Part 72

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Viktorias POV:

Heute war es endlich so weit. Ich würde Königin werden. Die Nacht hatte ich kein Auge zugemacht, genau wie Harold. Es zerrte an ihm, seinem Volk keine Wahl zu lassen. Zwar behauptete er, das Volk würde mich lieben, doch war es der Adel, welcher seine Stellung neben dem König nicht verlieren wollte. »Versuch noch etwas zu schlafen«, murmelte Harold neben mir. »Ich kann nicht. Was, wenn ich etwas falsch mache, oder meine Rede nicht überzeugend ist?« Ein leichtes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht und er drehte sich auf die Seite. Seine Finger strichen sanft über meine Wange. »Es wird alles gut gehen. Kein Mensch ist perfekt.« »Du klingst gar nicht wie ein König. Die Könige aus den fernen Ländern behaupten von sich einzigartig zu sein, aber du bist einfach anders.« Wieder lächelte er. »Ich bin nicht adlig von Geburt. Ich weiß, wie es ist einem König dienen zu müssen, welcher sich nicht um das Wohl des Volkes schert.« Erstaunt sah ich ihn an. »Du bist nicht adlig von Geburt?« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin der Sohn eines armen Bauers gewesen. Meine Mutter starb im Kindbett.« Ich rückte näher an ihn heran. »Das tut mir leid.« »Ich habe sie nie kennen gelernt. Mein Vater hat sich um mich und meine Brüder gekümmert.« »Du hattest Geschwister?« Er nickte. »Drei Brüder. Doch da ich weder mit Mutter noch mit Schwester aufgewachsen bin, habe ich nie gelernt wie man mit Frauen umgeht. Deswegen war ich so ein Monster, als ich dir Macht bekommen habe und sie mir einfach nehmen konnte.« Ich schmiegte mich an seine Brust. »Das ist schon eine lange Zeit her, Harold. Bitte denke immer daran, dass du wunderbar bist«, flüsterte ich und schloss die Augen. »Du bist ein wunderbarer Mensch, Viktoria«, murmelte er schlang einen Arm um mich. »Möchtest du noch einmal über alles reden? Den Ablauf der Krönung oder deine Rede als Königin?« Als er dies sagte strahlte er. Ich schüttelte den Kopf. »Wenn ich noch mehr darüber nachdenke, bekomme ich noch einen Kopf Schmerz.« Er lachte und richtete sich auf. »Penelope wird gleich kommen.« Er reichte mir die Hand und zog mich aus dem Bett. Meine Knie zitterten. Ich war so aufgeregt, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.

»Viktoria! Keine Sorge, meine Liebe, es wird alles nach Plan verlaufen«, sagte sie hektisch und strich an allen Ecken und Kanten mein Kleid glatt. Ich betrachtete mich im Spiegel. Das Kleid war in verschiedenen Goldtönen gehalten, mit weißen Ranken verziert. »Du siehst so wunderschön aus, meine Königin«, sagte sie und ich konnte die Tränen in ihren Augen erkennen. »Bitte nicht weinen«, flehte ich und zog sie an mich. »Ich wünsche dir alles Glück der Welt, Viktoria.« Es klopfte an der Tür. »Ist sie fertig?«, konnte ich Louis hören. Ich lief auf die Tür zu und öffnete sie. »Harold wartet schon auf dich.« Penelope und Louis verabschiedeten sich von mir und ich machte mich auf den Weg zu dem großen Thronsaal, wo mich alle erwarteten. Die große Tür wurde geöffnet und ich hielt die Luft an. Jetzt war es so weit. Jetzt würde ich Königin werden. Ich sah all die Menschen die zu mir sahen. Sie füllten den ganzen Saal und ich konnte die hohen Erwartungen in ihren Gesichtern erkennen. Sie erwarteten von mir, dass ich ihnen eine gute Königin sein würde. Mein Blick blieb bei Harold stehen, welcher auf seinem Thron saß und zu mir sah. Er war in ein edles Gewand gehüllt und trug seine Krone auf dem Kopf. Langsam setzte ich einen Schritt vor den anderen, bis ich das andere Ende des Saals erreicht hatte und vor Harold stehen blieb. Er lächelte leicht. Einer seiner Berater trat neben ihn. Sein Blick fiel auf mich und sein Ausdruck wurde finster. Ich wollte den Kopf senken, doch ein leises Räuspern von Harold hinderte mich daran. Ich kniete mich vor ihn und sah zu ihm auf. Der Berater reichte ihm ein mit Samt überzogenes Kissen, auf dem eine etwas kleinere Krone als Harolds lag. Harold nahm sie und hielt sie über mir. »Hiermit erklärte ich dich, Viktoria, meine Frau und mein Leben, zur zukünftigen Königin meines Landes«, sprach Harold und setzte mir die Krone auf. Das Volk jubelte. Ich sah zu meiner Mutter und bemerkte, dass sie in Tränen ausgebrochen war. Harold reichte mir seine Hand und ich erhob mich. Unsicher sah ich zu ihm, und als er leicht nickte, begann ich zu reden.

»Ich möchte Euch nicht als mein Volk ansehen. Ich möchte nicht über Euch stehen und Euch sagen, was Ihr zu tun habt. Ich möchte Euch eine gute Königin sein, und an der Seite meines Gemahls Gutes für Euer Land tun. Ich möchte immer für Euch da sein, doch auch muss ich mich um meine Freunde aus meinem Dorf kümmern. Daher möchte ich Euch ein Angebot unterbreiten. Ich weiß, dass es für viele von Euch schwer sein wird, doch ich denke dabei nur an das Wohl meines Dorfes.«

Ich nahm noch einmal einen tiefen Atemzug. Jetzt würde sich alles entscheiden. Jetzt würde ich sehen, ob sich Harolds Volk mit mir abfinden kann. Mein Herz schlug wie wild und ich reckte das Kinn noch ein wenig weiter gen Himmel.

»Ich möchte, dass Ihr Euch von nun an von Tierblut ernährt.« Kurze Zeit herrschte Schweigen, bis lautes Rufen aus der Menge zu hören war. »Das ist unerhört!« Ängstlich sah ich zu Harold. Er zog die Augenbrauen zusammen und trat neben mich. »Es ist die Pflicht meiner Frau für die Sicherheit ihres Dorfes zu sorgen. Und dies kann sie nur mit unserer Hilfe. Wir sind diejenigen, die die Schuld für die Angst der Menschen tragen. Und somit können wir ihnen helfen.« Die Menge verstummte. Von diesem Moment merkte ich, dass ich einen Fehler begangen hatte. Ich hätte die Menge nicht sofort auffordern sollen, ihre Nahrungsquelle zu ändern. Panisch sah ich zu Harold, doch sein Blick war auf die Menge von Vampiren und Menschen vor ihm gerichtet. Und plötzlich bekam ich Angst. Angst, dass die Vampire mit Gewalt dafür sorgen würde, dass diese Nahrungsquelle ihnen erhalten blieb.


Dark LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt