Kapitel 6 - therapy homework

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Als ich Mittwoch wieder in der Bahn sitze, um zu der Therapie zu kommen, denke ich an die letzte Woche. Eigentlich ist nach Samstag nichts mehr groß passiert. Immerhin hatte ich viel zu lernen und mich auch um Benny zu kümmern, dem ich als Liebeskummer-Expertin diene. Mit beidem habe ich eigentlich kein Problem, aber langsam bemerke ich, wie langweilig es gewesen ist. Wenn ich dran denke, dass ich jetzt in der Therapie ein Leben vorlüge, das irgendwie spannender ist, als mein Jetziges, dann werde ich schon etwas traurig. Aber, ach egal, immerhin ist mein Leben spannend genug, damit ich sagen kann, dass ich bezahlt werde, um jemandes Freundin zu sein.

Als ich zu dem Gebäude mit der Praxis laufe, da kann ich Minho schon von Weiten sehen. Ehrlich gesagt, dachte ich erst nicht, dass er es tatsächlich ist. Immerhin steht hier jemand mit komplett schwarzen Look, einer dunklen Sonnenbrille und rauchend. Ich hätte nie gedacht oder erwartet, dass Minho raucht. Als ich ihm näherkomme, da sehe ich, dass er sein Handy in der Hand hält und verärgert darauf rum tippt. Oh, er scheint wohl schlechte Laune zu haben. Deshalb bemerkt er mich wohl auch nicht, als ich neben ihm auftauche. Ich sage nichts und stehe einfach nur neben ihn. Ich mustere ihn und bin plötzlich überrascht. Er trägt eine Folie knapp unter seiner linken Ellenbeuge. Ich erkenne diese Art von Folie, die bekommt man, nachdem man ein Tattoo gestochen bekommt. Ich mustere es näher und erkenne, dass es erneut irgendein koreanisches Wort ist. Gut zu wissen, dass er ein Neues hat.

„Hey!", sage ich laut und er zuck tatsächlich leicht zusammen. Er dreht sich zu mir und schaut mich an. Jedenfalls denke ich das, denn ich kann seine Augen nicht sehen. Minho steckt seine Zigarette zwischen die Lippen, damit er beide Hände freihat. Erst steckt er sein Handy in die Hosentasche, dann legt er plötzlich einen Arm um meine Hüfte und zieht mich in eine lockere Umarmung, die ich gar nicht richtig verarbeiten kann, weil sie mich so überrascht. Ich bin noch immer erstarrt, als er sich löst.

„Hey, alles gut bei dir?", fragt er mich, atmet den Rauch aus und schnippt dann den Zigarettenstummel weg, den er mit seinem Schuh noch platt tritt. Ich beobachte ihn dabei nur und bin etwas eingenommen von ihm. Ich kann nicht leugnen, dass er dabei unglaublich gut aussah.

„Ja, ja, alles gut", meine ich, nachdem er mich extra fragend anschaut und frage ihn dann, ob es ihm auch geht.

„Klar."

„Neues Tattoo?", frage ich ihn und deute darauf.

„Jo, Montag gestochen. Solltest vielleicht wissen."

„Darf ich wissen, was dasteht?"

„Hol dir ein koreanisches Wörterbuch und schlag es nach", sagt er angepisst und ich weite die Augen. Okay, Minho hat wirklich richtig schlechte Laune. Das wird eine echt tolle Stunde. Ehrlich gesagt, heute habe ich wenig Lust und Kraft mich mit jemanden zu streiten. Aber ich denke, das wird heute unvermeidbar sein. Ich rolle jetzt einfach die Augen über ihn und wende mich schnaubend ab. Ich öffne die Tür zu dem Gebäude und trete ein, ohne darauf zu achten, ob er hinterherkommt. Ich laufe einfach weiter und drücke den Knopf zum Fahrstuhl. Da taucht auch Minho neben mir auf, aber bleibt still. Als der Fahrstuhl kommt, ist er leer, was mir gar nicht gefällt, denn jetzt müssen wir miteinander sprechen, oder nicht. Wahrscheinlich eher nicht, immerhin ist Minho meine Begleitung. Der Fahrstuhl ist groß, aber Minho entscheidet sich natürlich dazu, dass er sich direkt neben mich stehen muss, sodass ich erneut seinen Körper an meinem spüre.

„Musst du mir so auf die Pelle rücken?", frag ich ihn entgeistert und schaue ihn an.

„Du bist doch meine Freundin", antwortet er trocken und auf seine Ironie könnte ich echt verzichten.

„Ach, leck mich", gifte ich zurück und wende mich wieder ab. Er lacht leise darüber in sich hinein, deshalb kreuze ich meine Arme vor der Brust und schaue ihn verärgert an.

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