Kapitel 11

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Als Bruno schließlich durch ein Klopfen geweckt wurde, staunte er nicht schlecht, als er sah, dass der Mond noch immer hoch am Himmel stand. Erst dachte er, dass er geträumt hätte, aber dann wiederholte sich das Klopfen und Bruno glaubte, dass er nun endgültig verrückt geworden war, denn wer sollte schon mitten in der Nacht bei ihm klopfen?

„Bruno? Bist du wach?", Lucia. Natürlich, wer auch sonst?

Bruno rieb sich die Augen und warf seine Bettdecke zur Seite. Noch immer im Halbschlaf schlurfte er zur Tür und öffnete sie. Lucia stand davor, in einem Nachthemd, welches sie sich von Julieta geliehen hatte, und einer brennenden Kerze in der Hand. „Alles okay?", fragte Bruno.

„Ich – ähm – hatte einen Albtraum", sagte sie knapp. „Kann ich bei dir schlafen?"

Bruno nahm ihr vorsichtig die Kerze aus der Hand und stellte sie auf seinen Schreibtisch neben der Tür. „Gerne", Lucia huschte durch die Tür und Bruno schloss sie hinter ihr. „Klopf auf Holz. Klopf auf Holz", murmelte er leise.

Lucia stand in der Mitte des Zimmers, als wüsste sie nicht, wo sie hinsollte. Bruno blies die Kerze aus und legte sich wieder ins Bett. Er hob die Bettdecke an und nickte Lucia zu, dass sie zu ihm kommen soll. „Willst du über deinen Albtraum reden?", fragte er, während er sich und sie zudeckte. Wie durch einen Reflex legte er einen Arm um sie und sie rutschte näher an ihn heran.

„Es – es ging um meine Tante und Mutter", begann Lucia zu erzählen. „Sie haben sich unterhalten, keine Ahnung, worüber ... ich war in einem Gemälde gefangen und konnte nicht raus, sie haben mich auch nicht gehört. Jedenfalls haben sie geredet und geredet und dann kam noch dieser langweilige Carlos, mein ... na ja, du weißt schon. Er hat sich also auch zu meiner Mutter und Adella gesetzt und mit ihnen geredet. Das war alles noch ziemlich normal. Aber dann spürte ich, wie das Gemälde immer kleiner wurde und dass etwas mein Arm hochkrabbelte und plötzlich waren da überall so viele Spinnen!"

Bruno sah sie überrascht an. Er hatte nicht damit gerechnet. Er dachte, dass vielleicht ihre Mutter oder Tante der Bösewicht ihres Traum sein würde, aber Spinnen? Nun, er wusste, dass sie Angst vor Spinnen hatte, aber das kam dann doch unerwartet.

„Aber hier sind keine Spinnen", versprach Bruno ihr. „Amigo und seine Familie haben sie alle aufgefressen. Sie können dir nichts tun."

„Deswegen bin ich auch zu dir gegangen", sagte Lucia leise. „, weil ich wusste, dass Amigo bestimmt in deiner Nähe sein würde."

„Und ich hatte schon gedacht, dass du wegen mir hier bist", versuchte Bruno sie aufzumuntern. Es funktionierte, denn sie grinste in die Bettdecke hinein. „Vielleicht ein bisschen", gab sie zu.

„Denkst du, dass du schlafen kannst?", fragte Bruno. „Ja, immerhin bin ich hier sicher, oder?"

„Aber natürlich."

Sie drehten sich beide auf die Seite, sodass Bruno ihre Haare im Gesicht hatte, was ihn aber nicht störte. Sie rochen gut. Er wusste nicht, was er mit seinen Armen anstellen sollte, bis er sich schließlich wagte, einen Arm um ihre Taille zu legen. Das war ein angenehmes Gefühl.

„Nein, das geht so nicht", sagte Lucia plötzlich und Bruno erschrak. Hätte er seinen Arm bei sich halten sollen? „Was denn?"

„Du atmest mir in den Nacken. Das ist ein ganz ekliges Gefühl. Warte", sie drehte sich wieder um, sodass sie Nase an Nase lagen. „Besser" meinte sie.

Sie schloss ihre Augen und begann ruhig zu atmen. Bruno zögerte, ob er seinen Arm wieder zurücklegen sollte, aber da ergriff sie selbst schon seinen Arm und legte ihn um ihre Taille. „Das ist auch ein schönes Gefühl", flüsterte sie nur. Bruno schloss lächelnd seine Augen.

Ich sehe dich, BrunoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt