14

46 3 0
                                    

Der erste Schultag war wie befürchtet die absolute Hölle. Der ganze Tag war eine absolute Hölle. Und jetzt liege ich wieder schlaflos im Dunkeln und kämpfe gegen den Schwindel und die Schmerzen. Diese wiederlichen hungerschmerzen... ich gebe es nicht gerne zu aber ana hat voll und ganz die Kontrolle zurückerlangt. Sie beherrscht mich besser als es jemals jemand getan hat. Und vermutlich auch tun wird. Zurück zur Schule. Der Tag fing bereits mit Stress an, ich war mal wieder knapp dran und suchte ständig fieberhaft nach ausreden nicht zur Schule zu müssen. Erfolglos. Also kippte ich den Kaffee in einem großen Becher, schnappte Schuhe, Schlüssel, jacke und Tasche und verließ fluchtartig das Haus. Irgendwie schaffte ich es unterwegs den Kaffee zu trinken ohne mich komplett einzusauen. Der Bus kam auch ausnahmsweise mal pünktlich und war wie immer extrem voll. Nächster stresspunkt. In der Schule angekommen stellte ich mich an den versammlungsplatz meiner Klasse und wartete. Alles war so laut und ich war super nervös und ängstlich. Noch ein stresspunkt. In den Stunden wurde es nicht wirklich besser. Ungelogen jeder Lehrer sprach mich mindestens einmal an. „Schön das du wieder da bist!" „wenn du Hilfe brauchst frag einfach" „brauchst du noch etwas?" „schön das es dir besser geht :)" ist ja alles ganz nett, aber ich kannte diese ganzen Lehrer nicht und mich ängstigte das sehr wenn mich „fremde" Leute ansprechen. Auch wenn das nur nett gemeint war. Eine Lehrerin nahm mich einfach dran, da dachte ich wirklich mein Herz setzt aus. Im Unterricht kam ich kaum mit. Ich hatte all diese Themen noch nicht gehabt und ich hatte außerdem nicht gefrühstückt. Ich hatte schmerzen und unfassbaren Hunger. Mein Kopf war voll davon und aufgrund der Mangelernährung konnte ich sowieso nicht denken. Ich weiß gar nicht ob dieser ganze Text hier Sinn macht aber ich versuche es einfach weiter. 5 Stunden direkt bei Beginn war natürlich heftig aber ich versuchte so gut es ging mich einzugliedern und mitzumachen. In der letzten Stunde meldete ich mich auch ein zwei mal. Ich kaute meine komplette Lippe auf. Mitten im Unterricht kackte mein Kreislauf plötzlich komplett ab. Mir war die ganze Zeit schwindelig aber da war es richtig schlimm. So schlimm das ich den Kopf auf den Tisch legen musste und die Augen schließen musste und mich echt konzentrieren musste mich nicht zu übergeben oder ohnmächtig zu werden. Das konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Ich musste ab morgen frühstücken, aber ich hab so Angst!! Angst vor den Kalorien, Angst vor der Zunahme, Angst vor dem Essen. Und mit jeder Mahlzeit die ich wegließ wurde es schlimmer. Ich kam heute mit ach und Krach noch auf 600kcal. Getrunken hatte ich heute nichts außer den Kaffee. Gestern nur 150ml, davor den Tag nicht wirklich mehr. Ich war ziemlich am Limit. Ich konnte nicht mehr. Mein Körper wehrte sich mit aller macht gegen die schlechte Behandlung. Nach der Schule fuhr ich mit dem Bus zum Hauptbahnhof und musste dort in einem Zug umsteigen. Ich hasste Zug fahren, es versetzte mich die ganze Zeit über in Panik. Ein erneuter stresspunkt. Mein ganzer Tag bestand nur aus Stress. Da ich den Bus an meinem Bahnhof nicht fand, lief ich kurzerhand die 3 km bis zu mir nach Hause. Es tat mir unglaublich gut, ich konnte ein klein bisschen abschalten von all dem Stress bevor es weiter ging. Strahlend blauer Himmel und Sonnenschein. Klare Luft und - stille. Zu Hause angekommen ging es allerdings direkt weiter. Ich hatte kurz Zeit mich dazu zu überwinden etwas zu essen, dann ging es auch schon weiter zum Arzt. Eine erneute Urin Probe abgeben da ein Wert deutlich erhöht war. Dies war nicht weiter schlimm wenn er jetzt wieder normal war. Blieb er länger erhöht konnte dies allerdings gefährlich werden. Kurz vorher rief mich die stationsleitung und Therapeutin von Station an. Frau rinke klang sehr ernst. Es war das eingetreten was wir alle befürchtet und ich vorhergesagt hatten. Es lief nicht. Ich versuchte alles. Noch ein stresspunkt. Ich suchte Argumente und diskutierte, ich wollte auf keinen Fall zurück. Wir besprachen das sie morgen nach der Schule nochmal anrufen würde und bis dahin hätte sich geklärt wann ein Platz frei werden würde. Wenn ich das richtig verstanden habe hatte ich also noch bis morgen Zeit zu essen und zu zeigen das ich es wirklich will. Dann bekam ich vielleicht noch ein wenig der Zeit um die ich gebeten hatte. Ich musste morgen lügen. Ich musste sagen das ich knapp über 1000kcal gekommen war. Das ich 1,5 Liter getrunken hatte. Das mein Gewicht schon höher war. Und wenn alles nichts beachte musste ich eben abhauen. Nie wieder wollte ich dahin zurück. Danach mussten wir noch einkaufen, meine mum hatte extrem schlechte Laune also noch ein stresspunkt. Auf dem Aldi Parkplatz traf ich eine ehemalige Arbeitskollegin und mittlerweile echt gut Freundin . Ich erzählte ihr was Sache war und schilderte meine Ängste. Sie als Mutter hatte da nochmal eine andere Sicht drüber. Klar konnte sie mich verstehen, aber sie verstand eben auch das es besser sei ich würde in die Klinik zurück und diesmal bis zum Schluss bleiben um endlich gesund zu werden. Aber ich hatte längst den Mut und das Vertrauen in diese Klinik verloren. Die halfen mir dort auch nicht. Und jetzt liege ich hier. Todmüde aber finde keinen schlaf. Panische Angst vor der Schule morgen. Panische Angst vor dem arzttermin. Panische Angst vor dem Gespräch mit Frau rinke. Ich musste trotzdem langsam versuchen zu schlafen, ich würde sonst morgen gar nicht aus dem Bett kommen...

Nie gut genug Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt