Fünf: Luize

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Lachend verlassen Olivia, Diana und ich das Schulgebäude. „Ich fasse es nicht, dass Jeanne das wirklich gebracht hat.", wiederholt Olivia immer wieder und wischt sich die Freudentränen aus den Augen. Vom vielen Lachen habe ich Bauchschmerzen, aber der Gedanke an diese dumme Blondine lässt uns nicht in Ruhe. Am Straßenrand vor der Schule steht Claus' Auto. Er hupt, als er uns sieht. Mit einer Umarmung verabschiede ich mich von meinen besten Freundinnen und klettere auf den Beifahrersitz des schwarzen Mercedes.

„Was ist denn so lustig?", fragt Claus, nachdem er sich im Verkehr eingereiht hat. Ich grinse ihn an. „Du kennst doch Jeanne, oder?" Er nickt. „Sie ist seit ungefähr einer Woche total verknallt in einen Typen aus der Neunten." Claus reißt die Augen auf, genau wie ich, als ich davon erfahren habe. „Jedenfalls hat ihr irgendjemand erzählt, dass der Junge ein riesiger Fan von den Beatles ist, was eigentlich gar nicht so schlimm wäre, wäre da nicht Jeanne. Sie hat sich heute auf einen der Tische in der Cafeteria gestellt, natürlich ganz in die Nähe von ihrem Angebeteten, und hat einen Song von den Beatles gesungen. Nur, dass es kein Song von den Beatles war, es war ein Song von Big Time Rush, bei dem sie nicht unbedingt alle Töne getroffen hat. Und als wäre es nicht schon peinlich genug, ist sie wegen ihren High Heels gestolpert und genau in die Arme von unserem Biologielehrer gefallen.", beende ich meine Rede. Claus grinst. „Der junge oder der alte Biologielehrer?" „Der alte." Wir lachen und unterhalten uns noch eine Weile über diese nervige Blondine. Vielleicht bin ich ein schlechter Mensch, wenn ich über sie lache, aber ich hasse dieses Mädchen, und sie hasst mich. Wie oft hat sie schon über mich und meine Freundinnen gelacht, es geschieht ihr also ganz recht.

Meine Gedanken werden von einer Eilmeldung im Radio unterbrochen. „Die britisch-irische Boyband One Direction, die wahrscheinlich bodenständigste Band auf der Welt. Obwohl die fünf Teenager schon zu den berühmtesten Sängern Großbritanniens gehören, gaben sie heute Vormittag ein Straßenkonzert für ihre Fans. Nach der Performance ihres neuesten Hits „What makes you beautiful" sangen sie zusammen mit ihren Fans ein Lied für das Idol und Bandmitglied Niall Horan, der heute seinen achtzehnten Geburtstag feiert...". Ernsthaft? Sind die jetzt wirklich überall?

Ein paar Minuten später haben wir mein Zuhause erreicht. Ich bedanke mich bei Claus fürs Fahren, nehme meine Tasche und gehe zur Haustür. Drinnen erwartet mich schon ein fröhlich mit dem Schwanz wedelnder Gary. Er springt aufgeregt auf und ab, schnüffelt an meinen Schuhen und rennt durch das ganze Erdgeschoss, wie jeden Tag, wenn ich nach Hause komme. Ich gebe ihm einen Keks und gehe in die Küche. Mein Handy vibriert, eine SMS von Papa. „Die Jungs kommen heute, ich muss noch ein paar Kleinigkeiten mit ihnen besprechen. Backe bitte einen Kuchen, einer von ihnen wird heute 18." Was er nicht sagt. Ich seufze und überlege, welches Rezept besonders schnell und einfach ist. Ich liebe es, zu backen, aber ich habe keine Lust, meine freie Zeit erneut an diese Typen zu verschwenden. Schließlich entscheide ich mich für Brownies, das Rezept dafür kann ich schon auswendig. Ein paar Minuten später schiebe ich die Form mit dem Teig in den Backofen. Ich räume den Geschirrspüler ein und gehe ins Bad. Überall in meinem Gesicht klebt Mehl und Teig. Nachdem ich mich saubergemacht habe, gehe ich in mein Zimmer, lege mich auf mein Bett und setze meine Kopfhörer auf.

Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn ich schrecke hoch, als mein Handywecker klingelt. Das heißt, dass die Brownies fertig sind. Mit schnellen Schritten eile ich in die Küche. Der Kuchen sieht perfekt aus. Ich schalte den Backofen aus und betrachte mein Kunstwerk. Eigentlich ist es schon fast zu schade, um es diesen Jungs zu geben, auch wenn Niall ziemlich nett zu mir war. Erst jetzt bemerke ich die gedämpften Stimmen, die aus dem Büro meines Vaters zu mir in die Küche dringen. Die Stimmen gehören zu One Direction. Anscheinend sind sie gekommen, als ich geschlafen habe.

Ich warte ein paar Minuten, damit der Kuchen ein bisschen abkühlen kann, und schaue es dem Küchenfenster. Draußen scheint die Sonne. Wo ist Gary eigentlich schon wieder?  Ich schiebe den Gedanken beiseite, dass er etwas anstellen könnte und schneide stattdessen den Kuchen in kleine Stücke. Dann trage ich ihn und sechs Teller zum Büro meines Vaters und klopfe an. Mit den Tellern in der Hand ist es unmöglich, die Tür zu öffnen. Kurze Zeit später öffnet ein blonder Junge schwungvoll die Tür, es ist Niall. Ich halte ihm den Kuchen vor die Nase. „Alles Gute zum Geburtstag.", sage ich und schenke ihm ein Lächeln. Nialls Blick hellt sich auf, als ich ihm den Kuchen reiche und ich folge ihm in das Büro. Mein Vater sitzt nicht wie erwartet an seinem Schreibtisch, sondern zwischen Harry und Liam auf dem schwarzen Ledersofa. Niall stellt den Kuchen auf dem ovalen Glastisch vor dem Sofa ab, bedankt sich und umarmt mich. Ich winke den anderen Jungs und meinem Vater zu und will schon aus dem Zimmer gehen, als Papa mich unterbricht. „Du kannst ruhig hier bleiben, du magst die Jungs doch." Ich starre ihn mit offenem Mund an. Wenn irgendjemand diese Band nicht mag, dann ich. Ich gebe zu, dass sie nicht so schlimm sind, wie ich anfangs dachte, aber das heißt noch lange nicht, dass ich sie mag. Ich schüttele den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Dann zucke ich die Achseln und setze ein gespieltes Lächeln auf. Ich lasse mich neben Zayn auf das Sofa fallen und beobachte, wie er meinen Kuchen probiert. Er lächelt mich an. „Der ist echt gut. Du musst uns unbedingt das Rezept schicken." Natürlich schmecken ihm meine Brownies, das Rezept ist schließlich von Mama. Nachdem alle ein Stück gegessen haben, und Niall schon mindestens drei, beginnen sie, sich wieder über den Vertrag und die Musik zu unterhalten. Ich kann nicht mitreden, weshalb ich mich im Büro umschaue. Meine Gedanken schweifen ab.

One Direction - Five Amazing YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt