Zehn: Luize

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Mama und ich sitzen im Auto, ich weiß nicht, wohin wir fahren, aber wir fahren schnell, so schnell, dass alle Bäume am Straßenrand aussehen, als ob sie schief stünden. Ich werde in den Sitz gepresst. Und ich lache. Ich lache ausgelassen, mir laufen Freudentränen aus den Augen, ich kriege mich gar nicht mehr ein vor Lachen. Auch Mama neben mir lacht. Sie schlägt mit der flachen Hand auf das Lenkrad, wodurch die Hupe anspringt. Mein Lachen wird immer unkontrollierter, ich bekomme kaum noch Luft und mein Bauch tut schon weh, aber ich kann nicht aufhören, zu lachen.

Da schwenkt unser Auto auf einmal nach rechts. Erschrocken klammere ich mich an das Armaturenbrett. Mama lacht nicht mehr, sie hustet, und sie kann nicht aufhören. „Mama, ist alles in Ordnung?", rufe ich panisch. Ich rüttele an ihrem Arm, aber sie reagiert nicht. Sie bewegt sich keinen Millimeter, sie schaut stur geradeaus und hustet. Es klingt schrecklich, sie muss richtige Schmerzen haben, ich glaube, sie erstickt beinahe, doch sie sitzt einfach nur da und hustet, ohne sich zu bewegen.

Im nächsten Moment sitze ich angeschnallt auf dem Fahrersitz, die Hände am Lenkrad, den Fuß auf dem Gaspedal. Ich sehe mich um. Mama sitzt auf dem Beifahrersitz. Sie schnallt sich ab.

„Mama, was hast du vor?", frage ich. Inzwischen fahren wir fast 200km/h. Mama sieht mich traurig an. „Ich liebe dich.", flüstert sie beinahe unhörbar und öffnet die Tür. Ihre Haare schlagen ihr ins Gesicht, bewegt vom starken Fahrtwind. Ich nehme den Fuß vom Gaspedal, aber das Auto wird nur noch schneller. Ich wusste nicht, dass es überhaupt so schnell fahren kann. „Du musst jetzt alleine weitermachen." Mit diesen Worten steigt sie aus und wird vom Wind nach hinten gerissen.

„Aber ich kann doch gar nicht fahren!", schreie ich mit Tränen in den Augen. Ich schlage um mich, bekomme keine Luft mehr. Ich will auch aussteigen, ich will zu Mama.

„Ich liebe dich, Mama." Meine Stimme bricht weg. Ohne Vorwarnung fährt das Auto gegen einen Baum und alles wird schwarz.

„Wach auf, Issi! Das ist nur ein Albtraum.", höre ich Dianas Stimme direkt an meinem Ohr. Sofort sitze ich senkrecht im Bett. Ich bin schweißgebadet. Olivia sitzt neben Diana auf meinem Bett. „Seit wann sind die Albträume wieder da? Ich dachte, es ist besser geworden?", fragt sie und streichelt meine Hand.

Seit wann sind sie wieder da? Ich habe keine Ahnung. Eigentlich war nach der Therapie alles wieder gut, aber jetzt sind sie zurück, und dieser hier war seltsamer, als alle anderen davor. Ich ziehe die Knie an, schlinge die Arme darum und wiege mich langsam vor und zurück, damit sich meine Panik legt.

„Wie spät ist es.", frage ich mit zitternder Stimme. „Kurz nach sieben.", flüstert Diana und kriecht neben mir unter die Bettdecke. Ich rutsche ein Stück zur Seite, damit auch Olivia Platz hat. „Alles ist gut, wir sind ja da.", wiederholt Diana immer wieder, während Olivia weiter meine Hand streichelt. Sie sind wirklich die besten Freundinnen auf der Welt., denke ich, während ich über ihrem Singsang langsam in einen leichten traumlosen Schlaf sinke.

„Aufstehen. Es gibt Frühstück.", ruft Diana. Frühstück klingt gut, ich bin ziemlich hungrig. Ich schlage die Augen auf und stelle fest, dass auch Olivia inzwischen aufgestanden sein muss. Die Tür geht schwungvoll auf und eine mit Schüsseln und Tassen vollbeladene Diana wankt in mein Zimmer. Eine der Tassen wackelt gefährlich, weshalb ich aufspringe und sie ihr abnehme. Ich schenke Diana ein dankbares Lächeln.

„Wie hast du geschlafen?", fragt sie und sieht mich sorgenvoll an. Nur dunkel kann ich mich an meinen Albtraum erinnern, der mich vor ein paar Stunden Schlaf gerissen hat. „Nach dem Traum ging es eigentlich." Olivia betritt leichtfüßig mein Zimmer. „Hm, Frühstück, ich hab echt Hunger.", zwitschert sie fröhlich. Wir setzen uns auf mein Bett und löffeln unser Müsli, während mich die Mädels über meinen Albtraum ausfragen. „Seit wann hast du wieder diese Albträume?", fragt Olivia mit vollem Mund. Ich versuche, mich zu erinnern. Vor ein paar Jahren habe ich jede Nacht von Mama geträumt. Doch nachdem mein Vater mich zu einem Psychologen geschickt hat, ging es mir eine Zeit lang besser. Doch seit ein paar Monaten sind die Albträume nun zurück, und das schrecklicher als je zuvor.

One Direction - Five Amazing YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt