Es fühlte sich an, als hätte jemand Brunos Herz aus seiner Brust gerissen und wäre darauf herumgetrampelt – und dieser jemand war Bruno selbst. Er hatte sich diesen Schmerz selbst angetan. Das wusste er nun.
Ihm wurde das klar, als er die Scherben der Vision aufsammelte und sich schnitt; ein dünner langer Strich erschien auf seiner Innenhand und blutete.
Er war selbst schuld. Er allein.
Jetzt saß er seit Tagen in seinem Zimmer, sprach mit niemanden ein Wort. Er lag auf seinem Bett und blies Trübsal. Er zog sich selbst herunter. Er war gut darin. Er war schon immer gut darin gewesen.
Es gab da eine Traurigkeit in ihm, die sich langsam ausbreitete und ihn in ein tiefes Loch zog.
Sein Herz tat weh. Es tat weh. Und er wusste nicht, was er tun sollte.
Seine Augen begannen zu tränen und er drückte sein Gesicht in sein Kissen. Es fühlte sich an, als würde er ertrinken. Ertrinken in seinen eigenen Tränen und das Schlimmste war, dass niemand ihm auch nur helfen konnte, weil er sich selbst in diese Situation gebracht hatte.
Das hatte er doch, oder nicht?
Ja. Es wäre nämlich alles nicht passiert, wenn er Lucia niemals in seine Visionshöhle gelassen hätte. Sie hätte niemals die Steine gesehen und sich das ganze mit seiner Gabe eingeredet.
Er hatte er zu sehr vertraut – und es jetzt wieder kaputt gemacht.
Nein – er durfte nicht so denken.
Er durfte nicht an Lucia denken.
Es tat zu sehr weh.
Bruno schniefte, als er etwas unter seinem Kopfkissen fand. Es war das Hemd, welches Lucia getragen hatte. Es roch noch immer nach ihr ...
Er warf es gegen die Wand.
Er durfte nicht an sie denken!
„Bruno?", jemand klopfte an die Tür. Schnell wischte Bruno sich die Tränen weg und ging zur Tür. „Ja?"
„Geht es dir gut?", es war Julieta. Sie sah ihn besorgt an. „Du hast seit Tagen kein einziges Wort gesprochen und kaum gegessen. Ich mache mir Sorgen um dich, Hermano"
„Alles ist okay", doch kaum hatte er die Worte ausgesprochen, so wurde Julieta schnell klar, dass eben nicht alles okay war; Bruno fing wieder an zu weinen.
Julieta legte einen Arm um ihn und führte ihn zu seinem Bett. „Schh", machte sie. „Es ist alles gut, Bruno"
„Nein, ist es nicht", Bruno war froh, dass Julieta bei ihm war, aber gleichzeitig dachte er sich, dass er es nicht verdiente.
„Was ist denn los?"
„Ich bringe jede meiner – meiner Beziehungen zum Scheitern, egal was für welche. Jede einzelne.", er zuckte mit den Schultern und wischte sich die Tränen weg. „Ich weiß nicht. Ich denke, es sind ... Wutprobleme. Ich fühle mich, als würde die Welt mir was schulden – oder ich schulde ihr was. Ich habe definitiv ein geringes Selbstwertgefühl, das kann man nicht leugnen", er lachte kläglich auf. „Ich mache einfach alles kaputt."
„Das ist nicht wahr", Julieta strich ihm über den Rücken. „Sieh doch nur, was du alles geschafft hast: Du bist der beste Bruder aller Zeiten, die Kinder in Encanto lieben dich und Lucia himmelt dich hoffnungslos an."
„Darüber wäre ich mir jetzt nicht mehr sicher", murmelte er.
„Oh", es klang, als hätte Julieta verstanden. „Du hast dich mit Lucia gestritten ..."
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Ich sehe dich, Bruno
FanfictionAls Lucia, die Nichte der bestimmten und altmodischen Adella, zu Besuch nach Encanto kommt, wird das Dorf unruhig. Denn nicht nur ist Lucia eine besondere kleine Persönlichkeit, die nichts auf sich sitzen lässt, sondern versteht sie sich auch noch ä...