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Aber in diesem Moment schenkte sie mir einfach Sicherheit. Ein Gefühl von Sicherheit wie ich es lange nicht mehr hatte. Ein Funken Hoffnung in all der Dunkelheit. Und ich schmiegte sie an mich, klammerte mich verzweifelt an ihr Fell und mein Herz schlug voller Dankbarkeit. Ich lauschte ihrem schnurren und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Psychischer Schmerz konnte so viel mehr weh tun als körperlicher.... Ich war dankbar für den kleinen warmen Körper an meinem Bauch der mir zeigte dass ich nicht alleine war. Das meine Ängste nur für mich existierten. Das eigentlich alles okay war. Ich strich durch das warme Fell und es beruhigte mich. D'as gleichmässige schnurren beruhigte mich. Und ich wusste ich konnte schlafen. Loslassen. Sie war da. Ihre durchdringenden Augen ruhten auf mir als wüsste sie um meine Gedanken. Man hört ja immer wieder das Katzen den Menschen in die Seele schauen können. Bei dieser Katze unterschreibe ich das.  

Leise Tränen stummen  schmerzens liefen über meine Wangen. Verzweiflung breitete sich aus. Mutlosigkeit. Ich wusste das es hart wird. Ich wusste auf was ich mich einließ. Ich wusste es würde psychisch ähnlich werden wie der drogen Entzug damals. Auch das hier war ein Entzug. Und ein Entzug ist immer hart. Und dennoch unterschätzt man wie hart. Ich bin bei Tag 2 und kann nicht mehr. Natürlich bin ich auch stolz und der Tag lief gut aber in solchen schwachen Momenten bricht es über mich ein was ich des Tages unterdrückt hatte. All die Ängste und sorgen. All das leid. Denn das ist es. Leid. Ich leide. Mit jedem Gedanken und jedem Schritt und jedem Atemzug. Auch wenn ich das nach außen nicht so zeigen mag, ich leide. Und ich habe Angst. Große Angst. Und gleichzeitig will ich all das endlich hinter mir lassen.

Und dann frage ich mich wieder wieso? Wofür? Ich habe Angst zu leben. Angst vor mir. Angst vor der Zukunft. Angst vor meinem zu Hause. Angst vor der Schule. Es gibt nichts wovor ich keine Angst habe. Ich wünschte diese 2 Wochen „Entzug" wären schon vorbei. Und gleichzeitig breitet sich eine Panikwelle aus. Denn ich weiß dass es weiter geht. Nach diesen 2 Wochen wird nichts, aber auch gar nichts, gut sein. Es wird vielleicht nur besser sein. Der erste Schritt ist gegangen. Und dann dauert es weiter Monate, Jahre. Eine Essstörung ist kompliziert und komplex. Vor allem wenn man relativ alleine da steht. Natürlich habe ich Freunde und Menschen die mich wunderbar unterstützen und ohne die Ich nie so weit gekommen wäre und dennoch bräuchte ich noch jemanden an meiner Seite und zwar die ganze Zeit anfangs. Meine Mutter. Und sie weiß das. Und dennoch lässt sie mich ausgerechnet jetzt 2 Wochen alleine um in den Urlaub zu fahren. Sie wäre sowieso keine gute Hilfe gewesen.

Müde gleite ich mit den Fingern durch ihr Fell.  Ich hatte einiges zu tun morgen. Ich musste schlafen. Ich hatte schon genug Termine und auch ohne diese würde ich eine Menge Kraft morgen brauchen. Die ersten Tage waren immer die schlimmsten. Tag 3 wird es dann oft nochmal fast unerträglich bevor es dann endlich besser wird. Bloß nicht rückfällig werden morgen. Ich musste es einfach schaffen. Nicht versuchen, machen! Wie mein Trainer so schön sagt. Müde schloss ich die Augen. Meine Knochen schmerzten. Ich fror. Aber ich war nicht alleine. Egal was diese Nacht passierte ich war nicht alleine. Und das hab mir Sicherheit.

Nie gut genug Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt