Zwölf: Zayn

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Der Sonntag vergeht ziemlich schnell. Die meiste Zeit verbringe ich damit, Sport zu machen oder ein paar Songideen aufzuschreiben. Louis angespannte Stimmung von gestern ist inzwischen wieder verflogen. Zum Glück, Louis ist echt ein guter Kerl, aber wenn er mal schlecht drauf ist, dann so richtig.

Am Montag fährt Pauls Wagen vor der Schule, auf die Luize geht, vor. Zum Glück sind die Scheiben verdunkelt, wenn mich erstmal jemand erkennen würde, könnten wir das Einkaufen heute vergessen. Es dauert nicht lange, bis ein Mädchen mit schulterlangen dunkelbraunen Haaren in dicker Winterjacke aus dem Gebäude eilt. Als sie das Auto entdeckt, hellt sich ihre Miene auf. Sie klettert neben mich auf die Rückbank und umarmt mich zur Begrüßung. „Hi Zayn. Du glaubst nicht, wie froh ich bin, dass ich endlich Schluss habe. So kurz vor Weihnachten drehen die Lehrer nochmal richtig auf. Zum Glück ist das die letzte Schulwoche für dieses Jahr." Ich kann ein Lachen nicht unterdrücken. „Wenigstens kannst du deinen Abschluss machen. Ich habe mehr oder weniger die Schule abgebrochen, um in einer Band zu sein, die vielleicht morgen schon niemanden mehr interessiert."

Verständnisvoll nickt Luize. Mir ist bewusst, dass sie nicht der größte Fan unserer Musik ist, genau genommen ist sie gar kein Fan dieser, aber mittlerweile scheint sie wenigstens uns als Person zu mögen. Wenn man zur berühmtesten Boyband Großbritanniens gehört, ist es allerdings nicht schlecht, wenn man sich noch normal mit jemandem unterhalten kann, ohne um ein Autogramm gebettelt zu werden.

Wenige Minuten später haben wir die Kensington High Street erreicht. „Zayn, ruf mich an, wenn ihr fertig seid. Luize, du kannst deinen Rucksack hierlassen, der stört sicher nur. Viel Spaß!", verabschiedet uns Paul. Ich bin froh, dass wir ihn als unseren Bodyguard haben, er ist quasi unser Vaterersatz während wir nicht bei unseren Familien sind. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss, ohne ihn an unserer Seite unterwegs zu sein.

Ich setze eine Sonnenbrille auf und ziehe meine Beanie an. Obwohl man mit dieser Verkleidung eigentlich erst recht auffallen müsste, ich meine, wer läuft schon im Dezember mit Sonnenbrille rum, erkennt uns so meist keiner.

Zuerst betreten wir einen kleinen Souvenirladen. „Was willst du denn hier kaufen?", frage ich Luize, die schon in den Postkarten herumkramt. „Meine Großeltern lieben London, aber sie sind ihrer Meinung nach zu alt für die stressige Anreise, also bringe ich ihnen immer eine ganze Menge Souvenirs mit. Postkarten, Dekoration, Tee, alles Mögliche. Darüber freuen sie sich riesig. Und jetzt hilf mir, etwas Schönes für sie zu finden." Ich finde es ungewöhnlich, Souvenirs von einer Stadt zu kaufen, in der ich inzwischen selbst lebe, aber umso mehr Spaß macht es, durch die kleinen Läden zu stöbern. Zwischen dem ganzen überteuerten Zeug entdecke ich eine kleine Schneekugel, die meine Aufmerksamkeit erregt. Es ist eine Spieluhr, in der Mitte der Kugel steht Big Ben, der nach dem Schütteln mit glitzerndem Schnee verziert wird. Die wird Luize sicher gefallen., denke ich.

„Also ich wäre jetzt fertig.", meint Luize direkt hinter mir. Sie hat eine große Tüte in der Hand. „Ich komme gleich nach, ich habe nur noch etwas für meine Schwester gefunden.", lüge ich und eile an die Kasse, um die Spieluhr zu bezahlen. Geduldig wartet Luize an der Ladentür und zeigt mir dann stolz ihre Ausbeute. Allerlei Deko, Postkarten und Tee für ihre Großeltern, ein Set bestehend aus englischen Süßigkeiten für ihre Tante und noch viel mehr. Die Spieluhr habe ich sofort in Geschenkpapier verpacken lassen, damit sie mich nicht zwingt, ihr mein vermeintliches Geschenk für meine Schwester zu zeigen. Außerdem bin ich nicht besonders gut darin, Geschenke einzupacken, ich besitze nicht einmal Geschenkpapier.

„Warum hast du eigentlich Verwandte in Deutschland?", frage ich, weil es mich wirklich interessiert. Doch Luizes Miene verfinstert sich augenblicklich. „Das erzähle ich dir ein anderes Mal.", gibt sie mit ruhiger Stimme von sich. Ich beschließe, nicht weiter nachzuhaken. Wenn sie bereit ist, es zu erzählen, wird sie es sicher von alleine tun.

Wir betreten eine ziemlich hochpreisig aussehende Parfümerie, wo Luize ein übertrieben teures Parfum für ihren Vater kauft. Aber ich muss zugeben, dass es dafür ziemlich gut riecht. Von der Marke habe ich noch nie etwas gehört, sie klingt Französisch, den Namen habe ich jedoch sofort wieder vergessen, nachdem Luize ihn ausgesprochen hatte.

Ein paar Läden später hat Luize noch Fotoalben für ihre besten Freundinnen, Geschenkpapier und Schleifenband gekauft und Fotos ausgedruckt. Es ist schon einige Zeit vergangen, seit wir von Paul abgesetzt wurden, es beginnt inzwischen zu dämmern. „Zayn, ich habe immer noch nichts für die Jungs und dich. Habt ihr irgendwelche Wünsche?", fragt sie und sieht mich bettelnd an. Da fragt sie gerade den Richtigen, denn ich selbst habe für meine Bandkollegen nur irgendein Parfum gekauft, was meiner Meinung nach ganz gut riecht. Ich vermute, dass auch die anderen nicht unbedingt einfallsreicher waren, was die Geschenke angeht. Ich sehe Luize also an und zucke die Achseln. Sie rauft sich die Haare und sieht auf ihr Handy. „Scheiße, es ist schon halb sieben? Ich muss doch noch Hausaufgaben machen." Dann kneift sie die Augen zusammen und reibt sich die Schläfen. Sie überlegt.

„Ich hab es!", ruft sie schließlich und klatscht in die Hände. „Was hast du?", frage ich. Nur mit Mühe kann ich mit ihr schritthalten, während sie die Straße entlangeilt. „Das sage ich dir doch nicht.", ruft sie über ihre Schulter und verschwindet in einen Schreibwarenladen. Sie besorgt ein paar Bastelsachen und noch mehr Geschenkboxen. Zu guter Letzt zieht sie mich in einen Supermarkt, kauft alle möglichen Süßigkeiten und einen Netflixgutschein. In der Zwischenzeit rufe ich Paul an, um ihm zu sagen, wo er uns abholen kann.

Auf der Heimfahrt bemerke ich, wie Luize immer wieder die Augen zu fallen. Ich glaube, das mit den Hausaufgaben wird heute nichts mehr. Es ist schon dunkel, als wir endlich an ihrem Haus ankommen. Überall in den Fenstern und im Hof steht leuchtende Weihnachtsdekoration. Wenn ich mir dagegen so unsere Wohnung anschaue, in der sich nicht einmal eine Topfpflanze findet, bekomme ich beinahe Lust, zu dekorieren. Aber das hätte keinen Sinn, da wir alle sowieso in ein paar Tagen abreisen und erst am dreißigsten Dezember zurück sein werden.

Vollbeladen mit verschiedengroßen Tüten klettert Luize aus dem Wagen. Ich folge ihr, um mich mit einer kurzen Umarmung zu verabschieden. „Vergiss deine Hausaufgaben nicht, ich erwarte Bestleistungen.", necke ich sie und steige wieder in das Auto. Paul winkt Luize ebenfalls und fährt davon, als sie die Haustür hinter sich geschlossen hat. 


~Was Luize wohl zu Zayns Überraschung für sie sagen wird?

One Direction - Five Amazing YearsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt