Day 5.3

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Nachdem Ezra so überstürzt verschwunden war, drehte ich mit Baloo nur eine kleine Runde über das Feld. Ich hatte Angst, ihn lange alleine zu lassen, da er auf mich ziemlich panisch wirkte. Ich konnte mir nicht ausmalen, was er jetzt bei mir zuhause tat und hatte tatsächlich Angst, dass er auf blöde Gedanken kommen könnte.

Leise schloss ich meine Wohnungstür, hängte die Hundeleine ordentlich an den Hacken und schaute zu Ezra auf, der einige Schritte von mir zurückgetreten war, nachdem er die Tür geöffnet hatte.

„Ez...", hauchte ich und griff nach seiner Hand. Ich wusste, dass er mich zurückweisen könnte, aber das würde ich nicht akzeptieren. Er brauchte definitiv Halt und eine Umarmung.

„Wehe du sagst etwas..."

„Ich? Ich will einfach nur die scheiße hinter mich bringen. Kannst du dich noch an unser Mensch ärger dich nicht erinnern?"

„Klar... aber ich hab keine Lust zu spielen."

„Denk bloß nicht, dass du mir so leicht davon kommst, wir werden noch einiges spielen. Vorallem an Weihnachten." Ich ließ meine Hand seine Taille hinunter wandern und zog ihn bestimmend an mich. Sein Oberkörper an meinem zu spüren half selbst mir und ich erlaubte mir einen tiefen Atemzug seines Aftershaves. Wie schaffte er es nur immer so eine anziehende Wirkung auf mich zu haben?

Obwohl mir die Umarmung half, spannte Ezra sich an und trat einen Schritt zurück. „Das hilft mir nicht... das was die gesagt haben-"

„Kannst du mal aufhören ständig darüber nachzudenken?! Es waren bloß zwei Leute, die diskutiert haben. Nicht mehr. Du interpretierst da zu viel rein und machst dich verrückt."

„Ich bin vorsichtig!"

„Du bist panisch, Ezra... was ich auch voll verstehen kann. Aber weglaufen bringt nichts und gerade du solltest es wissen." Ich schaute ihn eingehend an. Seine sonst smaragdgrünen Augen hatten einen dunklen Touch und wirkten viel trauriger.

Mir war bewusst, dass wir uns beide verändert in der kurzen Zeit und wir viel durchgemacht hatten.

Aber so wie es jetzt läuft, machte es keinen Sinn und ich wollte nicht, dass es so läuft. Wie Jack immer gesagt hatte: Ezra schien mein Seelenverwandter zu sein. Wie verstanden uns beinahe blind. Aber die letzten Tage merkte ich nichts von dieser Verbundenheit.

„Mach was du willst... ich bin ja eh hier", brummte ich.

„Tut mir leid, dass ich dir nicht das geben kann, was du willst..."

„Es dreht sich nicht nur um mich. Uns gehts beiden nicht gut... aber gerade dann sollten wir zusammenhalten und uns nicht voneinander distanzieren..."

„Können wir das später besprechen? Gerade will ich einfach nur alleine sein."

Ich schluckte. Ezra sollte jetzt keineswegs alleine sein. Normalerweise unterstützte ich die Freiräume anderer, aber jetzt? Bei Ezra?

„Du kannst mich gerne hassen, aber ich werde dich jetzt nicht alleine lassen... hast du auch nicht gemacht!" Ich hing meine Jacke an die Garderobe und schob ihn ins Wohnzimmer. „Wir machen jetzt das volle klassische Pärchending. Hinsetzen."

„Dein ernst...?" Es war nicht zu überhören, dass ihm das nicht passte. Anscheinend wollte er alleine sein, seinen Frust in sich hinein fressen und seine schlechte Laune verbreiten.

„Mein voller!"

Langsam schob ich ihn weiter voran, verharrte aber, als er sich umdrehte und seine smaragdgrünen Augen auf meine trafen. Er schaute mich einfach an und es war dieser Blick, bei dem ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte.

Dann trat er zurück und verschwand ins Schlafzimmer, ich folgte ihm, blieb aber wie angewurzelt stehen, als die Tür ins Schloss fiel.

Er hatte mich ausgesperrt. Obwohl es nur hier war, fühlte es sich an, als würde er mich aus seinem Leben aussperren.

„Sind wir echt schon so weit?", rief ich durch die Tür und rüttelte am Türgriff.

„Kindergarten!"

„Lass mir doch einfach meine Zeit", erwiderte er durch die Tür.

„Lass ich, aber ich werde nicht zulassen, dass du alles in dich hineinfrisst, denn genau das tust du gerade."

„Ich will einfach nicht reden... weißt du wie es ist zusammen geschlagen zu werden, wegen seiner sexuellen Orientierung?"

Ich schluckte. Es tat weh die Worte, aus seinem Mund zu hören, weil ich mit ihm litt.

„Nein... aber ich weiß, wie es sich anfühlt von der Person, die man liebt zusammengeschlagen zu werden... weil man Widerworte hat..." Zum Ende hin wurde meine Stimme immer leiser und brach ab. Ich war selbst geschockt davon. Noch nie hatte ich das jemandem erzählt. Nicht einmal Jack hatte jemals davon erfahren.

Gerade waren mir die Worte einfach hinausgerutscht. Eigentlich hatte ich gar nicht vor, es zu erzählen.

Ich hörte das Klacken des sich drehenden Schlüssels und anschließend öffnete sich die Tür. Seine grünen Augen musterten mich.

Langsam schob ich ihn in Richtung Bett und erst, als wir beide nebeneinander drauf hockten, sprach ich weiter.

„Ehrlich...?"

„Ja... leider. Was denkst du, warum ich häufig ausweiche oder im ersten Lockdown abgehauen bin. Ich weiß, dass du mich nie verprügeln würdest. Dennoch gibt es immer Situationen, die mir Angst einjagen. Das ist eine Erfahrung, die man nie vergisst. Du dagegen musst nur über deinen Schatten springen. Natürlich ist es scheiße... aber den siehst du nie wieder. Du weißt ja nicht mal, wer es war..."

„Wenns so wäre..."

„Ez... kennst du den etwa?" Ich schaute ihn an und hob eine Augenbraue. Alles deutete daraufhin, dass hinter der gesamten Geschichte mehr steckte, als er erzählte. „Ein wenig... es war der Cousin meines Ex..." Ich sah, wie sein Adamsapfel beim Schlucken hüpfte. Der Cousin seines Ex-Freundes? Ich schluckte. Das warf ein ganz anderes Licht auf die Situation.

„Aber du hast trotzdem Leute, die immer hinter dir stehen."

„Es ist echt schwer wieder zu sich selbst zu finden, wenn so etwas passiert."


Everything hopeless [Everything 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt