17 | noah

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Ein Pfiff, die Hand wird gehoben und ein enttäuschtes Aufstöhnen geht über die Tribüne. Die Anzeigetafel ändert sich und nun steht es dreizehn zu acht für die Gäste. Grimmig starre ich auf Connors Hinterkopf, der gerade den Ball mit blinder Wut ins Aus gefördert hat. Das passiert gerade zum vierten Mal und langsam glaube ich nicht mehr an einen Zufall.

Mit zwei großen Schritten stelle ich mich neben meinen besten Freund und lehne mich vor. »Was soll das, hä?«, zische ich. Wenn das so weitergeht, verlieren wir auch den zweiten Satz und dann ist die Hoffnung auf das Finale vorbei.

Connor macht sich nicht einmal die Mühe, in mein Gesicht zu gucken, und schnaubt herablassend. »Die Nummer vier hat mich beleidigt.«

Überrascht hebe ich eine Augenbraue. »Und deswegen donnerst du den Ball ins Aus?«, frage ich verwirrt.

»Ich habe eigentlich auf seinen Kopf gezielt«, bringt Connor zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und brummt. »Aber dieser Idiot hat sich zu schnell geduckt.«

Dieser Satz zieht mir fast den Boden unter den Füßen weg. Connor hat sich noch nie während eines Spiels provozieren lassen. Auch nicht, als andere Spieler ihn wegen seiner Homosexualität als Schwuchtel bezeichnet hatten. Nein, er ist immer die Ruhe selbst geblieben und hat meistens nur mit sachlichen Kommentaren gekontert. Sodass er die Gegner mehr zur Weißglut gebracht hat.

Doch jetzt hat sich der Spieß gedreht und ich weiß nicht wieso. Nun gut, ich kann es mir denken, aber da der werte Herr nicht über sein Problem redet, kann ich ihm auch nicht helfen. Genervt stöhne ich auf und fahre mir mit gespreizten Fingern durch die Haare. »Reiß dich einfach zusammen, klar?«
Kurz warte ich auf eine Antwort, bekomme aber nur ein leichtes Nicken.

Besser als nichts, denk ich mir und jogge wieder zu meiner Position zurück.

Dann fällt mein Blick auf die Ränge und ich suche nach Ava und Sophie, die uns noch vor dem Spiel viel Glück gewünscht haben. Ich entdecke sie in der dritten Reihe von oben. Auch ihre Stirnen sind gerunzelt und auf ihren Gesichtern sind Tausende Fragezeichen zu erkennen.

Wir fragen uns bestimmt alle das Gleiche: Was ist nur mit Connor los?

Tja, wenn ich das wüsste. Nachdem Connor gestern abgedampft ist, habe ich von ihm nichts mehr gehört. Ich habe ihn am Abend zuvor angerufen, weil ich noch einmal mit ihm sprechen wollte.
Unser Streit lag mir permanent quer im Magen, jedoch hat mich sein Handy immer direkt zur Mailbox geleitet. Zum Spiel heute ist er auf den letzten Drücker aufgetaucht und hat nur ein leises Morgen genuschelt. Im ersten Moment wollte ich Connor anschnauzen, dass er gefälligst pünktlich zum Treffpunkt kommen soll, habe es aber dann gelassen.

Ich wollte nicht noch mehr Salz in die Wunde streuen. Aber vielleicht wäre das nicht schlecht gewesen, vielleicht hätte ihn das vor dem Spiel zur Vernunft gebracht. Den ersten Satz haben wir schon verloren und der Zweite sieht nicht besser aus. Die negative Energie von Connor überträgt sich auf die restlichen Spieler unserer Mannschaft und ich selbst merke, dass ich Fehler mache, die ich sonst nie gemacht habe.

Die Luft ist zum Zerreißen angespannt. Was bin ich für ein Captain, wenn ich solche Probleme nicht in den Griff bekomme?

Wieder ertönt ein Pfeifen und das Spiel geht endlich weiter. Die gegnerische Mannschaft hat den Aufschlag und zum Glück ist es die Nummer fünf, die nicht der beste Spieler in dieser Position ist. Tom kann leicht den Ball entgegennehmen und würde wahrscheinlich jetzt zu Connor spielen. Doch er tut es nicht und spielt zu Alex, der genauso überrascht ist, wie Connor, als der Ball auf ihn zufliegt. Innerhalb von Millisekunden hat sich Alex gefasst und donnert den Ball übers Netz.

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