Siebenundzwanzig: Luize

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Mit einem Handtuch über den Schultern laufe ich durch den klimatisierten Flur, auf dem Weg zum Deck. Der weiche Teppichboden verschluckt jeden meiner Schritte. Ab und zu dringen von draußen Freudenschreie der anderen Gäste zu mir, und ich bin mir sicher, auch die Stimmen meiner Jungs unter diesen zu erkennen. Ich soll recht behalten, denn als ich die Glastür, die das Deck von dem langen Durchgang abtrennt, erreiche, sehe ich, wie sich die fünf gegenseitig ins Becken schubsen und dabei immer wieder eine Fontäne Wasser in die Luft spritzt. Kopfschüttelnd stelle ich fest, dass jeder von ihnen auch ein Model sein könnte. Neben ihnen bekomme sogar ich Minderwertigkeitskomplexe, und dass, obwohl ich eigentlich immer versuche, so selbstbewusst wie möglich durch die Welt zu laufen.

Erst, als ich den Beckenrand erreicht und mein Handtuch auf eine der Liegen gelegt habe, bemerkt mich Niall. Seine Augen leuchten, als er mich anlächelt. „Du siehst schön aus, Luizeli." Ich spüre, wie ich rot werde. Im nächsten Moment umfasst er meine Taille und zieht mich mühelos zu sich in den Pool.

„Hey, ihr Turteltäubchen.", unterbricht Harry unser Schweigen. „Habt ihr schon gehört, dass wir gleich anhalten und im Meer baden gehen?" Seine nassen Locken hängen ihm in Strähnen ins Gesicht, die er immer wieder versucht, von seinen Augen fernzuhalten. „Genaugenommen haben wir schon angehalten.", bemerkt Louis, der sich unbemerkt aus dem Wasser geschlichen hat und jetzt begleitet von einer ungeduldigen Geste darauf wartet, dass wir anderen ihm folgen. Anscheinend ist unser Badeausflug mitten im atlantischen Ozean schon beschlossene Sache. Wenig später lehnen wir an dem glänzenden Geländer des Kreuzfahrtschiffs und starren nach unten auf das dunkelblaue Wasser. Es sieht friedlich aus, wie ein riesiger glitzernder Kristall. „Sicher, dass wir da reinspringen wollen?", fragt Zayn unsicher. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sieht er jedem von uns kurz in die Augen, als ob er darin nach einer Antwort auf seine Frage sucht. „Natürlich, das wird bestimmt lustig.", entgegnet Liam und grinst seinen Kumpel zuversichtlich an. Irgendwas sagt mir, dass Zayn Angst vor Wasser hat, aber der Gedanke geht schneller, als dass ich ihn richtig realisieren kann. „Na dann los.", murmelt der Schwarzhaarige mehr zu sich selbst.

Nervös stellen wir uns nebeneinander an dem geöffneten Tor auf, das mir bis geradeeben gar nicht aufgefallen ist. Ich greife nach Zayns linker und Nialls rechter Hand, um während dem zehnmetertiefen Fall wenigstens ein bisschen Halt zu haben. „Auf drei." Louis' Stimme klingt rau und ist kaum mehr als ein Flüstern, trotzdem haben wir ihn alle verstanden und beginnen, synchron langsam bis drei zu zählen. Dann springen wir. Meine rechte Hand allerdings fühlt sich seltsam leer an. Ich drehe mich um und blicke zu Zayn, der immer noch am Geländer steht und mit undefinierbarem Gesichtsausdruck zu uns starrt. Viel zu lange falle ich schon, Zayns Gestalt wird von Sekunde zu Sekunde kleiner, und doch folgt kein Aufprall auf dem Wasser. „Zayn, was wird das?", rufe ich ihm entgegen. Eigentlich glaube ich nicht, dass er mich versteht, dafür ist er schon viel zu weit weg. Umso überraschter bin ich, als er tatsächlich antwortet und seine Stimme von direkt neben mir zu kommen scheint. „Ich habe es mir anders überlegt. Ihr müsst ohne mich weitermachen. Das ist nicht das Richtige für mich." Verwundert runzele ich die Stirn. „Bist du verrückt? Wir können nicht ohne dich weitermachen. Wir brauchen dich doch!", flehe ich, aber Zayn dreht sich bereits um. Leise hallen seine letzten Worte nach. „Jetzt ist es sowieso zu spät." Eine Windböe zerrt an meinem Körper und dreht mich wieder mit dem Kopf zum Wasser, wo fünf riesige Haie mit weitgeöffneten Mäulern zu mir und den übriggebliebenen Bandmitgliedern aufschauen.

Als der riesige Fisch anfängt, an meinem Arm zu knabbern, sitze ich bereits aufrecht und schweißgebadet im Bett. Es dauert ein paar Augenblicke, ehe sich mein Puls wieder halbwegs normalisiert hat und sich meine Augen an die Dunkelheit im Zimmer gewöhnt haben. Vorsichtig taste ich nach meinem Handy, das wie immer auf dem Nachttisch liegt. Zwei Uhr Einunddreißig, vierundzwanzigster Juli. Happy Birthday, Issi. Erschöpft lasse ich mich zurück in meine Kissen fallen und starre an die Decke. Kurz bevor ich wieder eingeschlafen bin, höre ich das Klappern erneut, dass mich bereits vor ein paar Minuten aus dem Schlaf gerissen hat. Augenblicklich schlägt mein Herz wieder schneller. Ich stehe auf und schleiche aus meinem Zimmer, um von der Treppe aus nach unten zu sehen. Nichts, nur Dunkelheit. Vielleicht habe ich mir das Geräusch auch nur eingebildet. Erneut scheppert es. Panisch öffne ich Nialls Zimmertür und will ihn gerade wecken, doch sein Bett ist leer. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Was soll ich denn jetzt tun? Da zieht ein Golfschläger, der in einer Ecke des Zimmers steht, meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich schnappe ihn mir und schleiche auf Zehenspitzen die Treppe hinunter.

Im Flur ist niemand, außer einem schnarchenden Gary. Was für ein toller Wachhund er doch ist. Immerhin scheint im Erdgeschoss niemand zu sein, sonst wäre vermutlich sogar eine Schlafmütze, wie Gary es ist, aufgewacht. Also mache ich mich auf den Weg ins Untergeschoss. Als ich auch hier nichts erkennen kann, will ich schon wieder umkehren und die zweite und dritte Etage absuchen, als das Klappern mich dazu bringt, anzuhalten und genauer hinzusehen. Tatsächlich, unter der Küchentür scheint eine schmale Lichtlinie auf den Boden. Was wollen die Einbrecher denn in der Küche? Noch langsamer als vorher laufe ich auf die Tür zu, mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ist es wirklich so eine kluge Idee, die Einbrecher zu überraschen? Vielleicht sollte ich einfach zurück in mein Zimmer gehen und mich dort verstecken, bis das alles vorbei ist.

Nein! Energisch schüttele ich den Kopf. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich umfasse den Schläger etwas fester und lege meine linke Hand auf die Türklinke. Eins, zwei... Bei drei reiße ich die Tür auf. Die scheinbaren Einbrecher schreien erschrocken auf, genauso wie ich, ein Kuchenblech fällt auf den Boden.

„Luize? Was zum Teufel machst du mitten in der Nacht mit meinem Golfschläger? Spielst du James Bond?" Nialls Stimme klingt unnatürlich hoch. Erleichtert lasse ich jenen Schläger fallen, er landet mit einem lauten Klirren auf dem Fußboden. „Ich dachte, es sind Einbrecher im Haus.", gebe ich zu und zupfe an meinem Pyjama herum. Liam hebt die Augenbrauen. „Und die wolltest du zum Golfspielen herausfordern oder wie?" Ich spüre, wie sich meine Wangen röten. Er hat recht, was habe ich mir bloß dabei gedacht, einen Einbrecher mit einem Golfschläger entgegen zu treten? Dann verschränke ich die Arme vor der Brust. „Ich bin hier nicht die einzige, die zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Was macht ihr um halb drei morgens in der Küche?" Harry hebt das Kuchenblech vom Boden auf und hält es mir entgegen. „Alles Gute zum Geburtstag, Issi." Ein paar Sekunden sehe ich nur fassungslos vom einen zum anderen, dann macht es Klick. „Ihr seid verrückt!", ist alles, was ich dazu sagen kann. Dann breite ich die Arme aus und warte auf die Gruppenumarmung.

Ein paar Quetschungen und Glückwünsche später sitzen wir verteilt auf der Arbeitsfläche und auf dem Fußboden und stopfen jeder ein Stück des Zitronenkuchens in unseren Mund. „Der schmeckt gar nicht mal so schlecht.", lobe ich meine Mitbewohner mit vollem Mund. Louis grinst übers ganze Gesicht. „Da haben wir aber Glück gehabt."


~Die Jungs sind einfach zu goldig! Mal sehen, was sie noch so alles geplant haben. Vielleicht können sie Luize ja irgendwie von ihren Albträumen ablenken.  


One Direction - Five Amazing YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt