlief jetzt schon seit zwei Tagen bei mir in meinem Zimmer und in meinem Bett. Es ist komisch, ich gebe es zu. Neben ihm aufzuwachen, wenn er essen mitbringt oder mit Vincent scherzt, der genauso narzisstisch ist, wie Minho eben manchmal ist. Und fast das unangenehmste dabei ist, wir beide wissen, dass die Situation komisch ist. Er wird vermutlich wissen, dass ich die letzten beide Tage die erste Vorlesung immer ausfallen lassen habe, nur damit wir nicht zusammen mit der Bahn zur Uni fahren müssen oder dass ich extra gestern Abend die Jungs zu einem Filmabend bei Vincent im Zimmer eingeladen habe, nur damit ich mit Minho nicht so alleine bin. Denn, ehrlich gesagt, dass er hier wohnt, fühlt sich an, als wären wir zusammen. Mein Zimmer, mein Bett und einfach alles, was er berührt, es riecht nach ihm und den Geruch wird man einfach nicht mehr los. Genauso, wie mein Zimmer jetzt so aussieht, als würde er immer dort wohnen. Sein Ladekabel steckt in der Steckdose, seine Bücher, die er den Tag über nicht braucht, liegen auf meinem Schreibtisch, die frische Wäsche auf meinem Bett, wenn er seine Tasche durchkramt, und sein Parfüm auf dem Nachtisch, nachdem er es wohl nur mal kurz gebraucht zu haben scheint. Alles hat Minho eingenommen und irgendwie scheint es so zu wirken, dass er mich braucht. Er ist in einer schwierigen Situation, praktisch obdachlos, verzweifelt und ich bin eben sein Halt. Bei diesem Gedanken, fällt es mir noch schwerer ihm zu sagen, dass ich heute Abend ein Date mit Felix habe.

Als ich gestern aus dem Haus bin, um auch endlich zur Universität zu kommen, hatte er mich nämlich angerufen.

„Hey, wie geht's dir? Wir haben lange nicht mehr geredet, das tut mir leid", ging ich mit überraschenderweise fröhlicher Stimme ran, „Ich wollte dich anrufen, hatte aber zu viel Stress."

„Adelaine, stress dich nicht so", sagte er beruhigend zu mir, als ich über die Straße ging und schaute, ob mein Bus schon da ist, „Ich hatte auch viel zu tun. In der Firma geht's auf einmal total ab, naja."

„Das ist scheiße", kommentierte ich nur und hörte ein zustimmendes Brummen am Ende der Leitung, was mir durch den ganzen Körper ging.

„Ich musste jeden Tag an dich denken, in jeder freien Minute. Ich muss dich sehen, Adelaine", sagte er dann und fast wäre ich gestolpert, als ich in den Bus stieg.

„Wann und wo?", fragte ich einfach nur.

„Morgen Abend. 20 Uhr im Puro Sky", antwortete mir und erwähnte die Bar in der wir oft waren.

„Super, ich freue mich, wirklich", erwiderte ich und lächelte in mich herein, während ich so im Bus stand, mich mit der linken Hand festhielt und mit der Rechten mein Handy an meine Wange presste.

„Ich kann es kaum erwarten", sagte er nur und klang verschwörerisch, was mir verriet, dass er eindeutig Pläne für heute hat. Statt mich zu sorgen, wie ich Minho sagen sollte, dass ich ein Date habe, statt mich zu sorgen, wie ich eine Balance zwischen beiden Männern finde oder wie ich verhindere, dass mich Felix heute verführt, freute ich mich gestern einfach auf den Abend und konnte weiterhin nur in mich hereinlächeln.

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