13 | noah

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Sie weiß es.

Sie kennt meine Vergangenheit.

Der Grund, warum ich plötzlich von einem Tag auf den anderen verschwunden bin. Meine Unsicherheit, mein Handeln und meine aufkeimenden Gefühle zu ihr. Einfach alles und es fühlt sich keineswegs falsch an. Eher im Gegenteil, eine riesige Last ist in diesem Moment von meinen Schultern gefallen. Und wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre, hätte ich Saltos vor Freude geschlagen.

Ich schiele auf unsere verflochtenen Hände, während wir den Gehweg zu Avas Haus entlang gehen. Von Weitem kann ich das weiße Einfamilienhaus mit typisch englischem Vorgarten erkennen. Ich genieße die angenehme Stille zwischen uns, ihre warme Hand in meiner und ihren Duft, nach frischer Pfingstrose und Vanille.

Noch immer kribbelt mein ganzer Körper vor Aufregung, meine Magengegend fühlt sich an, als hätte ich in einer Achterbahn zu viele Loopings gedreht. Was ein paar Worte für eine große Bedeutung haben können, wird mir jetzt bewusst.

»Danke fürs Heimbringen«, murmelt Ava und wirft mir ein dankbares Lächeln zu. Die Sonne fängt langsam an unterzugehen und alles wird in einen wunderschönen gelbrötlichen Ton getauft. Auch Ava wird von den Sonnenstrahlen eingefangen und ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht einfach mit meiner Hand durch ihre goldschimmernden blonden Haare streiche.

»Ich würde es immer wieder machen.« Und so meine ich es auch.

Ihr Lächeln wird zu einem sanften Schmunzeln. »Und bringst du deiner Tante noch diese unfassbar guten Zimtschnecken mit?« Für eine Sekunde runzle ich die Stirn, verstehe dann aber, worauf sie anspielen möchte. Ein belustigtes Glucksen kommt aus meiner Kehle und ich schüttele den Kopf. »Nein. Aber wenn du möchtest, kann ich dir auch mal Zimtschnecken mitbringen.«

»Da sage ich nicht nein.« Sie senkt ihren Blick auf ihre Hände und seufzt. »Danke, dass du es mir erzählt hast. Weißt du, am Anfang habe ich echt gedacht, du wärst ein richtiges Arschloch.« Sie zuckt mit den Schultern, als hätte sie keine richtige Begründung mehr, warum sie so gedacht hat. »Aber jetzt ... ich verstehe es.«

Überrascht ziehe ich meine Augenbrauen hoch. »Echt?«

Sie nickt. Dann lässt sie meine Hand los, greift nach dem Kragen von meinem Pullover und zieht mich mit sanfter Gewalt zu sich runter. Ich lasse es mit angehaltenem Atem geschehen und wenige Sekunden später spüre ich ihre Lippen auf meinen. Es ist ein leichter Hauch, ein sanftes Streichen – aber es fühlt sich so unfassbar gut an.

Als würden mir kleine Tausende Stromschläge durch meinen Körper jagen. So schnell, wie der Kuss gekommen ist, so schnell ist er auch wieder vorbei. Ava drückt ihr Gesicht an meiner bebenden Brust. Hört sie mein wild schlagendes Herz, das unaufhörlich gegen meinen Brustkorb donnert?

Wie von selbst schlinge ich die Arme um ihren kleinen schmalen Körper und drücke sie an mich heran. Meine Nasenspitze vergräbt sich in ihre Haare und ich schließe für einen Moment die Augen, halte inne und genieße jede einzelne Sekunde. Speichere das Gefühl in meinem Kopf ab, ehe ich meinen Griff um sie etwas lockere.

Was ist gerade passiert?

»Das war schön.« Ihre Stimme ist wegen meines Pullovers etwas gedämpft, dennoch höre ich ihr perfektes Lächeln raus.

»Ja, sehr schön«, gebe ich murmelnd zurück. Noch immer kribbeln meine Lippen, die Gedanken spielen verrückt. Fliegen ungebremst in meinem Kopf herum und kommen nicht zur Ruhe.

Sie hat mich geküsst.

Mich.

Noah Carter.

Einfach nur unfassbar.

Chasing DreamsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt