Irgendwas in meinen Inneren sagt mir, dass hier etwas gewaltig schiefläuft. Mit einem kritischen Blick beobachte ich Connor, der schräg gegenüber von mir sitzt, eindringlich. Das Lachen ist falsch, es klingt nicht so locker wie sonst, die Mundwinkel erreichen nicht einmal ansatzweise die Augen und das Glänzen gleicht mehr mattem Glas.
Egal, was für ein Spiel Connor Hale hier spielt, ich mache nicht mit. Ich lasse mich doch von meinem besten Freund nicht für dumm verkaufen und glaube ihm, wenn er mir beteuert, dass alles in Ordnung ist. Dass ich nur überreagiere und die Situation falsch einschätze.
Pah. Das ich nicht lache. Ein Außenstehender würde es abkaufen, aber nicht ich. Ich weiß, wie es ist nach Außen einen nahezu perfekten Eindruck zu machen, während im Inneren alles zusammenstürzt.Fakt ist, dass Connor mir etwas verheimlicht. Sonst erzählt mir mein bester Freund auch immer alles, warum jetzt nicht? Hat er Angst, dass ich ihn verurteilen werde? Verdammt noch mal, er hat sich vor mir geoutet, obwohl er Angst vor meiner Reaktion hatte. Gerade Connor müsste wissen, dass ich der Letzte wäre, der so etwas täte.
Innerlich seufzend nehme ich mir einen Löffel vom Mangoeis und schiebe diesen in meinen Mund. Der fruchtige Geschmack verteilt sich auf meiner Zunge und prompt schmilzt die eisige Konsistenz. Wir teilen uns gerade zu viert einen riesigen Früchtebecher, der für eine Person – sogar für zwei – nicht schaffbar gewesen wäre.
Während sich Sophie auf die Zitronenkugeln stürzt, bedient sich Ava permanent an den garnierten Früchten und überlässt mir sowie Connor die restlichen Eiskugeln. Ab und zu schiebt Ava mir eine Erdbeere oder eine Heidelbeere zu, was mein Herz jedes Mal zum Schmelzen bringt, wie das Eis in unserem Becher.
»Leute, ich bin traurig, dass das unser letztes Jahr ist«, meint Sophie seufzend und schiebt sich den nächsten Löffel in den Mund. »Warum haben wir nicht früher miteinander rumgehangen?«, nuschelt sie direkt hinterher.
Mein Rücken wird bei der Frage kerzengerade, während etwas in meinem Magen sich zusammenzieht.
Ohne ein Wort zu sagen schaue ich Ava an, die peinlich berührt auf ihre Fingerspitzen im Schoß starrt. Manchmal frage ich mich, ob Sophie vorher nicht überlegt, wenn sie eine Frage ausspricht. Es ist doch eindeutig klar, warum wir alle keinen Kontakt hatten. Wir kannten uns zwar aus der Schule, aber mehr auch nicht.
Aber Sophie scheint es zum Glück zu bemerken, denn wenige Sekunden später wirft sie ihrer Freundin einen entschuldigenden Blick zu.
»Dann müssen wir jetzt einfach den Kontakt halten«, grätscht Connor dazwischen und grinst in die Runde. Er lehnt sich in seinem Metallstuhl zurück und hält sein Gesicht in die Sonne, um ein paar Sonnenstrahlen einzufangen. »Vielleicht kommen wir ja auf die gleiche Uni.«
»Das wäre so toll«, schwärmt Sophie entzückt und fragt gleich hinterher, wo Connor und ich uns überall einschreiben wollen. Dass sie Ava außen vorlässt, ist klar, da sie nur die Derby University im Auge hat. Hauptsächlich. Aus verlässlicher Quelle weiß ich, dass sich Ava nun auch andere Universitäten angeschaut hat.
Der Gedanke, mit ihr auf eine Uni zu gehen, ist schön, aber ich muss realistisch bleiben. Avas Traum ist es hier in Derby zu bleiben und nicht, wie Sophie und Connor, wegzuziehen. Sollte ich auch hierbleiben?
»Ich werde überall hingehen, wo ich etwas in die Richtung Sozialpädagogik studieren kann«, murmle ich leise. Es fühlt sich noch immer merkwürdig an, diesen Gedanken auszusprechen. Aber gleichzeitig tut es gut, ein Ziel zu haben, worauf ich in den nächsten Monaten hinarbeiten kann.
Verwirrt legt Connor seinen Kopf schief. »Das wusste ich gar nicht. Warum hast du mir nichts gesagt?«
»Weil du in letzter Zeit nicht wirklich erreichbar warst«, gebe ich etwas pampig zurück und beiße mir sofort auf die Unterlippe, als ich bemerke, wie anklagend dieser Satz rüberkam. Ich schließe die Augen und atme geräuschvoll aus. Ich sollte mal an meinen emotionalen Ausbrüchen arbeiten.
»Wow, okay.« Connor widmet sich mit einem verhärtenden Ausdruck wieder dem Eis, während ich mir dafür eine runterhauen könnte. Gerade habe ich Sophie innerlich noch dafür beschuldigt, dass sie erst einmal nachdenken sollte, bevor sie etwas sagt, und ich selbst mache es auch nicht besser.
Eine unangenehme Stille breitet sich über unseren Tisch aus und es ist das erste Mal, dass wir uns vier stumm anstarren. Ava legt behutsam eine Hand auf meinen Oberschenkel und formt mit den Lippen ein »Es ist okay« .
So gern ich es ihr auch glauben möchte – aber es ist es nicht. Gestern Abend, ja, da war die Welt vielleicht noch in Ordnung, aber jetzt hat mich die Realität wieder eingeholt und es ist nicht wie in einem der dämlichen Romane.
Ava räuspert sich und fängt damit an, dass ihr Lehrer Mr. Wilson Mathe bestimmt extra komplizierter erklärt, als es wahrscheinlich ist. Ich bin ihr in diesem Moment so dankbar, dass ich sie am liebsten küssen möchte. Wo war sie mein ganzes Leben lang, um mir aus solchen Tollpatschmomenten rauszuhelfen?
Und noch erleichterter bin ich, als Sophie und Connor in dieses Gespräch einsteigen. Doch Connor schaut mich nicht mehr an und ich kann es ihm nicht wirklich verübeln.
Wir sitzen fast eine weitere Stunde zusammen und unterhalten uns über Gott und die Welt. Bis Sophie die Erste ist, die die Runde verlässt. »Sorry, aber ich muss noch auf meinen kleinen Bruder aufpassen.« Sie verdreht übertrieben die Augen, aber jeder weiß, dass das für sie gar kein Problem ist.
Schon in den ersten Minuten konnte man erkennen, dass Sophie ein absoluter Familienmensch ist und alles für ihre Eltern und für ihren kleinen Bruder Tim machen würde.
Sie drückt Ava zum Abschied und geht davon. Es fühlt sich wie ein kleines Déjà-vu an, wie damals vor Annie's Burger nur, dass jetzt auch Ava sich verabschiedet und nicht Connor.
»Ich sehe dich heute Abend?«, flüstere ich leise und drücke ihr schnell einen Kuss auf die Lippen.
»Ich kann es kaum erwarten«, haucht sie und grinst.
Dann bin ich mit Connor allein, der mit riesigem Interesse in die leere Glasschale starrt, wo vor einer halben Stunde noch das Eis drinnen war. Wann ist es zwischen uns so kompliziert geworden?
Ich seufze und schließt die Augen. »Rede mit mir.«
»Es ist nichts.«
»Du lügst. Warum lügst du mich an?«
Wütend reißt Connor seinen Kopf hoch, wodurch sein Nacken knackend protestiert und starrt mich in Grund und Boden. Seine blauen Augen funkeln wütend und fast hätte ich es ihm abgekauft. Aber nur fast. »Warum verstehst du nicht, dass ich nicht reden will?«
»Weil es sich anfühlt, als würdest du mir nicht vertrauen!« Meine Stimme wird lauter und am liebsten würde ich aufspringen, meinen Kumpel am Kragen packen und ihn so lange schütteln, bis er mir die Wahrheit sagt.
Stumm betrachtet Connor mich und dann wird mir bewusst, dass mein vor ein paar Sekunden ausgesprochener Satz mehr Wahrheit beinhaltet, als mir lieb ist. Mir wird kalt und ich habe das Gefühl, dass mir das Eis gleich wieder hochkommt.
»Du vertraust mir wirklich nicht ...«, presse ich mühsam hervor und Connors Augen weiten sich.
»Nein ... es ist ... es ist meine Sache, okay? Ich möchte dich nicht belästigen.«
»Das tust du doch gar nicht.« Ich bin frustriert und raufe mir mit den Händen meine Haare. So eine schwere Unterhaltung hatten wir noch nie – alles ist kompliziert.
»Du hast selbst genug um die Ohren.«
»Connor ...«
»Du bringst gerade in deinem Leben alles auf eine Spur!«
»Na und? Trotzdem kann ich für meinen Freund da sein!«
Missmutig verzieht Connor seine Lippen zu einem geraden Strich, hart beißt er seine Zahnreihen zusammen, sodass seine Kiefermuskulatur weiß hervorsticht. Dann springt er wie von einer Tarantel gestochen auf. »Es ist meine Sache und basta.«
Mit traurigen Augen schaue ich meinem besten Freund hinterher, der vor einer Situation flüchtet, die er selbst nicht einmal greifen kann. Habe ich in unserer Freundschaft so versagt? Habe ich irgendwann etwas getan, weshalb Connor nicht mehr mit mir reden möchte?Mein ganzer Körper zuckt, denn ich möchte Connor hinterherlaufen, ihn in den Arm nehmen und sagen, dass alles in Ordnung wird. Aber ich weiß auch, wenn ich nun weiter dränge, dass er sich gänzlich von mir abschotten wird. Daher bleibe ich sitzen und starre auf meine zitternden Hände in meinem Schoß.
Ohje, da haben Noah und Ava endlich zusammengefunden und plötzlich grieselt es zwischen Noah und Connor. 😥 Was für ein Drama.
Wie es manchen von euch aufgefallen ist, hat sich - mal wieder - das Cover geändert. Das liegt aber daran, dass die 'Covermakerin' alle Covers zurückgezogen hat, wo die Bilder nicht Lizenfrei waren. Leider viel mein altes Cover mit drunter. Daher habe ich lange (sehr lange!) nach einem ähnlichen Bild gesucht. Aber ich hoffe, dass es euch auch gefällt, wie mir. Obwohl ich ehrlich bin, ich vermisse auch das alte Cover. Trotzdem bin ich vorischtig, wenn es um Urheberrechtsveletzungen geht. 😬
Lasst mir gerne ein Vote & eine Rückmeldung da, wie euch das Kapitel gefallen hat. Habt ihr eine Idee, was bei Connor los sein könnte? 🤔
Ich wünsche euch noch einen wundervollen restlichen Donnerstag!😊
Eure A. ❤️
DU LIEST GERADE
Chasing Dreams
RomanceAvas größter Traum ist es, Journalismus zu studieren. Sie hat ein Ziel in ihrem Leben und keiner wird sie von diesem Weg abbringen. Doch als Ava den - in ihren Augen - arroganten Noah Carter während des Volleyball-Frühlingsturniers interviewen muss...