04 | ava

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Scheiße, scheiße, scheiße!

Hektisch laufe ich den Gang entlang, um nicht zu spät zu meiner nächsten Unterrichtsstunde zu kommen. Meine Schritte hallen im ausgestorbenen Schulflur wider. Bis eben saß ich noch, während der Mittagspause, in der Bibliothek und habe mich an den Anfang des Sportartikels gewagt. Ich drücke einen Stapel Blätter an meine Brust und lege einen kleinen Zahn zu.

Fast zwanzig Minuten sind allein für den Titel draufgegangen. Aber verdammt – es ist wirklich schwierig, einen perfekten zu finden, der spannend ist und zum Inhalt passt. Erst, als mich die alte Bibliothekarin mit einem freundlichen Lächeln darauf hingewiesen hat, dass gleich die nächste Stunde anfängt, bin ich aus meiner kleinen Gedankenblase erwacht.

Gedanklich schreibe ich mir auf die Liste, dass ich mir wahrscheinlich zu meinem nächsten Geburtstag eine Armbanduhr wünschen sollte. Mit einem integrierten Wecker wäre noch besser. Auf mein Handy würde ich eh nicht schauen und das Summen würde im Rucksack untergehen. Also am besten etwas, was man direkt am Körper trägt.

O Gott.

Ich werde so zu spät kommen. Ausgerechnet jetzt habe ich Mr. Wilson, einen alten Mathematiker, der bestimmt auch zu Hause seine Zahlen vergöttert. Er gehört noch zur alten Schule und hält viel von Disziplin. Ein Zuspätkommen wird kaum bis gar nicht geduldet. Man braucht dafür einen sehr triftigen Grund. Dass man einfach die Zeit vergessen hat, weil man an einem anderen schulischen Projekt gearbeitet hat, zählt nicht.

Ich nehme zwei Treppenstufen auf einmal nach unten, drehe mich nach rechts und laufe direkt in ein warmweiches Objekt. Überrascht, weil ich nicht erwartet habe, dass jemand oder etwas den Weg versperrt, gebe ich ein überraschtes Quieken von mir und plumpse nicht gerade sanft auf den Hintern.

Aua.

Ein unangenehmes Ziehen steigt bis zu meinen Lenden auf. Ein paar Mal blinzle ich, bemerke dann, dass ich bei dem Sturz die ganzen Blätter aus meiner Hand fallengelassen habe. »Scheiße«, murmle ich ächzend, krabble dann nach vorne und schiebe die Blätter zu einem Haufen zusammen.

Plötzlich gesellt sich eine weitere Hand dazu. Eine große männliche Hand. »Warte, ich helfe dir«, ertönt eine warme, tiefe Stimme und lässt mich nun hochschauen. Direkt in Connor Hales Gesicht, der mir ein Lächeln zu wirft.

»Was flitzt du hier so durch die Gänge?«, fügt er fragend hinzu und gluckst leise.

»Ich habe Mathe bei Mr. Wilson.«

Verstehend nickt Connor. Wilson ist bei jedem Schüler bekannt. Auch bei denjenigen, die ihn, zum Glück, noch nie persönlich als Lehrer hatten. Während ich mich wieder hinstelle, reicht mir Connor ein paar Blätter. Kurz hält er in seiner Bewegung inne, zieht seine Stirn kraus und legt den Kopf schief. Ich folge seinen Blick aufs Papier, wo unzählige Titel und Untertitel stehen, die ich während des Brainstormings aufgeschrieben habe.

»Sind ein paar Coole dabei.«

Ich murmle ein leises Dankeschön. Gott, da ist überhaupt kein ‚Cooles' dabei. Vielleicht möchte Connor einfach nur nett sein. Immer noch lächelnd streicht er sich durch seine lockigen dunkelblonden Haare. Nun gut, so wirklich lockig sind sie nicht. Eigentlich sind sie vom Haaransatz her relativ glatt und fangen an, sich in den Längen leicht zu wellen. Dann deutet er mit dem Zeigefinger auf meinen Notizblock. »Und, gibt Noah gute Antworten zum Schreiben?«

Etwas verdattert über die Frage ziehe ich meine Augenbrauen ein Stück hoch und atme tief ein. Sofort kommt mir das erste Interview vor zwei Tagen ins Gedächtnis, als Noah am Anfang nur einsilbige Antworten gegeben und mich quasi zur Verzweiflung gebracht hatte. Aber nach einiger Zeit konnte ich mit seinen Antworten wirklich etwas anfangen.

Chasing DreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt