Eine Woche ist nun vergangen, eine Woche in der viel passiert ist. Nach diesem heftigen familiengespräch hatte ich jegliche Motivation und jegliche Lebenslust verloren. Ich hatte mich fallen lassen. Ich hatte erst gar nichts mehr gegessen und dann kaum mehr als 200kcal. Ich meine, wofür noch den Kopf ums essen aufnehmen? Meine mum hatte gesagt dass es ohne mich besser lief, ich sollte in eine Wohngruppe und hatte auf einen Schlaf alles verloren, inklusive meiner Träume für die Zukunft. Also warum noch essen... mittlerweile bereue ich diesen „Entschluss" auch wenn ich Eigentlich gar nicht zurechnungsfähig für eine solcher Entscheidung war. Es ist einfach passiert. Ich hungerte nicht fast bis zum Tod, hatte jeden Abend angst schlafen zu gehen weil ich nicht wusste ob ich wieder aufwachen würde. Meine Werte wurden immer schlechter und mein Gewicht schoss viel zu schnell nach unten. Dann war ich ganz unten angekommen. Alles war absolut kritisch. Und ich wollte essen! Aber ich konnte nicht mehr. Ich hatte einen Zucker von 53, unter 50 besteht akute Lebensgefahr und es war Abend. Ich hatte panische Angst die Nacht nicht zu überleben. Der Arzt von station konnte es mir auch nicht mehr sagen. Ich kann mich aufgrund der unterzuckerung an kaum was die letzten Tage erinnern, aber an die Gespräche schon. Die Ware sehr bewegend. Sehr eindringlich sagten mir unterschiedliche Leute das ich langsam starb, das es bereits begonnen hatte, das ich kurz vorm Tod stand und mit jeder weiteren Nacht mit meinem Leben spielte. Aber ich war krank. Ich bin krank. Ich konnte es nicht sehen. Ich wollte es nicht sehen. Natürlich hatte ich Angst, ich wollte nicht sterben, ich spürte wow mein Körper immer mehr kämpfte. Komplett unterzuckert aber einen Puls von 138, dazu häufiges Herzrasen. Mein Körper konnte nicht mehr und dann endlich, gestern kam ein kleines bisschen Einsicht. Wir fuhren ins Krankenhaus um überprüfen zu lassen ob bereits Wasser in mein Herz lief was zum Glück noch nicht der Fall war. Danach bemühte ich mich zu essen, aber mein Magen hatte so lange nichts bekommen das ich nichtmal ein halbes Brötchen schaffte und schon Magenkrämpfe hatte. Ich war müde. Ich wehrte mich nicht mehr. Alles war zu anstrengend ich schlief ja fast nur noch. Und mir war klar geworden das ich leben wollte. Ich wollte nicht bloß überleben. Ich wollte leben, mein Leben so formen wie ich es wollte und glücklich sein. Was hatte ich davon dünn zu sein, wenn ich dann daran starb?? Und dennoch sitze ich es jetzt hier mit Sonde in der Nase und schmerzen im Hals und denke nach. Ich hätte es verhindern können. Aber ich habe es nicht getan. Natürlich habe ich mir erst El geredet ich hätte alles in meiner Macht stehende getan, aber Hand aufs Herz, das habe ich nicht. Es war ein halbherziger Versuch, aber weder habe ich es wirklich ernst genommen, noch wollte ich es wirklich. Jetzt will ich. Oder? Da mischen sich die Zweifel wieder ein. Ich wollte doch leben!! Ohne ständige Sonde! Ich sollte sie wohl einige Wochen behalten, ich musste wohl ordentlich zunehmen. Ich konnte jetzt schon nicht mehr. Ich liege hier mit einem gebrochenen Willen und würde gerne weinen. Toben, schreien, mich wehren, sie mir ziehen oder irgend etwas! Aber ich wollte es nicht erdulden! Ich wollte das alles nicht! Alles wehrte sich gegen die Sonde! Sie tat weh, sie sah hässlich aus und vor allem konnte ich die Kalorien nicht mehr kontrollieren. Ich sollte so viel durch die Sonde zunehmen, das es mir Angst machte. Ich wollte so gerne weinen, aber ich konnte nicht. Den Abend hatte ich apathisch-traumatisch auf dem Flur verbracht, auf dem kalten Boden, an die wand gelehnt und ins leere gestarrt. Mit keinem gesprochen. Ich hatte einfach keine Kraft. Ich wollte aufspringen und schreien, wollte rebellieren, wie ich es sonst tun würde, aber sie hatten mich gebrochen. Sie hatten den Rebellen gebrochen. Also wehrte ich mich nicht. Die erste Sondierung ging vorbei und such die zweite. Ich fühlte mich grausam und mir war schlecht. Mein Bauch blubberte. War ich wirklich so krank? So krank, dass mich ein Schlauch am Leben halten musste? Ich wusste zwar das es besser werden würde, aber das war nur ein kleiner Trost. Ich wollte sie mir am liebsten jetzt sofort ziehen und so tun als sei einfach nichts. Aber dann würde ich sterben, das wusste ich. Und es würde besser werden. Mein Magen würde sich an die Menge flüssignahrung gewöhnen und auch die Schmerzen im Hals würden besser werden. In einigen Tagen würde ich von der Sonde vermutlich gar nichts mehr groß merken. Aber am schlimmsten war das was sie psychisch mit mir machte. Ab morgen musste ich mein Leben zurück holen. Heute war nichts mehr zu ändern, der Tag war vorbei, ich konnte nur noch schlafen gehen und meinem Körper nach einem solchen Tag etwas Ruhe gönnen. Ich lese zur Zeit ein Buch über selbstheilung, dort ist ausdrücklich beschrieben wie wichtig Schlaf und Vitamin D in einer solchen Situation sind. Und morgen würde es langsam bergauf gehen. Wenn ich Glück hatte, hatte ich bereits etwas zugenommen, umso schneller ich zunahm, umso schneller würde ich diesen blöden Schlauch los werden. Ich würde morgen versuchen zu frühstücken, alle Sondierungen still auszuhalten und mich auch sonst ruhig zu halten. Warm duschen und in Decken gehüllt sein, Schluss mit frieren. Keine unnötigen Kalorien mehr verbrauchen. Wenn ich Glück hatte würde ich morgen zumindest Joghurt schlucken können, im Moment tat es noch zu sehr weh. Auch sprechen strengte mich enorm an und war schmerzhaft. Es würde vorbei gehen. Ich musste Geduld haben. Und dieses Mal würde ich gesund werden. Weil ich wollte. Weil der „Aha!" Moment von dem alle sprachen, endlich da war. Irgendwo ganz tief in mir. Vielleicht muss der Mensch wirklich einmal ganz unten gewesen sein bis er entdeckt welche unglaubliche Kraft und Stärke in ihm schlummert. Welches Potenzial er hat. Irgendwann wird alles gut werden. Meine Gedanken schweiften ab in die Ukraine. Mich berührte das Schicksal dieser Leute. Frauen und Kinder flohen, Männer mussten im Land bleiben und kämpfen. Einen Kampf den sie nicht gewinnen konnten, nicht alleine. Russland hatte die zweitstärkste Armee. Davor kam nur Amerika und Amerika würde sich nicht einmischen. China war noch sehr stark und bei denen war es nicht so abwegig das sie sich einmischten. Würde Deutschland sich einmischen? Streng genommen hatten wir das. Es waren waffen in die Ukraine geschickt worden und Russland wurde von allem abgekapselt, wodurch insbesondere die Firmen litten, mit anderen Worten die Wirtschaft. Die Inflation war auch wieder in vollem Gange. Putin war Wahnsinnig geworden. Und er würde nicht halt machen da waren sich viele sicher. Und er hatte gedroht jeden anzugreifen der die Ukraine unterstützte. Also auch uns? Im Moment sind wir noch sicher, aber der Krieg steht erst am Anfang und ist in vollem Gange. Der dritte Weltkrieg droht. Das ist beängstigend. Grade für uns junge Leute, denn das ist die Welt in der wir noch lange leben sollen. Wir haben Angst um unsere Zukunft. Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Corona, Brände, Flutkatastrophen, massensterben, Klimawandel, demos, Gewalt, Vulkanausbrüche, noch schlimmeres corona, Streit um die impfpflicht, menschentrennugn, Krieg. Und und und. In welch einer Welt lebte ich? Lebten wir alle? Lebten meine Geschwister? Sie waren zu jung um es zu verstehen und vermutlich würde es für sie normal sein, sie kannten es nicht anders. Für mich war ja auch viel normal, wenn ich sehnsüchtig uropas Geschichten lauschte. Aber im Vergleich zu den letzten 2-3 Jahren hatte ich doch eine recht gute kindheit. Die Kinder jetzt wuchsen mit Masken auf, kannten Menschen nur mit Maske , lernten zu flüchten und keine zu vertrauen. Für mich war die Welt damals heile. Ich sollte aufgrund einer Straftat eines Mannes ihn identifizieren anhand Bilder. Tatsächlich musste ich bei jedem Bild die Hand vor Nase und Mund halten um ihn zu erkennen, da ich diesen Mann nie ohne Maske gesehen hatte. Somit war eine Identifikation schwierig. Ach ja die Ukraine. Ich hoffte wirklich es nahm alles noch eine Wendung und hier gab es keinen Krieg. Und ich hoffte grade einmal mehr die Sonde schnell zu verlieren. Mein Bauch gluckert und mein Hals tat weh. Ich sollte wirklich versuchen zu schlafen, es war spät. Mein Körper war erschöpft, er brauchte den Schlaf jetzt. Und morgen, da musste ich mich wieder finden. Mich und meinen Lebenswillen. Ein Teil war bereits wieder da, aber ich war immer noch nicht ganz die alte.
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Nie gut genug
RandomDas Leben in seinen Höhen und Tiefen, mit seinen Schwierigkeiten und mit dem Wille zu überleben. Weshalb? Um einmal gut genug zu sein. Nicht für irgendjemanden, nicht für sich, für sie. Oder aber sie würde bei dem Versuch gut genug zu sein sterben.