Zweiunddreißig: Diana

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„Kommst du, Di? Wir sind verdammt spät dran.", ruft Olivia aus der Küche unserer WG.

Ich sehe es förmlich vor mir, wie sie nervös auf der Arbeitsplatte sitzt und die Füße baumeln lässt.

Schon seit Beginn der Woche freut sie sich auf die Party im Studentenwohnheim, die heute endlich stattfinden soll. Den ganzen Tag hat sie damit verbracht, vor ihrem Kleiderschrank zu stehen und Oberteile mit verschiedenen Hosen und Röcken zu kombinieren, bis sie endlich ihr Outfit, ein langärmliges, dunkelblaues Samtkleid, das ihre roten Haare zum Leuchten bringt, gefunden hatte.

„Ich bin gleich so weit.", sage ich, während ich ein zartrosa Lipgloss öffne.

Unverständliches Gemurmel dringt aus der Küche in mein Zimmer herüber und ich muss schmunzeln.

Olivia hofft darauf, Knox, einen hübschen Schotten, genauso rothaarig, wie sie selbst, wiederzusehen, nachdem er ihr den Weg zur Kriminologievorlesung gezeigt hat.

Ein letztes Mal werfe ich einen Blick in den Spiegel und fühle mich augenblicklich unwohl in dem kurzen Rock und dem weitausgeschnittenen Oberteil, weshalb ich nach einer Jacke greife und sie mir überziehe. Dann werfe ich mein Handy und das Lipgloss in meine weiße Handtasche und verlasse das Zimmer.

Vor der Wohnungstür wartet bereits Olivia, die Arme abwartend vor der Brust verschränkt. Sie tritt von einem Bein aufs andere, so nervös habe ich sie noch nie erlebt. Es scheint sie wirklich erwischt zu haben.

„Na dann mal los.", bringt sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Bevor sie die Türklinke allerdings heruntergedrückt hat, vibriert mein Handy in meiner Tasche.

Ich will es ignorieren, aber das Vibrieren wird immer drängelnder, weshalb Olivia schließlich die Hand von der Klinke sinken lässt und mir bedeutet, den Anruf anzunehmen.

„Liam" steht in leuchtenden Buchstaben auf dem Bildschirm.

„Was gibt's?", frage ich, als ich den Anruf annehme.

„Hast du kurz Zeit?"

Liams Stimme klingt brüchig, ich werfe Olivia einen erschrockenen Blick zu und schüttele den Kopf, als sie auf die Tür deutet.

„Klar."

Wie von alleine legt sich meine Stirn in Falten. Etwas scheint ganz und gar nicht in Ordnung zu sein. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals und erschwert mir das Atmen.

„Es ist vorbei."

Ich schlucke. Ein ungutes Gefühl breitet sich in meinem Magen aus.

„Was ist vorbei?", frage ich trotz meiner Vorahnung.

„Danielle und ich sind getrennt.", schluchzt Liam in den Hörer und eisige Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus.

Mit dem Rücken lehne ich mich an die Wand, Olivias Augenbrauen schießen in die Höhe, als ich mein Handy zwischen Schulter und Ohr einklemme und ein gebrochenes Herz mit den Händen forme.

„Scheiße, wie ist das denn passiert."

Meine Stimme klingt weniger traurig, als sie sollte. Gedanklich schlage ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Ich weiß es nicht.", murmelt Liam und schnieft. „Wir haben uns getroffen und über alles geredet. Danielle meinte, dass sie nicht mehr glücklich in der Beziehung ist, genau wie ich. Nur, dass sie statt an unseren Problemen zu arbeiten, eine Pause wollte und gegangen ist, obwohl ich alles so gemacht habe, wie du es gesagt hast."

Erschrocken hole ich Luft. Mein Blick wandert zu Olivia, die versucht, Liams Worte zu verstehen. Fragend sieht sie mich an, aber ich schüttele nur den Kopf.

Anscheinend hat Liam meine Überraschung gehört, denn er schiebt eine schnelle Entschuldigung hinterher, die nicht verhindern kann, dass sich das Gesagte wie eine Nadel in mein Herz bohrt.

Ich schließe einen Moment lang die Augen und versuche, mich zu beruhigen, bevor ich antworte.

„Alles gut. Mach dir nicht so viele Gedanken, eine Pause heißt nicht automatisch, dass es vorbei ist. Und falls doch, dann ist Danielle einfach nicht die Richtige. Das tut dir zwar nicht weniger weh, aber wenn du dich dein Leben lang darauf konzentrierst, dass du sie als Partnerin verloren hast, kannst du nie offen für einen Neuanfang sein."

Meine Stimme klingt unnatürlich monoton, als wäre ich ferngesteuert.

Ich höre Liams unregelmäßigen Atem am anderen Ende der Leitung, er scheint nach den richtigen Worten zu suchen, aber bevor er sie finden kann, rede ich weiter.

„Ehrlich gesagt muss ich jetzt los. Du schaffst das schon. Wenn etwas ist, kannst du mir schreiben oder mich anrufen."

Ich schiebe mein Handy zurück in die Handtasche.

Vielsagend sieht mich Olivia an.

„Auf dem Weg erzählst du mir, was das gerade war. Und zwar jedes kleinste Detail."


Während der nächsten Woche ruft Liam öfter an, als er es den gesamten Monat davor getan hat. Manchmal weint er, manchmal fragt er einfach nur, wie mein Tag war oder was ich noch geplant habe. Ein anderes Mal reden wir über die Band und das neue Album, das im November erscheinen wird und wenn ihm danach ist, singt er sogar ein oder mehrere Lieder für mich an.

Aber so sehr ich die Zeit genieße, die ich mit ihm verbringe, so sehr verletzt es mich auch, wie jedes Telefonat und jede Nachricht von ihm mein Herz in drei Teile spaltet.

Der größte Teil hat ehrliches Mitleid mit Liam und würde ihn am Liebsten im Arm halten, bis sein ganzer Schmerz abgeklungen ist und er wieder der fröhliche Beschützer seiner Freunde ist.

Ein kleinerer Teil freut sich sogar darüber, dass Danielle eine Pause vorgeschlagen hat und hofft darauf, dass ihr eine endgültige Trennung folgen wird. Ihn versuche ich, so gut es geht zu ignorieren und aus meinem Körper zu verbannen, was mir nicht gelingt.

Und ein winziger Millimeter meines Herzens ist noch immer verletzt von Liams Worten und gibt mir selbst die Schuld für die Pause zwischen Liam und Danielle. Meistens versteckt sich dieser Teil in meinen Gedanken, aber wenn ich sehe, wie glücklich Olivia ist, wenn sie mit Knox schreibt, der ihr seine volle Aufmerksamkeit schenkt, kommt er hervorgekrochen und lässt mich darüber nachdenken, ob der Versuch, Liam zu helfen, mich selbst kaputt macht.


~Die Trennung kam ja doch schneller, als gedacht. Arme Diana, hoffen wir, dass sie sich selbst nicht noch weiter fertig macht und unter Liam leidet.

Das dritte und letzte Kapitel für diese Woche, aber ich arbeite schon am nächsten und hoffe, dass dieses Jahr noch ein paar mehr Updates folgen werden.

One Direction - Five Amazing YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt