Ich wache sehr früh auf. Als ich auf die Uhr an der Wand schaue, ist es erst halb sieben. Mühsam richte ich mich auf und gähne, während ich neben mich blicke. Felix liegt auf dem Bauch und zeigt mir seinen nackten Rücken, während er den Kopf tief ins Kissen drückt. Ich wundere mich, dass sein Wecker uns noch nicht lautstark aus dem Schlaf gerissen hat. Normalerweise klingelt der um sechs Uhr. Vielleicht ist das eine Sache, die sich verändert hat. Ich blicke jetzt auf mein Handy und entdecke keine relevanten Nachrichten. Keine von Minho. Vielleicht hat er nicht gemerkt, dass ich gestern nicht nach Hause gekommen bin. Das würde mir einiges erleichtern. Ich sollte gehen, damit ich noch eine Chance habe ungestraft davon zu kommen. Vorsichtig steige ich aus dem Bett und gehe nochmals an Felix Kleiderschrank. Ich hole eine Jogginghose hervor, die eigentlich ein Fehlkauf von ihm gewesen ist. Sie ist ihm zu eng und auch zu kurz. Er hat sie nur behalten, weil ich sie mochte, auch wenn sie mir dennoch zu lang gewesen ist. Dass er sie noch immer hat, lässt mich lächeln. Schnell ziehe ich sie an, kremple die Hosenbeine hoch und greife nach meinem Kleid auf dem Boden. Ich habe es über dem Arm, als ich zu Felix an die Bettseite trete. Ich lehne mich über ihn, vergrabe meine eine Hand in seinen Haaren und die Andere lege ich auf sein Kreuz. Sanft hauche ich ihm einen Kuss auf die Wange, woraufhin seine Augen leicht flattern.
„Felix", flüstere ich und bekomme ein tiefes Grummeln zurück, „Ich muss gehen. Danke für alles. Ich schreibe dir, okay?"
Erneut nur ein Grummeln. Ich grinse darüber. Er war noch nie ein Morgenmensch. Ich wuschle ihm kurz durch die Haare und tapse dann leise durch das Schlafzimmer. Schnell schlüpfe ich in meine High Heels, die natürlich jetzt gar nicht zum Outfit passen, stopfe mein Kleid in die Handtasche und schlüpfe aus der Wohnungstür. Schnell mache ich mich auf den Weg nach unten, wo ich erleichtert bin, dass kein neugieriger Portier heute Dienst hat. Auf dem Weg zur U-Bahn schaue ich dann, ob zufällig ein Uber in der Nähe ist, der mich schnell mitnehmen kann. Ich habe Glück und buche ihn schnell. Keine fünf Minuten später sitze ich ihm Uber und bin erleichtert, nicht mit der Bahn quer durch die Stadt zu müssen. Vielleicht komme ich so auch früher nach Hause.
„Wo warst du die ganze Nacht?", greift mich Benny sofort angepisst an, kaum als ich durch die Tür bin, weshalb ich nicht mal richtig reagieren kann, „Du lässt ihn bei dir im Bett schlafen, haust dann aber ab, um mit jemand anderem zu schlafen?"
„Lass mich in Ruhe, Benny. Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen", sage ich genervt. Ich habe plötzlich Kopfschmerzen, bin todmüde und weiß selber, dass ich mich blöd benommen habe. Aber ich habe Minho gegenüber keine Verpflichtungen. Wir sind Freunde. Er sollte sich für mich freuen, dass ich ein Date hatte.
„Sag das Minho."
„Ist er schon wach?", frage ich interessiert und schlüpfe endlich aus meinen Schuhen.
„Dachtest du, er merkt es nicht, dass du die Nacht weg warst? Er ist schon vor einer Stunde weggegangen. Ins Fitnessstudio", erklärt mir Benny und ich nicke nur, „Er sah wütend aus. Und ich meine wirklich wütend."
„Wir sind Freunde, das hat er gestern so gesagt, bevor ich gegangen bin. Wenn er doch anders fühlt, muss er es mir sagen. Ansonsten ist es nicht mein Problem", informiere ich Benny einfach und lasse ihn einfach stehen. Ich schmeiße meine Zimmertür hinter mir zu, weil ich sauer bin. Vor allem auf Benny, aber auch ein wenig mit mir.
Dennoch, Minho hat mir ganz genau gesagt, dass wir Freunde sind, also sollte er sich auch wie ein Freund verhalten. Eifersucht oder Wut sind beide fehl am Platz. Von den vielen Gedanken erschöpft falle ich in mein Bett und mir klappen fast schon sofort die Augen zu. Nach nur wenigen Momenten bin ich tatsächlich fest eingeschlafen.
Minho kommt aus dem Fitnessstudio nicht wieder. Ich vermute, er wird danach direkt zur Uni gefahren sein. Die Uni muss ich heute sausen lassen. Nachdem ich wieder aufgewacht bin, hat meine letzte Vorlesung für den Tag bereits begonnen. Es hätte also sowieso nichts genutzt mehr hinzufahren. Stattdessen arbeite ich die Vorlesungen von heute Morgen nach und bereite mich dann mental auf die heutige Therapiestunde mit Minho vor. Vor allem, aber eher auf meine Widerbegegnung mit Minho. Ich glaube zwar nicht, dass er das Thema mit Felix ansprechen wird oder mir seine wahre Meinung dazu mitteilen wird, aber ich weiß mit Sicherheit, dass er mich spüren lassen wird, wie sauer er ist. Da ich mich leider nicht davor drücken kann und es ja auch eigentlich besser ist, wenn ich mit Minho so schnell wie möglich wieder alles normalisiere, gehe ich rechtzeitig von zuhause los. Minho war noch immer nicht wieder hier, aber ich weiß trotzdem, dass er da sein wird.
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strange[r] love
RomanceAdelaine und Minho. - a strange love between two strangers- Zwei Menschen, die sich niemals kennengelernt hätten. Zwei Menschen, die das Schicksal so nicht füreinander vorgesehen hat. Adelaine, eine hart arbeitende Studentin mit zwei Jobs, um sich...