Cooking Annie

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CHRISTIAN POV

Heute treffe ich mich mit Ana ganz privat. Ich bin nervös, das gebe ich zu. Wieder so ein Ding. Wieder habe ich alles bisher da gewesene über den Haufen geworfen.
Wir haben uns um 14 Uhr verabredet. Erst einkaufen und dann gemeinsam kochen. Ich stehe in meinem Kleiderschrank und frage mich, was ich anziehen soll und entscheide mich schließlich für eine dunkle Jeans, dunkelblaues Jersey Hemd und meine geliebte Lederjacke. Mit dem R8 mache ich mich auf den Weg. In meinem Kopf geht mir soviel rum. Mach ich hier das richtige?

Das Einkaufen war stressig. Nichts für mich. Gut das Gail das für mich erledigt. Ich bin damit hoffnungslos überfordert. Ana war wieder einmal super vorbereitet. Sie ist immer super vorbereitet. Eine bessere PA wie sie könnte ich gar nicht haben. Und sie ist ein Genie am Terminkalender. Nie zu viel. Keine Überschneidungen. Pausen für Essen und Büroarbeit. Bisher kann ich nichts anderes sagen als: perfekt!

Dank ihres Einkaufszettels haben wir die Einkäufe in nicht einmal 1,5 Stunden erledigt. Allerdings waren dafür 5 Läden notwendig. Metzger, Bäcker, Gemüseladen, Feinkost, Asia, und ein Weinhandel. Wenigstens hier konnte ich mich einbringen. Ich durfte auswählen und bezahlen. Allerdings nur, weil Ana einsehen musste, das der Wein nicht in ihrer Preislage zu haben war. Aber ich hasse schlechten Wein. Und dieser wird perfekt zu ihrem Essen passen.

Strukturiert wie sie ist, ist ihre Küche bereits mit zwei Arbeitsplätzen vorbereitet. Das Rezept hat Ana ausgedruckt und an die Wand gepinnt. Schritt für Schritt geht sie vor. Wie ich erkennen kann, stammt das Rezept aus der Feder eines deutschen Kochs, der, wie Ana mir erzählt einer der ersten drei Sterne Köche Deutschlands war. Mal sehen, ob sein Rezept sich umsetzen lässt. Denn dafür steht „cooking annie" die Umsetzbarkeit von Kochbuch-Rezepten in einer normalen Haushaltsküche. Ich hab mich gestern Abend noch ein bisschen eingelesen. Sie hat schon fast 4000 Follower. Nicht schlecht. In unregelmäßigen Abständen erzählt sie von ihren Erfahrungen mit den Rezepten. Und das macht sie sehr launig. Ähnlich wie ihre Rede war. Die Frau hat Humor. Eines der vielen Dinge, die mir an ihr gefallen.

Sie hat mich zum Gemüse schneiden verdonnert. Ob das mal gut geht? Sie hat extra ein bisschen mehr eingekauft, falls ich versage, als Küchenhilfe. Immer wieder schaue ich sie von der Seite an, sie ist wirklich wunderschön. Auch jetzt in Jeans und T-Shirt und mit einer Kochschürze bekleidet. „BOSS" steht ganz groß vorne drauf. Ich hab auf eine Schürze verzichtet. Wird schon nicht zu viel passieren. Und wenn schon, dann mach ich mich halt oben herum frei.

„Magst Du uns ein Glas Wein einschenken?"

„Gerne. Wo sind Deine Gläser?"

„Drüben in der Vitrine."

Ich nutze die Gelegenheit und sehe mich etwas um. Ein Bild fällt mir ins Auge. Vater, Mutter, Kind. Aus den Akten weiß ich, dass ihre Mutter bereits verstorben ist. Ana war da noch gar nicht so alt. Sie sieht ihr sehr ähnlich.

„Nett, Deine Familie."

„Ja, Leider ist Mum schon tot. Ich war 14 als sie starb. Ich vermisse sie jeden Tag."

„Meine Mum starb da war ich gerade mal 4. Überdosis. Ich saß mehrere Tage neben ihrer Leiche bevor man mich fand und ins Krankenhaus brachte. Dort hat mich Grace gesehen und mich dann adoptiert."

„Dass Du adoptiert bist wusste ich, aber die Geschichte Deiner Mutter. Ist ja schrecklich."

Ich habe es ihr tatsächlich erzählt. Einfach so. Ich habe es noch nie jemandem erzählt außer Flynn. Kaum jemand weiß davon. Was macht diese Frau mit mir? Es fällt mir überhaupt nicht schwer mich ihr zu öffnen. Nur die eine Sache, die kann ich ihr nicht erzählen. Sie will dann sicher nichts mehr mit mir zu tun haben. Und ich will nicht, dass sie wieder aus meinem Leben verschwindet. Ich habe mich noch nie so wohl mit jemanden gefühlt und ich will nicht, dass dieses Gefühl aufhört.

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