2 Monate später | Ava
Mein Herz trommelt wie wild gegen meinen Brustkorb, während mein Blick ehrfürchtig auf dem Brief in meinen Händen ruht. Die Geräuschkulisse des Cafés, in welchem ich sitze, habe ich so gut es geht ausgeblendet. Aktuell zählen nur der Brief und die drinstehende Antwort. Worte, die in diesem Moment über meine Zukunft entscheiden.
Ich schiele zur Seite, erkenne Noah, der genauso steif dasitzt wie ich selbst. Auch er hat einen Brief vor sich liegen. Als Absender prangt, ebenso wie auf meinem, ganz groß und dick das Symbol der Bristol Universität.
»Gott, ist das aufregend!«, Sophie fächert sich mit der flachen Hand Luft zu, als wären es dreißig Grad im Raum. Sie hat ihre wilden Locken zu einem voluminösen Dutt zusammengebunden und blickt wie ein Kind an Weihnachten zwischen mir und Noah hin und her. »Jetzt macht schon auf!«
Connor lacht, lehnt sich in seinen Stuhl zurück und nimmt einen genüsslichen Schluck vom Eiskaffee. »Du solltest eigentlich entspannter als die beiden sein. Wir haben unsere Zusagen doch schon.«
Sophie zieht einen Schmollmund und zuckt mit den Schultern.Ja, denke ich mir zerknirscht, das ist es ja.
Sie und Connor haben die Briefe vor einer Woche bekommen und konnten natürlich nicht bis heute warten und haben die Schreiben direkt am gleichen Tag geöffnet. Gestern lag endlich der Brief in meinem Briefkasten. Genau wie bei Noah. Wäre es nach meinen Eltern gegangen, hätte ich ihn schon gestern Abend aufmachen sollen. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte es mit Noah und meinen Freunden tun. Nur mit ihnen, mit niemandem sonst. Egal, was für eine Antwort nun rauskommt.
Wir haben uns alle an der gleichen Universität beworben, mit dem Hintergrund, dass wir zusammen studieren können. Dass wir noch mehr Zeit miteinander erleben dürfen. Dass die Zeit, die wir in den letzten vier Monaten erleben konnten, nicht unsere Letzte gewesen ist.
Der bloße Gedanke daran, mit ihnen weiter meine Zukunft bestreiten zu können, lässt mein Inneres warm aufblühen.
Tief atme ich ein, nehme mit zittrigen Fingern den Brief und beginne vorsichtig den Umschlag zu öffnen. Noah macht es mir gleich, zwar sehr viel vorsichtiger, aber mit einer genauso versteinerten Miene. Was werde ich tun, wenn ich abgelehnt werde? Wenn alle nach Bristol können und nur ich nicht? Eine weitere Ablehnung kann ich nicht gebrauchen.
Zwei Tage, nachdem ich den Abgabetermin bei der Derby Universität verpasst habe, brach plötzlich eine Welle der Traurigkeit über mir zusammen. Riss mich mit einer unglaublichen Intensivität mit. Ließ mir keine Zeit, Luft zu holen. Erdrückte mich mit solch einer Kraft, dass ich Angst hatte, mir würde der Sauerstoff ausgehen.
Ich habe nicht verstanden, warum ich plötzlich so traurig geworden bin. Nichts hatte sich an meinen Worten geändert. Der Gedanke daran allein, ohne meine Freunde zu studieren, klingt sehr einsam. Natürlich hätte ich gerne eine Zusage für die Derby Universität bekommen. Damit ich für mich sagen könnte, dass ich alles richtig gemacht habe. Ich habe mich damit abgefunden.
Auch weil ich eingesehen habe, dass ich an der Situation nichts mehr ändern konnte. Vielleicht hat es das Schicksal so gewollt. Keine Ahnung. Ich bin fein mit mir selbst. Kurz schnellt mein Blick zu Connor, der Noah neckend etwas zuflüstert. Jetzt ist sein Lächeln ehrlich, ich sehe es an seinen Augen, wie sie leuchten.
Doch ab und zu legt sich ein matter Schleier über seine Augen und zeigt das Ausmaß der letzten Wochen. Connor hatte nach seinem ganzen Drama viel um die Ohren und musste eine Aussage beim Gericht machen. Das Verfahren läuft noch und nach der Aussage der Polizei, kann es sich noch über ein paar weitere Monate ziehen.
Natürlich ging das ganze Thema etwas viral, aber keiner hat Connor dafür die Schuld gegeben. Timo, einer seiner Mitspieler, meinte mit einem Schulterzucken, dass er wahrscheinlich auch so gehandelt hätte.
»Ich kann das nicht lesen ...«, hauche ich leise. Ich halte den Zettel in den Händen, lasse ihn aber weiterhin zugeklappt. Zu groß ist die Angst vor der Enttäuschung. Mein Mund fühlt sich trocken an und das Schlucken ist anstrengender als sonst. Wann hat sich der dicke Kloß in meinem Hals gebildet?
»Dann tauschen wir.« Kurzerhand zieht Noah mir das Papier aus den Fingern und drückt stattdessen seinen Zettel hinein. »Wir lesen die Antwort des jeweils anderen.«
Ängstlich nicke ich. Ja, vielleicht ist es besser so.
Aufgeregt beugt sich Sophie nach vorn, stutzt ihren Körper auf den Unterarmen ab. »Jetzt schaut nach!«
»Ist ja gut.« Murrend verdrehe ich die Augen, falte den Brief auseinander und beginne zu lesen. Wort für Wort. Satz für Satz. Zeile für Zeile.
Ein paar Sekunden verstreichen, während meine Augen über die schwarzen Buchstaben auf dem Papier fliegen. Alles aufnehmen, was geschrieben wurde.
In der Mitte des Textes bleibe ich hängen. Lese den Abschnitt.Noch mal.
Und noch einmal.
Wieder und wieder.
... wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, Sie im Sommer an unserer Universität zu begrüßen. Im Folgenden finden Sie ...
Ich gebe ein überraschtes Quieken von mir, reiße den Kopf hoch und suche Noahs Blick. Er schaut mich schon mit großen runden erwartungsvollen Augen an.
»Du bist drin«, flüstere ich leise.
»Du auch ...«, gibt er ebenso leise zurück und fast hätte ich ihn nicht verstanden. Doch ich kann in seinem Blick kein Bedauern sehen, keine Enttäuschung.
Die zwei Wörter brauchen einen Moment bis in meinen Kopf.
Ich auch?
Ich habe es geschafft?
»Ich wusste es!«, ruft Sophie und fällt mir um den Hals. Noch etwas verwirrt, von dem, was ich gerade gehört habe, erwidere ich die Umarmung. Ich habe echt eine Zusage bekommen. Ich werde in den kommenden Monaten Journalismus studieren und das zusammen mit meinen Freunden und Noah.
Meine Sicht verschwimmt. Die Tränen prickeln mir in den Augen. »Wir haben es geschafft.«
Eine unglaubliche Last scheint in dieser Sekunde von meiner Schulter zu fallen. Ich fühle mich schwerelos, glücklich. Als könnte ich alles schaffen. Ich kann nicht genau sagen, wie viele Emotionen auf meinen Körper einprasseln. Aber es ist überwältigend.
In den letzten drei Monaten ist so viel passiert. Ich habe neue Freunde gefunden, meine Liebe und meinen Kindheitsfreund zurückbekommen und bemerkt, dass nicht nur der Ehrgeiz im Leben das Ziel ist.
Sondern auch Vertrauen, Hoffnung und füreinander da zu sein.
Träume sind wichtig und man sollte sich daran festhalten.
Aber am schönsten ist es, seine Träume mit Personen zu erleben, die man liebt.
Das ist das Ende von Band 1. 😳 Ich werde noch ein langes Nachtwort schreiben. ❤️
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Chasing Dreams
RomanceAvas größter Traum ist es, Journalismus zu studieren. Sie hat ein Ziel in ihrem Leben und keiner wird sie von diesem Weg abbringen. Doch als Ava den - in ihren Augen - arroganten Noah Carter während des Volleyball-Frühlingsturniers interviewen muss...