Part 10

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Viktorias POV:

In der Küche angekommen suchte ich in der Vorratskammer nach Haferflocken und fand diese auch hinter Mehl und Grieß. Erneut hängte ich eine Kanne mit Wasser über das Feuer, um dieses zu erhitzen. Danach nahm ich den Meisterwurz, schnitt ihn in kleine Stücke und gab alles in einen Mörser. Als alles nur noch eine grüne Pampe war, sellte ich den Mörser, eine Schale mit frischem Wasser und ein sauberes Tuch auf ein Tablett und ging hinauf zu Jacqueline. Als ich die Wunde gesäubert hatte, gab ich etwas von dem Meisterwurz-Brei darauf und verband sie wieder. Da ich danach nicht wusste, was ich tun sollte, und Jacqueline am Schlafen war, setzte ich mich nach unten in den Wohnraum vor den Kamin und nahm mir eins der Bücher über Kräuterheilkunde. Der Himmel war inzwischen schwarz geworden und auch ich spürte die Müdigkeit, die mir in die Lider zog. Denn noch laß ich weiter in dem Buch, bis mir dann doch die Augen zufielen.

Am nächsten Morgen schien die Sonne in mein Gesicht, weshalb ich aufwachte. Ich wollte mich umdrehen, und noch ein wenig die Augen schließen, als ich einen Arm um meine Mitte spürte. Geschockt riss ich die Augen auf und sah in das Gesicht von Harold. Ich stemmte mich auf, wurde allerdings von seinem Arm zurückgezogen. Die Bilder von dem gestrigen Abend kamen mir wieder in den Sinn und ich begann zu zittern. Meine Hände stemmten sich gegen seine Brust, doch er ließ nicht locker. »Bitte lasst mich los«, flehte ich. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. »Lassen wir doch dieses höfliche Geplänkel und sprechen uns mit Vornamen an. Ihr seid Mein und wir leben hier zusammen, da ist es ohne Anrede doch viel einfacher.« Ich nickte zur Zustimmung. Es würde wirklich einfacher werden, aber trotzdem wollte ich nicht in seinen Armen liegen. »Harold, lass mich bitte los.« Nun begann er zu lachen. »Hast du etwa Angst vor mir?«, fragte er und zog mich noch näher an sich ran. Er fand das wohl sehr amüsant, dass ich Angst hatte. Ich keuchte auf. »Das nehme ich als ein Ja«, grinste er und ließ mich los. Schnell rollte ich mich auf die andere Seite des Bettes und setzte mich auf den Bettrand. »Du wirst dich an meine Nähe gewöhnen müssen.« Ich zuckte zusammen. Ohne lange zu überlegen stand ich auf und ging zur Tür. Ich musste wieder zu Jacqueline und mich um ihre Wunde kümmern. Ihre Wunde sah nicht gut aus. Ich hoffte nur, dass der Meisterwurz ihre Blutvergiftung gestoppt hatte. Ihr Blut war bläulich und man konnte ihre Adern unter der Haut sehen. Es sah aus, wie die Wurzeln eines Baumes. Würde das verunreinigte Blut Jacquelines Herz erreichen, würde alles zu spät sein. Sie würde tot sein, und ich alleine mit IHM.

Die Haferflocken waren in der Nacht durchgegart und ich füllte einen Teil von ihnen in eine Schale und setzte noch einen Tee für Jacqueline auf. Als auch dieser fertig war, ging zu ihr nach oben. An ihrem Zimmer angekommen lief ich leise zu ihrem Bett. Sie schlief und ich war froh darum, da sie dadurch die Schmerzen nicht mitbekommen würde. Zum Glück schlief sie auf dem Bauch. Kein Wunder! Ihre Schmerzen waren wahrscheinlich so schon kaum auszuhalten. Vorsichtig legte ich den Verband frei und legte die Wunde frei. Geschockt schlug ich mir die Hand vor den Mund. Sie hatte wieder begonnen zu eitern. Ihre Adern sah man noch deutlicher auf der Haut. Was sollte ich jetzt tun? Während ich überlegte säuberte ich den Schnitt und gab wieder etwas Meisterwurz-Brei darauf, bevor ich es wieder verband. Langsam begann Jacqueline sich zu regen. Müde öffnete sie ihre Augen und sah mich an. »Hallo, mein Kind.« Sie wollte sich aufrichten, zuckte aber wegen des Schmerzes zusammen und ließ sich wieder in ihr Kissen fallen. »Ich habe dir Haferschleim gekocht.« Zusammen schafften wir es sie aufzurichten und nun saß sie im Bett. Ich begann sie mit dem Haferschleim zu füttern und danach trank sie noch ihren Tee. Als ich alles weggestellt hatte, ergriff sie meine Hand. »Mach dir nicht so viel Mühe wegen mir. Für mich ist es zu spät. Gott wird mich im Himmel willkommen heißen.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein! Du wirst wieder gesund!« Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Es geht zu Ende. Ich kann es spüren.« Ihre Stimme war schwach. Warum hatten die Kräuter nicht gewirkt? »Ruh' dich aus! Du wirst das schaffen!« Es war schon fast ein Befehl. Müde und immer noch erschöpft legte sie sich wieder in die Kissen. Als ich das Zimmer verließ, war sie schon eingeschlafen.

Wieder in der Küche reinigte ich die Schalen und stellte sie weg. Selbst etwas erschöpft setzte ich mich auf einen Stuhl am Küchentisch. »Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen«, fragte eine raue Stimme hinter mir. Harold. Ich sah ihn nicht an. »Weiß ich nicht.« Meine Gedanken waren bei Jacqueline. Vielleicht würde ich weitere Kräuter finden, die ihr helfen würden. Dann müsste ich noch einmal in Wald. Viellicht könnte meine Großmutter ihr auch helfen. Doch dazu müsste ich wieder in mein Dorf, und das würde Harold nicht zulassen. Aber irgendwie musste ich Jacqueline doch noch helfen können. Immer wieder sah ich das Bild von ihrer Wunde. Wie sie eiterte. Es war viel schlimmer als bei dem Mann damals. »VIKTROIA!« Ich zuckte zusammen. Ich hatte gar nicht mitbekommen, wie Harold mir eine Schale mit Haferschleim auf den Tisch gestellt hatte. »Wo war du denn mit deinen Gedanken?« »Bei Jacqueline. Ihr geht es nicht gut. Ich kann die Blutvergiftung einfach nicht stoppen«, erklärte ich ihm und Tränen sammelten sich in meinen Augen. Er legte seine Hand auf meine. Sofort zog ich meine zurück. Seine Brührungen erinnerten mich immer an seinen Versuch mich zu schänden. Auch Harold schien dies aufgefallen zu sein, denn auch er zog seine Hand wieder zurück. »Iss etwas.« Langsam begann ich den Haferschleim zu essen. Er räusperte sich kurz. »Ich möchte, dass du heute Nacht bei mir schläfst. Ich vermisse es, jemanden neben mir zu haben.«

Dark LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt