Einundzwanzig: Harry

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„Warte auf mich!", rufe ich Luize zu und versuche, sie einzuholen. Als ich endlich auf ihrer Höhe bin, bleibt sie abrupt stehen. „Was willst du jetzt von mir?", sagt sie und verschränkt die Arme vor ihrer Brust. Ich hole kurz Luft bevor ich sage: „Eigentlich wollte ich dich begleiten, wenn das in Ordnung für dich ist." Lächelnd sieht Luize mich an. „Das ist nett von dir."

Wir laufen weiter und betreten das erste Geschäft, in dem sich meine Kumpeline ein paar Kleider und T-Shirts aussucht. Als hätte sie nicht schon genug Klamotten in ihrem Monstrum von Kleiderschrank zuhause in London. Ich setze mich vor die Umkleiden in einen Sessel und bewerte jedes Teil. Dieser Job ist ziemlich einfach, denn diesem Mädchen steht wirklich jedes Kleidungstück. Einige Läden weiter kauft sie ein paar Souvenirs für ihre besten Freundinnen. „Ich habe versprochen, ihnen etwas aus jeder Stadt mitzubringen.", erklärt Luize. Ich frage mich, warum Mädchen immer und überall so viele Andenken kaufen müssen, Las Vegas ist schließlich auch nur eine Stadt, wenn auch eine ziemlich große.

„Warum eigentlich Issi?", frage ich ohne Vorwarnung. Luize wirft mir einen fragenden Blick zu. „Du hast zu den Jungs gestern gesagt, dass sie dich auch Issi nennen können. Ist Issi dein Spitzname?" Luize nickt. „Ja, mein Vater und meine besten Freundinnen nennen mich so, weil ich meinen eigentlichen Namen nicht so passend finde." „Du findest deinen Namen nicht passend? Wieso das denn?", hake ich nach. Schulterzuckend sieht Luize mich an. „Er passt nicht nach London und klingt außerdem viel zu lieb, wie so eine Prinzessin, aber das passt nicht zu mir." Natürlich hat sie keinen englischen Namen, aber das macht ihn doch gerade so besonders. Ich verstehe das Problem nicht. „Warum hast du eigentlich einen, keine Ahnung, nicht englischen Namen?" Es interessiert mich wirklich, wie man als englisches Elternteil auf diesen Namen kommt. Luize senkt den Blick und seufzt. „Meine Mutter kam aus Deutschland, mein Vater hat sie bei einer Geschäftsreise kennengelernt. Er ist zu ihr gezogen und meine Mutter wurde mit mir schwanger. Meine Eltern haben sich riesig auf mich gefreut, weil sie eigentlich keine Kinder haben konnten. Aber bei meiner Geburt ist etwas schiefgelaufen und meine Mutter ist verstorben. Deshalb hat mich mein Vater nach ihr benannt, er hat nur die Schreibweise meines Namens ein klein wenig verändert. Ich finde es komisch, so zu heißen, wie meine Mutter, deshalb nennen mich die meisten Leute einfach Issi." Ich muss schlucken. Warum hat sie mir das nicht schon viel früher erzählt? Und warum erzählt sie es jetzt so, als wäre es nicht weiter schlimm? Ohne darüber nachzudenken, ziehe ich sie in eine Umarmung. „Das tut mir schrecklich leid, Issi." Sanft streiche ich ihr über den Rücken. Als ich sie wieder loslasse sehe ich, dass sie Tränen in den Augen hat. Sie wischt sie weg und fragt: „Nennst du mich ab jetzt immer Issi?" Ich grinse sie an und nicke. „Okay, Hazza." Sie betont das „Hazza", weshalb ich anfangen muss, zu lachen.

„Wollen wir noch kurz zu Starbucks gehen?", frage ich, als wir an dem Café vorbeigehen. Luize ist sofort einverstanden und wir betreten den Laden. „Hallo, ich hätte gerne einen Caramel Frappuccino. Und du?" Fragend sehe ich Luize an. „Einen Strawberries & Cream Frappuccino, bitte.", sagt sie mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen. Mit unseren Getränken in der Hand schlendern wir durch die Straßen. Wir wollen uns auf eine Parkbank setzen und in Ruhe austrinken, doch ein kleiner Junge macht uns einen Strich durch die Rechnung. Er rennt seinem Fußball hinterher, den er ausversehen auf Luize geschossen hat. Auf ihrem weißen T-Shirt hat sie jetzt einen braunen Schlammfleck. „Tut mir leid.", murmelt der Junge und verschwindet so schnell, wie er gekommen ist. „Scheiße, so kann ich doch nicht durch Las Vegas laufen.", flucht Luize. Sie reicht mir ihren Frappuccino, dreht sich mit dem Rücken zu mir und zieht sich das schmutzige T-Shirt über den Kopf. Dann kramt sie aus einer ihrer Tüten ein weißes Shirt mit der Aufschrift „I love Las Vegas" hervor und zieht es an. „Wow, jetzt komme ich mir immer noch bescheuert vor.", gibt sie zu. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, ziehe sie aber dann hinter mir her in einen Souvenirladen. Ich suche mir ein Shirt aus und gehe zur Kasse. Ohne mich von Luize wegzudrehen, ziehe ich vor dem Geschäft mein eigentliches Oberteil aus und schlüpfe in ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift „I love Las Vegas", was Luize nun auch zum Lachen bringt. „Danke.", sagt sie und gibt mir einen kurzen Kuss auf die Wange. „Kein Problem, geteiltes Leid ist halbes Leid."

„Wir müssen so unbedingt noch ein Foto machen!", schlägt Luize vor und läuft zu dem Nachbau des Eiffelturms. Sie hält eine junge Dame an und erklärt ihr, wie man an ihrem Handy ein Foto aufnimmt. Als hätte sie das nicht selbst hinbekommen. Ihre Einkaufstüten stellt sie ab, bevor sie sich neben mich vor den Eiffelturm stellt. Aber ich habe nicht vor, dass das ein langweiliges Foto wird, also nehme ich Luize kurzer Hand auf den Arm. „Pass auf, ich bin kitzelig!", ruft diese und lacht. Genau in diesem Moment nimmt die Dame das Foto auf. Wenn das nicht das perfekte Bild ist, weiß ich auch nicht weiter. Sie reicht Luize das Handy und setzt ihren Weg fort. Weil Luize es so möchte, machen wir noch ein paar Selfies.

Als Louis' Stimme hinter uns ertönt, drehen wir uns erschrocken um. „Was macht ihr denn hier? Fotos ohne mich? Geht's noch?", ruft er grinsend. Luize schenkt ihm ein Lächeln. „Du hast Recht, wir müssen unbedingt noch ein Gruppenfoto machen!" Auf der Stelle ruft sie die anderen Jungs und Paul an, die wenige Minuten später eintreffen. Sie reicht Paul das Handy. Niall und Louis heben Luize auf ihre Schultern. Wehe einer der beiden macht einen Schritt in die falsche Richtung, sonst fällt sie noch runter. Wir machen schnell ein Foto und sie setzen Issi unversehrt auf dem Boden ab. „Ihr könnt mich doch nicht einfach so hochheben, ich bin viel zu schwer!", beschwert sie sich. „Du bist federleicht, mach dir mal keine Sorgen.", meint Niall.

Am Abend packe ich meine restlichen Sachen zurück in den Koffer, morgen fahren wir schließlich schon nach Los Angeles. Mein Blick fällt auf das weiße Las Vegas Shirt, grinsend packe ich es ebenfalls ein.

Die nächsten Tage verbrachten wir größtenteils in unserem Tourbus zusammen mit Big Time Rush. Unsere Reise führte uns von Los Angeles nach San Jose, über Sacramento nach Broomfield und von dort schließlich nach Rosemont, wo wir heute Abend unseren ersten Auftritt haben werden, genauer gesagt schon in weniger als einer Stunde. Während wir im Backstage-Bereich geschminkt und frisiert werden, scrolle ich noch einmal durch die Fotos auf meinem Handy. Als ich bei dem ersten Foto der Tour angekommen bin, muss ich grinsen. Das Bild ist einfach perfekt, weil es so spontan entstanden ist. Lachend sieht Issi zu mir hoch, während ich sie in meinen Armen halte und in die Kamera lächele. Wo ist Issi eigentlich schon wieder? Nachdem Lou, unsere Stylistin, meine Haare mit der gefühlt zwanzigsten Schicht Haarspray fixiert hat, ist sie endlich fertig und ich kann aufstehen. Ich mache mich auf die Suche nach Luize, sie muss uns schließlich noch viel Glück wünschen. Planlos laufe ich umher, blicke ab und zu in einen Raum, die aber alle leer sind. „Weißt du, wo Luize ist?", frage ich Carlos, der nur schulterzuckend an mir vorbeigeht. Ich beschließe, noch hinter eine Tür zu schauen und dann umzukehren, denn in ein paar Minuten müssen wir auf die Bühne. Eine Tür am Ende des Ganges ist nur angelehnt. Ich reiße sie auf und erstarre.

Dahinter steht Logan, er küsst Luize. Ich mache auf dem Absatz Kehrt und gehe zurück zu den anderen Jungs. Meine Gedanken überschlagen sich. Sie sind zusammen? Ja, die beiden haben in den letzten Tagen ziemlich viel Zeit miteinander verbracht, aber das geht doch viel zu schnell. Warum erzählt sie uns das nicht? Und warum Logan? Er ist schließlich ein ganzes Stück älter als sie.

Louis beäugt mich kritisch, als ich mich stürmisch auf einen der Drehstühle fallen lasse und seufze. „Ist alles in Ordnung?", fragt Liam, was ich aber einfach ignoriere.

Ein paar Minuten später betritt Niall ebenfalls den Raum, neben ihm läuft Luize, sie hat Tränen in den Augen. Zayn eilt sofort zu ihr. „Was ist passiert, geht's dir gut?" Luize nickt. „Passt schon, ich hab nur an meinen Hund gedacht, ich vermisse ihn irgendwie." Ich bin mir sicher, dass sie lügt, aber ich halte trotzdem den Mund. „One Direction, ihr müsst auf die Bühne.", ruft uns einer der Security-Männer zu. Langsam erhebe ich mich und folge ihm. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass die anderen Luize kurz umarmen, bevor sie mir folgen. „Viel Glück!", ruft Luize. Kurz darauf stehen wir auf der Bühne und performen „I want" vor einem riesigen Publikum. 


~Seit wann sind die beiden denn ein Paar? 

One Direction - Five Amazing YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt