Day 1.1

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So wie Ezra es gestern gesagt hatte, geschah es auch. Er hatte seine Tasche gepackt und hatte anschließend einen Kaffee mit mir getrunken. Am späten Nachmittag sind wir zu mir gegangen. Erst da war mir aufgefallen, dass wir nicht weit voneinander entfernt lebten.

„Kaffee?", fragte jemand.

„Was?"

Ich nahm seine Stimme nur gedämpft wahr, aber sie brachte mich dazu, meine Augen zu öffnen. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, dass Ezra umständlich mit zwei Tassen Kaffee in der Hand in mein Boxspringbett krabbelte, in welchem sich auch Baloo breitgemacht hatte. Der Husky hatte sich hinter mir lang gemacht und sich an meinen Rücken gekuschelt. Ich rutschte langsam in eine sitzende Position und nahm Ezra den Kaffee ab. „Danke. Aber das musst du nicht."

„Schon, aber wir machen Teamarbeit. Erinner dich dran, wie wir es bei mir gemacht haben", sagte er. „Übrigens... deine Wohnung ist das reinste Chaos."

„Ich weiß. Ich kam die letzten Tage nicht dazu. Nicht wirklich. Mir gings nicht so gut und-"

„Cole!" Ezra warf mir einen fassungslosen Blick zu und brachte einen Sicherheitsabstand zwischen uns. „Ich fass es nicht! Du weißt genau von meiner Angst und meiner Vorerkrankung. Meinem Risikostatus. Und trotzdem tauchst du vor meiner Tür auf, wenn es dir nicht gut geht? Wenn du mich jetzt angesteckt hast-"

Seine Stimme war ruhig, dennoch konnte ich heraushören, dass er aufgebracht war.

„Emotional Ezra. Mir gings psychisch nicht gut. Körperlich gehts mir super."

Vorsichtig wandte ich mich ihm zu und schaute ihn wieder an. Er atmete aus. Hielt aber den Abstand zwischen uns.

„Dein Glück. Ich hätte dich eigenhändig umgebracht, wenn du mich angesteckt hättest."

„Du weißt, dass ich deine Gesundheit nicht umsonst aufs Spiel setze. Das hab ich nie Ez."

Seine Gesichtszüge verhärteten sich. „Ezra. Nur mein C, darf mich Ez nennen. Aber du bist nicht mein C, Cole. Du hast dich verändert."

Ich schluckte. Seine Worte waren für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Trotzdem riss ich mich zusammen und murmelte heiser: „Haben wir das nicht beide?"

Ich sah Ezra aufmerksam an und bemerkte, dass er ins stocken kam. „Wahrscheinlich." Er rutschte nach hinten und lehnte sich gegen mein Kopfende. Die Kaffeetasse zwischen meinen Händen fühlte sich falsch an. Es kam mir vor, wie damals im ersten Lockdown. Die Zeit war so langsam vergangen und gleichzeitig erschreckend schnell. Plötzlich war ich alleine und hatte Baloo, welcher genauso litt.

Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee und strich durch das silberne, weiche Fell von Baloo. Er hob leicht seinen Kopf, schaute zu mir rauf. Dann robbte sie näher und legte ihren Kopf auf meine Beine. Ein müdes Lächeln machte sich auf meinen Lippen breit, während ich weiter durch ihr weiches Fell fuhr.

„So hast du mich nie gestreichelt..."

„Du bist auch kein Hund Ezra."

Er nickte. „Aber ich mag es trotzdem gekrault zu werden oder gestreichelt. Das waren für mich immer besondere Kleinigkeiten."

„Machst du mir gerade einen unterschwelligen Vorwurf, dass ich das nicht getan habe?"

Es kam nicht direkt eine Antwort. Eher kam ein frustriertes Seufzen.

„Was daran ist ein Vorwurf?! Es war ein beschissene Feststellung. Tut mir Leid, wenn du das nicht verstehst, Ezra."

Inzwischen wirkte er genervt. Er atmete tief durch und schaute mich an. „Jeder ist anders. Ich mach niemandem einen Vorwurf, auch dir nicht. Ich hab bloß gesagt, dass ich das gerne mag. Heißt ja nicht gleich, dass es gegen dich geht."

Ich wusste nichts darauf zu erwidern. Daher schwieg ich und schaute ihn an. Er wirkte genauso, wie im ersten Lockdown. Ehrlich, liebevoll und humorvoll. Aber heute machte er einen deutlich gereizten und besorgten Eindruck. Bei allem, was ich mir geleistet hatte, konnte ich das voll verstehen.

Ich setzte mich auf und trank meinen Kaffee aus. „Ich gehe gleich erstmal mit Baloo raus."

„Aber... Cole?"

„Beruhig dich. Keine zweihundert Meter von hier ist ein weitläufiges Feld und Wald. Ich werde keiner Menschenseele begegnen."

Ich wusste sofort, was er wollte und die Tatsache schien ihn zu überraschen, da er mich mit aufgerissenen Augen anschaute. Dann hoben sich seine Mundwinkel und er nickte.

Everything hopeless [Everything 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt