Es war eigenartig zurückzukehren. Nicht für einen kurzen Urlaub, wie sie es für die Hochzeiten von Pepa und Julieta getan hatte, sondern für immer. Es fühlte sich unwirklich an, als wäre sie in einem Traum, aber so fühlte sich Encanto die meiste Zeit über an; ein, von jeglichem Fortschritt, abgeschnittenes, verwunschenes Dorf in den Bergen Kolumbiens.
Ay, wie sehr hatte sie es vermisst?
Viel zu sehr. Ihr Herz sehnte sich nach dem Dorf.
Es sehnte sich nach Bruno.
Viele Jahre hatte sie nun ihren Traum gelebt? Zu viele, um sie zählen zu können. Sie war glücklich, sie hat es geliebt, gewiss. Doch ihr Herz hatte immer nach jemanden geächzt, den sie nicht sehen konnte. Bruno. Der Name hatte sich in ihr Herz gebrannt und seit über zwanzig Jahren glühte er noch immer. Sie verfluchte sich dafür, dass sie in ihrem jungem Alter so eine einfältige Entscheidung getroffen hatte und zurück nach Medellín gekehrt war.
Sie hätte bleiben und mit Bruno ein einfaches kleines Theater im Dorf eröffnen sollen. Sie wäre glücklich gewesen, glücklicher als sie in Medellín war.
Aber jetzt war sie da. Nach all den Jahren hatte sie sich richtig entschieden und kehrte zurück. Zurück nach Encanto und zurück zu Bruno.
Dabei war ihre Entscheidung sehr überstürzt gefallen. Sie war mitten in einem Interview für irgendeine Zeitung gewesen, als man ihr den Brief gegeben hatte, der alles veränderte. Nein, es war keiner von Bruno gewesen, auch wenn sie wöchentlich mehrere von ihm bekam. Es war ein Brief von Adella gewesen.Ihre Tía Adella!
In dem Schreiben bat sie Lucia zurückzukommen, sowie um Entschuldigung, für all die Schrecklichen Dinge, die sie einst zu ihr gesagt hatte. Lucia wollte den Brief wegschmeißen, kaum hatte sie einen Blick auf den Absender getan, aber dann viel ihr auf, dass der Brief mehr als ein Blatt Papier enthielt.
Ihre Mutter hatte ihr ebenfalls geschrieben und ihren Brief zu Adella ihren in den Umschlag gegeben. Dort benachrichtigte sie Lucia, dass ihre Tía verstorben sei und Adella ihr ihr Haus vermacht hatte. Sie sagte auch, dass Adella in all den Jahren große Reue gegenüber ihren Taten gezeigt hat und sie hoffte, dass Lucia das Haus nun ihr Eigen nennen würde.
Lucia hatte nicht gezögert. Sie unterbrach das Interview und lief fort, um sich ein Ticket für den Zug zu kaufen, sowie ihre Sachen zu packen.
Und nun stand sie hier – nicht vor dem Haus, welches Adella gehört hatte, aber vor einem Haus, das sie ebenso ihr zu Hause nennen konnte.
„Hola, Casita", sagte sie lächelnd und winkte leicht mit der Hand.
Das Haus der Madrigals winkte freudig mit den Fensterläden zurück und Lucia spürte, wie Tränen in ihren Augen brannten. „Ich bin zurück, Bruno"
„Wir reden nicht über Bruno", sagte plötzlich eine Mädchenstimme neben ihr.
Lucia zuckte zusammen. „Was?"
„Wir reden nicht über Bruno", ein Mädchen mit einer großen Schleife auf dem Kopf hatte sich zu ihr gesellt. „Die Erwachsenen mögen es nicht, wenn man seinen Namen erwähnt."
„Warum?", fragte Lucia. Natürlich wusste sie, dass die Familie Madrigal und das Dorf nicht gut auf Bruno zu sprechen waren, aber sein Namen für Tabu zu erklären, obwohl er noch bei ihnen lebte – das war doch etwas übertrieben.
„Er ist vor drei Jahren verschwunden. Am Abend, als Mirabel ihre Gabe nicht bekommen hat. Ich habe Abuela darüber reden gehört, dass er wohl irgendeine Vision haben sollte, aber sie hat nie erfahren, was er genau gesehen hat."
„Seltsam" murmelte Lucia. Sie hat jahrzehntelang mit Bruno Briefe geschrieben, aber das er seine Familie verlassen hatte, erwähnte er nie. Sie holte einen seiner Briefe aus ihrer Tasche; Nein, er schrieb nur über seine Familie und seinen Ratten.
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Ich sehe dich, Bruno
Fiksi PenggemarAls Lucia, die Nichte der bestimmten und altmodischen Adella, zu Besuch nach Encanto kommt, wird das Dorf unruhig. Denn nicht nur ist Lucia eine besondere kleine Persönlichkeit, die nichts auf sich sitzen lässt, sondern versteht sie sich auch noch ä...