Kapitel 2

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Als Bruno nach Hause kam, begrüßte ihn ein herrlicher Duft aus der Küche, dem er nur allzu gerne folgte. „Hallo, Casita", begrüßte er das Haus und die Fensterläden winkten ihm freudig entgegen. Er liebte Casita als wäre sie ein richtiges Familienmitglied.

Er streckte seinen Kopf in die Küche und war kaum überrascht Julieta zu sehen, wie sie am Herd stand. „Was kochen wir denn heute, Schwesterherz?"

Ajiaco", sagte Julieta. „Komm mal her und probiere", sie schöpfte etwas Suppe aus dem Topf und hielt Bruno die Kelle entgegen. Bruno ließ sich das nicht zweimal sagen und eilte zu ihr. Vorsichtig pustete er und nahm dann einen Schluck. Er schmeckte das Huhn, den Mais, sowie die Kartoffeln deutlich heraus. „Mmh", machte er, den Mund noch immer voll, er hob seinen Daumen, um zu zeigen, wie sehr die Suppe ihm schmeckte.

„Du bist eine wahre Meisterköchin, Julieta", schwärmte er, ohne auch nur ein Stück zu übertreiben. Julieta lächelte peinlich berührt, scheuchte Bruno dann aber aus der Küche. „Du kannst schon mal den Tisch decken, Bruno", es war kein Vorschlag. Bruno verdrehte die Augen, nahm aber das Geschirr und ging ins Esszimmer.

Während er das Besteck auslegte, kam Mamá ins Esszimmer. Sie ging zum Schrank, über dem der Familienstammbaum hing, und rückte eine Obstschale gerade. „Geht es Pepa besser?", fragte Bruno. Mamá nickte. „Gott sei Dank, ja. Sie hat sich wieder beruhigt.", sie stellte sich neben ihn hin und nahm ihm die Gläser ab. „Wie war dein Spaziergang?", fragte sie, während sie ihm half.

Bruno zuckte mit den Schultern. „Ich bin Andres begegnet. Er hat gefragt, wann Pepa runterkommt, er glaubt, dass sie endlich eine geeignete Technik gefunden haben, um ihre Emotionen anzupassen."

Seine Mamá lachte. „Da bin ich ja mal gespannt.", sagte sie. „Noch was anderes passiert?"

„Er möchte auch seine Zukunft vorausgesagt bekommen, wegen seiner Ernte."

„Hast du zugestimmt?"

„Ja, Mamá"

„Gut", Mamá hatte die Gläser fertig aufgestellt und nahm nun eine Karaffe mit Wasser, um ihnen je was einzuschütten. „Pepa!", rief sie dabei. „Essen!"

Als sie schließlich alle am Tisch saßen und die von Julieta zubereitete Ajiaco aßen, dachte Bruno sich, dass er vielleicht mal Pepa von Andres erzählen sollte: „Hey, Pepa", sagte er also, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.

„Ja?"

„Andres hat mich gefragt, wann du das nächste Mal nach Encanto runtergehst. Er meinte, dass sie wohl eine neue Methode haben, um deine Launen anzupassen."

„Ich werde wahrscheinlich heute noch runtergehen.", meinte sie. „Aber ich bezweifle, dass es funktionieren wird."

„Besonders, wenn Félix in der Nähe ist", neckte Julieta sie.

„Julieta!", rief Pepa und kleine Blitze schlugen auf den Tisch ein; sie hinterließen winzige Brandspuren. Bruno hob seine Schüssel hoch und rutschte vom Tisch weg, damit weder sein Essen noch er getroffen wird.

„Pepa!", schimpfte Mamá. „Reiß dich zusammen!"

„Aber es war doch Julieta!", beschwerte sich Pepa. Julieta kicherte hinter hervorgehaltene Hand.

„Dann reißt ihr euch beide eben zusammen!", Mamá seufzte. „Habt ihr schon gehört, dass Encanto eine neue Bewohnerin hat?", wechselte sie schließlich das Thema.

„Ach, ja?", Pepa und Julieta hatten ihren Streit vergessen und sahen Mamá erwartungsvoll an. Sie beide liebten neuen Klatsch. Oft musste Bruno ein Ohr opfern, damit sie beide ihm alles erzählen konnten. Er interessierte sich in den meisten Fällen nicht sonderlich dafür, auch wenn manchmal wirklich etwas sehr Interessantes dabei war, wie zum Beispiel als der alte Filipe nachts betrunken seine Frau mit einem Esel verwechselt hatte. Als Bruno das erste Mal davon gehört hatte, konnte er es nicht glauben, aber es war wirklich wahr. Als Beweis dafür galt der alte Filipe selbst, der die Nacht dann im Eselstall verbrachte, weil sich seine Frau geweigert hatte, die Tür zu öffnen.

Ich sehe dich, BrunoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt