Ich sitze neben Minho im Auto und laut meinem Handy sind wir nur noch eine Stunde von Berlin entfernt. Ich schätze mal, dass die rechtliche Fahrt noch genauso stumm weitergehen wird wie sie angefangen hat. Aber das stört mich kaum. Minho und ich scheinen beide in Gedanken zu sein und nach gestern ist das auch vollkommen okay. Ich denke ständig daran, wie es sich angefühlt hat in seinen Armen zu schlafen und auch so aufzuwachen. Immer wieder durchströmt mich dieses glückliche Gefühl, wenn ich daran denke, dass Minho nicht nur mit mir schlafen wollte, sondern Zuneigung zu geben hatte. Auch wenn meine Gedanken immer wieder zu dem Kuss abgleiten, beschäftigen sie sich viel mit dem, was passiert, wenn wir aus diesen Ferien wiederkommen. Wenn wir zurück in unserer Realität sind. Ich frage mich, ob Minho jetzt wieder genug Energie für sein Leben hat, ich frage mich, ob er jetzt wieder etwas glücklicher ist. Vor allem aber hoffe ich für ihn, dass seine Eltern ihm das Leben jetzt nicht zur Hölle machen werden, nur, weil er mal eine kurze Auszeit brauchte. Sie werden es wohl verstehen müssen. Immerhin kann man es ja eh nicht mehr rückgängig machen. Vielleicht schaffen sie es ja jetzt mal ordentlich miteinander zu sprechen und fangen an ihren Sohn mal verstehen zu wollen. Es würde mich total für ihn freuen.
„Bist du genauso froh, wie ich, dass wir diesen Trip gemacht haben?", fragt mich Minho irgendwann, als wir schon auf der Stadtautobahn sind. Er schaut mich abwartend an und legt sogar seine Hand auf meinen linken Oberschenkel. Die Stelle wird sofort heiß und prickelt.
„Wenn es dir jetzt bessergeht, dann ja", antworte ich und lächle ich an, „Hauptsache du hattest deine verdiente Pause und kannst jetzt neu angreifen."
„Mir geht's besser, als je zuvor", erwidert er mir, lächelt und zwickt meinen Oberschenkel kurz, bevor er wieder beide Hände ans Lenkrad legt.
„Werden deine Eltern sehr sauer auf dich sein?", frage ich nun vorsichtig. Minho versteift sich kurz und grummelt dann kurz irgendwas. Er bleibt einige Momente still, bevor er antwortet.
„Sind sie bestimmt, aber das geht vorbei, wie immer. Sie brauchen mich ja doch", erklärt er mir nun neutral, „Als ihr Arbeitssklave."
Jetzt scherzt er, aber so richtig ernst meinen scheint er es nicht. Er beginnt mir leid zu tun. Er will und kann auch gar nicht im Restaurant seiner Eltern arbeiten, trotzdem macht er es für sie, wird dafür aber angemeckert, weil er es nicht richtigmacht. Und auch wenn er für sie alles falsch oder ungenügend macht, brauchen sie ihn.
„Du weißt, du kannst immer zu mir kommen, wenn irgendwas ist", sage ich nun leicht nervös, „Ich bin für dich da, Minho."
„Danke, Lai, das bedeutet mir mehr, als du denkst", erwidert er sanft. Wir lächeln uns an und ich möchte eigentlich kurz seinen Oberschenkel drücken. So zur Aufmunterung und einfach, weil ich ihn endlich mal wieder berühren muss. Aber auch er greift zu mir rüber, so dass sich unsere Hände berühren. Als meine Finger sein Berühren, stoppen wir. Vorsichtig lache ich darüber, doch Minho verhakt einfach unsere Hände miteinander und legt sie sanft auf die Mittelkonsole zwischen uns. Dann konzentriert er sich einfach weiter aufs Autofahren, als wäre nichts. Als würde er nicht gerade meine Hand halten. Als hätte sich zwischen uns nichts geändert. Aber das hat es und zwar ziemlich viel. Wir sind unseren Gefühlen nachgegangen, unserem Verlangen. Aber genau das ist so eine Sache. Es hat nicht viel zu bedeuten. Sich küssen, miteinander zu schlafen und sich einfach zu lieben ist nämlich einfacher und etwas komplett Anderes, als zuzugeben, dass man den Anderen liebt und mit ihm zusammen zu kommen. Deshalb muss sowas nichts bedeuten. Auch weil wir im Urlaub waren. Urlaub ist wie eine andere Welt. Eine Welt in der man einfach ist und in der meist alles gut ist. Hingegen sieht unser beider Leben in Berlin ganz anders aus. Es ist nämlich komplizierter, unangenehmer und einfach nicht einfach. Und dieses Leben bestimmt eben auch, was mit uns ist.
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strange[r] love
RomanceAdelaine und Minho. - a strange love between two strangers- Zwei Menschen, die sich niemals kennengelernt hätten. Zwei Menschen, die das Schicksal so nicht füreinander vorgesehen hat. Adelaine, eine hart arbeitende Studentin mit zwei Jobs, um sich...