Silvester

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ANA POV

Gleich bin ich wieder in Seattle. Endlich wieder in Christians Nähe. Seine Mail schwirrte während der ganzen Fahrt in meinem Kopf herum. Soll ich mich darauf einlassen? Eine rein körperliche Beziehung. Keine Verpflichtung zu Ehrlichkeit? Wir lügen uns beide damit in die eigene Tasche. Er will so viel mehr und ich eigentlich auch. Ray ist strikt dagegen, dass ich ihn in unser Geheimnis einweihe. Je mehr Menschen wissen, wer ich bin, umso schwerer wird es mich zu schützen. Obwohl Ray keine Anzeichen sieht, das seine Familie oder sein nahes Umfeld irgendwas mit meinem Stiefvater zu tun haben. Aber man kennt die ganzen weiteren Verbindungen nicht. Der kennt den, und der den und plötzlich sind wir mitten im Sumpf der Ostküste angelangt, da wo ich es heraus geschafft habe. Es ist besser, wenn niemand meine Identität kennt. Für alle muss ich Anastasia Steele sein.

Geht das, eine Beziehung mit dem Wissen, das der andere ein Geheimnis hat, das er nicht bereit ist zu teilen? Kann Liebe so weit gehen?
Egal wie ich es drehe und wende, wenn ich nicht gehe, und das will ich auf keinen Fall, dann wird es am Ende darauf hinauslaufen. Ich werde mich drauf einlassen in dem Wissen, das ich ihn Tag für Tag belüge. Das ich ihm etwas sehr wichtiges verschweige. Aber ich kann nicht anders. Ich liebe ihn, ich begehre ihn. Ich will ihn spüren. Will bei ihm sein. Ohne das, werde ich eingehen. Mit Ray hab ich die Alternative gesprochen: Ich kehre nach Montesano zurück. Wir werden nach einiger Zeit unsere Zelte dort abrechen. Sobald alles organisiert ist, an einen anderen Ort in diesem Land gehen und ich werde erst einmal ein Dasein als Hausfrau fristen. Ob wir jemals wieder eine Anstellung finden wie bei GEH ist fraglich. Nur meinen Blogg darf ich behalten.

Und was ist dann? Zwei Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlen, die sich vielleicht sogar lieben, werden unglücklich sein. Damit ist niemanden geholfen. Warum also nicht einfach diese Liebe genießen und diese Unwichtigkeit meiner eigenen Identität hinten anstellen?

Ich habe mich entschieden. Und wenn Christian es auch kann, wenn er darüber hinweg sehen kann, dass ich ein Geheimnis habe, dann könnte es für eine Zeit lang gehen. Aber dann, was wenn alles in New York ein Ende findet. Wenn endlich alles dort zu einem guten Ende kommt? Oder sollte ich darüber gar nicht nachdenken? Ist das der richtige Weg? Nicht zu weit nach vorne schauen. Leben im Hier und Jetzt und dann sehen, was wird? Kann Christian das? Mr. Kontrollfreak. Was passiert, wenn alles auffliegt und er es nicht mehr kontrollieren kann?

Fragen, Fragen, Fragen. Wir müssen reden Mr. Grey.

AN: Christian Grey
VON: Ana Steele
Datum: 28.12.2019
Betreff: Schlaflos in Seattle

Mein lieber Christian,
Ich bin wieder zu Hause. Wohlbehalten und an einem Stück. So wie Du es Dir gewünscht hast.
Ich habe auf Deine letzte Mail noch gar nicht geantwortet. Dafür habe ich umso länger darüber nachgedacht. Wir sollten reden. Aber erwarte nicht, dass ich Dir alles offenbare. Das kann ich nicht.

Silvester haben wir genügend Zeit. Ich freue mich auf Dich.

Deine Ana

UNKNOWN POV

Der Silvestertag begann für Ana und Christian in einer seltsamen Stimmung. Beide waren angespannt. Was der Abend wohl so alles bringen würde? Christian hatte lange nachgedacht. Im Grunde konnte er von Ana nicht verlangen, ihm ihr Geheimnis zu verraten. Er hatte ja auch eines. Und irgendwie befreite es ihn von der Last Ana das Spielzimmer zeigen zu müssen. Wenn sie sich das Recht rausnahm ihm Dinge zu verschweigen, dann konnte er das auch.

Sicher, keine perfekte Grundlage für eine Beziehung, aber es machte es einfacher. Allerdings, im Gegensatz zu ihm, wusste Ana nicht, dass auch er etwas vor ihr verbarg. Also nahm er sich vor ihr diesbezüglich reinen Wein einzuschenken. In der Hoffnung Ana könne sich dann einfacher auf eine Beziehung mit ihm einlassen. Die körperliche Anziehung machte ihn verrückt und er wollte nicht länger darauf verzichten. Ana nahm in seinem Kopf so viel Platz ein. Das musste ein Ende haben und für ihn schien Sex mit ihr der einzige Weg dazu endlich ein wenig Ruhe zu erhalten.

Gail hatte im Escala alles vorbereitet für den Silvester Abend. Sie und Taylor würden ausgehen. Christian und Ana hätten die Wohnung also für sich alleine. Nur ein Sicherheitsmann war im Büro. Ihn würden die beiden nicht bemerken.

Der Tisch im Wohnzimmer war gedeckt. Das Raclette stand bereit und im Kühlschrank befanden sich unzählige Platten und Schüsselchen mit kleinen Leckerein. Im Ofen standen Pellkartoffeln warm. Die beiden mussten nur noch alles auf den Tisch stellen.

Christian hatte eigens eine Playlist zusammengestellt. Der Champagner, Bollinger rosé, Anas Lieblingsmarke stand kalt, der Wein auch.

Er stand noch unter der Dusche als Ana das Penthouse betrat. Sie war etwas früh dran. Auf ihre Rufe nach Christian erhielt sie keine Antwort. Sie schweifte ein wenig durch die Wohnung. Ganz entfernt konnte sie das Wasser der Dusche rauschen hören. Eine gute Gelegenheit ihre kleine Tasche, die sie für heute Nacht gepackt hatte ins Gästezimmer zu bringen. Wieder einmal fragte sie sich, wie groß die Wohnung eigentlich war und was wohl auf der oberen Etage für Zimmer waren.

Sie entdeckte die Bibliothek mit dem schönen Billardtisch in der Mitte. Ein wahres Paradies für Leseratten. Erstausgaben an einer Wand. Klassiker der Weltliteratur. Sie staunte nicht schlecht.

Noch immer war von Christian nichts zu sehen. Aber die Dusche war verklungen. Sicher zieht er sich gerade an. Zeit um mal in der Küche zu schauen, ob sie noch irgendwas erledigen kann.

Schnell war festzustellen, dass Gail bereits alles vorbereitet hatte. Eigentlich mussten sie nur noch alles auf den Tisch stellen. Und Ana begann damit, alles von den lästigen Folien zu befreien und auf dem großen Esstisch anzurichten.

Plötzlich legten sich zwei Hände auf ihre Hüften und fast hätte sie die Platte mit Käse fallen gelassen.

„Seit wann bist Du da?" fragte Christian sie.

„Du warst noch unter der Dusche."

„Hättest ja dazu kommen können."

„Das hätte Dir so gepasst."

„Es hätte mir sehr gefallen."

„Ich hab lieber in der Zwischenzeit meine Tasche ins Gästezimmer gebracht und schon mal angefangen all diese Köstlichkeiten auf den Tisch zu stellen. Schmeckt alles ein bisschen besser, wenn es nicht so kalt ist."

„Ana," Christian drehte sie zu sich um und nahm ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand. „Du willst heute Nacht im Gästezimmer schlafen? Sicher, Anastasia?"

Ihr Blick lag auf seinen Augen. War das Enttäuschung, die sie dort sah?

„Wir werden sehen, was der Abend bringt. Wollten wir nicht reden?"

„Reden wird manchmal überbewertet."

Er ließ Ana los und machte sich daran die Weinflasche zu öffnen. Mittlerweile war es fast 19 Uhr und sie sollten mal langsam mit dem Essen beginnen. Beide verspürten Hunger und das war keine gute Grundlage für den langen Abend.

So plätscherte der Abend dahin. Die Spannung war förmlich mit Händen zu greifen. Aber Christian hatte einen Plan. Er war sich seiner Wirkung auf Ana sehr bewusst und heute würde er diese ausspielen wollen. Nichts beherrschte seinen Kopf in den letzten Wochen so sehr wie Ana. Keine Nacht verging, ohne dass er sie in seinen Träumen liebte. Und heute würde er es umsetzen, da war er sich ganz sicher.

Es war bereits 23.00 Uhr als sie endlich mit dem Essen fertig waren. Ana hatte es sich nicht nehmen lassen, den Tisch aufzuräumen. Alles Mrs. Jones zu überlassen schien ihr nicht richtig.

Und genau wie Christian hatte auch Ana einen Plan. Und ohne dass sie es wusste, war ihr Ziel genau das gleiche wie seines.

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