Der Campleiter hatte uns mit dem Studentensprecher in einem der Shuttle-Vans persönlich abgeholt. Kei und Azusa hatten ihnen unsere Taschen mitgegeben, so dass wir in Wechselklamotten steigen konnten. Unsere zuvor getragenen waren ja immer noch pitschnass und dreckig.
Ich hatte neben der schwarzen Orthese, die sich jetzt an mein linkes Knie schmiegte, von der Klinik Krücken für die ersten Tage bekommen. An Auftreten war nicht zu denken, zumal ich immer noch unter Schmerzmitteln stand, die mich den Grund zu meinen Füßen zuckerwattegleich fühlen ließen. Das Einsteigen in den Shuttle-Van und das Aussteigen aus diesem war daher bereits eine Sache für sich: Während mir der Studentensprecher die Tür aufhielt und sonst unnütz an der Seite stand, hatte mir Tetsurou wortwörtlich unter die Arme gegriffen und mich rein- bzw. rausgehievt.
Irgendwie hatte ich's draußen aber doch allein geschafft, zur Blockhütte zu humpeln, vor der sie uns so nah wie möglich abgesetzt hatten und wo uns Azusa, Kei, Terushima und Laura am Abend in Empfang nahmen.
„Oh Gott, ein Glück geht es dir gut!!", fiel mir Azusa um den Hals.
Es hätte mich unter anderen Umständen gefreut, dass sie sich Gedanken um uns machten und wir wirklich mehr als Kommilitonen waren, aber gerade verschlimmerte es nur den Schmerz in meinem Herzen.
„Du siehst echt lädiert aus!!"
Niemand erwartete von ihnen, dass ich lächelte. Ich sah's an ihren Augen, dass sie sich wunderten, warum ich überhaupt dazu fähig war, wo ich doch gewiss Schmerzen haben müsste. Einfache Schlussfolgerung. Ich wollte dennoch nicht jämmerlich wirken. Das wird schon.
„Wie ist das überhaupt passiert? Der Unfall, mein ich?", wollte Kei besorgter Miene wissen, denn von Tetsu hatte er ja nur das Nötigste am Telefon erfahren. „Und du bist okay?", wandte er sich gleichdarauf an diesen, dem die Mundwinkel auch weitaus tiefer als sonst hingen.
„Ja, nur ein, zwei Schrammen." Damit blickte mein bester Freund wieder zu mir. Er war nicht derjenige, um den man sich sorgen müsste... Aber ich war nicht diejenige, um die sich die anderen Sorgen machen sollten!
Deswegen versuchte ich cool zu sein, und legte den Kopf zur Seite: „Ich hab nicht gecheckt, dass es da runterging. War auch nicht abgesperrt und dann bin ich ins Rutschen gekommen." Gut. Das klang... okay. Ich klang okay.
„Oh Mann...", fuhr sich Azusa mit der Hand durch ihre langen Seitensträhnen und seufzte.
„Und... das heißt wohl, du musst nach Hause fahren?", erkundigte sich Laura und legte unwohl die Arme um sich. Mir entging nicht, dass sich ihr Blick für ein paar Sekunden auf mein Knie legte. Ich wusste, was sie dachte: Hoffentlich ist es nicht so schlimm, dass sie nicht mehr spielen kann.
Tja... leider schon.
„Ja... Tetsu packt gleich meine Sachen zusammen", presste ich hervor und zog meine Mundwinkel etwas höher. Anstrengend.
„So ein Mist... das tut mir echt leid! Wir hätten uns nicht trennen sollen!", sprach Azusa schuldbewusst, aber ich schüttelte den Kopf:
„Nein, lass mal. Das ist allein auf meinem Mist gewachsen. Ich habe nicht aufgepasst." Ich bin so blöd gewesen, einfach loszustürmen. Meine eigene Schuld. Wie immer...
„Und... dein Knie?" Terushima nickte zu meinem Bein. Zu der Orthese, die mir Stabilität und Sicherheit geben sollte. Gerade gab sie mir allerdings nur den Wunsch, sie in den Fluss zu versenken... Terushima am besten gleich mit, denn das, was Laura aus Diskretion nicht aussprach, wusste er ganz direkt zu adressieren und das tat weh.
„Na ja... Physiotherapie, und erst einmal Ruhigstellung. Ich werde mir andere Kurse an der Uni suchen müssen."
Wir unterhielten uns noch ein wenig weiter, wobei ich versuchte, das Thema zu wechseln, als sich Tetsurou auf dem Weg zu unserem Zelt machte, um wie versprochen meine Sachen zu holen. Mich graulte es jetzt schon vor der Rückfahrt. Nicht, weil ich Sorge hatte, nicht klarzukommen – das würde schon – sondern eher allein mit meinen Gedanken sein zu müssen. Für den Augenblick konnte ich es ausblenden, als mir die anderen vom Ausgang der Schnitzeljagd erzählten und davon, wie mein Unfall alle in Aufruhr versetzt hatte. Nur wie wäre es, wenn ich erst einmal zur Ruhe käme? Ein kalter Schauder erfasste mich und brachte mich kurzzeitig zum Zittern.
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So wie wir waren (OikawaxReader)
RomanceEin halbes und aufregendes Jahr an der Aoba Jousai Oberschule liegt hinter dir. Viele Tränen sind geflossen, viele Tage hast du gelacht und dabei vor allem einen Menschen in dein Herz gelassen: Oikawa Tooru. Doch deinen Freund zieht es nach Argentin...