Kapitel 16

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Als Bruno später die Augen wieder öffnete, war Lucia bereits auf den Beinen. Sie lief immer wieder die Länge des Zimmers nach und murmelte etwas vor sich hin. Bruno setzte sich auf und beobachtete sie. Er fragte sich, was er wohl dieses Mal sehen würde, wenn er einen Blick in ihre Zukunft werfen würde. Wieder einen Zusammenbruch oder einen bevorstehenden Streit? Oder wäre das Schicksal gnädig und würde sich für die vergangenen Ereignisse entschuldigen?

„Was machst du da?", fragte er.

„Mh?", Lucia blieb stehen und sah ihn an. „Oh. Ich habe überlegt."

„Worüber?", er grinste. „Über mich?"

„Tatsächlich, ja.", sie strich sich lose Haarsträhnen hinter die Ohren. „Ich dachte mir nämlich, dass ich irgendwas tun muss, um Adella so richtig wütend zu machen."

„Lucia", sagte Bruno sanft. „Ich denke, dass hast du bereits."

„Ja, aber nein", sie begann wieder mit ihren Händen zu gestikulieren. Das schien eine Art Angewohnheit von ihr zu sein, fiel Bruno auf, denn wenn er so zurückdachte, dann schien sie ständig ihre Worte mit ihren Händen zu unterstreichen. „Sie hat meine Bewerbung zerrissen, weil sie der Meinung ist, dass ich es am Theater nicht bringen werde ... also muss ich ihr beweisen, dass ich es doch kann."

„Es wird aber eine Weile dauern, bis du das kannst", meinte Bruno. „Immerhin musst du die Bewerbung erst abschicken, auf eine Antwort warten ..."

„Ja, ja", sie wischte Brunos Einwände mit den Händen weg. „Deshalb habe ich nachgedacht ... erinnerst du dich, als wir den Raum hier zum ersten Mal gesehen haben? Davor hatten wir uns übers Theater unterhalten."

Bruno erinnerte sich. Sie hatten auf den Boden gelegen und Lucia hatte sich ihm mehr oder weniger das erste Mal anvertraut. „Du meinst ..."

„Wir führen ein Theaterstück auf!", rief sie aufgeregt und sprang auf Brunos Schoß. Bruno ächzte, aber Lucia schien das gar nicht mitzubekommen. „Allerdings habe ich gerade absolut keine Ideen"

„Wirklich?", Bruno sah sie zweifelnd an. „Dein brillanter Kopf steckt doch immer voller Ideen."

„Ich weiß", klagte sie. „Aber es scheint, als wäre er gerade im Urlaub, oder so. Fällt dir nichts ein?"

„Mh", Bruno dachte nach. „Ich hatte letztens so einen Traum – der war ganz interessant."

„Worum ging es?"

„Um die Kerze. Ich habe geträumt, dass in der Kerze eine Hexe eingesperrt war, die unbedingt herauswollte. Sie sagte mir, dass ich mit ihrer Hilfe der Familie helfen kann, damit sie stolz auf mich sind und ich habe ihr eben geglaubt.", er zuckte mit den Schultern. „Am Ende hatte die Hexe mich hereingelegt und ich wurde in die Kerze verbannt, während die Hexe wieder draußen in der Welt war. Dann bin ich aufgewacht."

„Träumst du sowas öfter?", fragte Lucia und sah ihn besorgt an.

„Manchmal, wieso?"

„Ach, ich fange nur an mir Sorgen über deine mentale Gesundheit zu machen", sie küsste ihn auf die Wange. „Denn ich bezweifle, dass sowas gesund ist. Du solltest nicht davon träumen, dass du deine Familie stolz machen wirst, weil du das in der Realität doch machst."

„Ich wüsste gerne von welcher Familie du sprichst", lachte Bruno. „Denn meine Mamá kannst du mit Sicherheit nicht meinen."

„Ich meine mich selbst", sagte sie. „Ich bin auch ein Teil deiner Familie und sehr stolz auf dich, egal, was du machst. Und ich werde es immer sein. Vergiss das nicht."

Bruno schluckte und seine Augen wässerten. Warum nur brachte Lucia ihn immer wieder zum Weinen? Er begann zu glauben, dass sie doch eine Gabe hatte und ihn mit ihren Worten einfach emotional machen konnte. Es machte ihn verrückt.

Ich sehe dich, BrunoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt