12. Teil

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Gedankenverloren setze ich mich zu ihnen. Ich weiß genau, was sie sagen werden. Und sie werden mich dazu überreden wollen, mehr zu essen. Hoffentlich zwingen sie mich nicht ...
Und sie werden dagen, dass ...
„Liva?", unterbricht mich Phil. Sein Ausdruck ist sanft. „Dir ist klar, dass der Schwindel sehr wahrscheinlich von deiner Ernährung kommt?"
Ich sage nichts. Bleibe stumm. Alex seufzt und übernimmt weiter. „Das was du machst, ist nicht gesund! Ich appelliere sehr an deine Vernunft, Liva. Du bist so schrecklich dünn geworden ..." Seine Stimme bricht ab. Ich erlaube mich nicht, ihn anzusehen. Denn dann würde ich weich werden und zusammenbrechen. Das weiß ich. Stattdessen stehe ich auf und verlasse das Wohnzimmer, um in meinem Zimmer Sport zu machen. Wenn ich schon nicht in der Schule bin, dann kann ich diese Zeit auch sinnvoll nutzen. Meinem Kreislauf scheint das nicht so gut zu tun, da ich noch nichts gegessen habe. Doch ich ignoriere es so gut es geht und trinke sehr viel Wasser. Irgendwann breche ich auf meinem Teppich zusammen. Ich weiß nicht, wie lange ich schon hier liege, bevor ich endlich die Kraft habe aufzustehen. Unten höre ich viele Stimmen. Die anderen sind also auch wieder da. Wie toll. Mürrisch verdrehe ich meine Augen. Eigentlich wollte ich nicht zu ihnen, doch mir fällt nichts besseres ein. „Hast du wieder Sport gemacht?", werde ich mit wütendem Blick empfangen. Ich erwidere nichts. „Du bist verschwitzt!" Es klingt wie eine Anklage. Ich habe nicht vor, Phil zu antworten. Wofür auch? Er hat ja recht und er weiß es genauso gut wie alle anderen im Raum. Jaqueline versucht wie immer die schlechte Laune zu vertreiben und erzählt uns von ihrem Arbeitstag. Sie schafft es, dass auch ich ein paarmal lächeln muss. Die Stimmung ist entspannt und ausgelassen. Bis Franco mit Pizzaschachteln zur Türe keinkommt. Alle freuen sich und nehmen ihm diese entgegen. Ein Karton bleibt übrig und alle schauen mich geduldig an. Doch ich bewege mich nicht. Schließlich nimmt Alex den Karton, nimmt ein Stück Pizza raus und legt es mir auf den Teller. Alle essen. Außer ich. Ich starre dieses eklige Stück fettige Pizza an. Nicht einmal Gemüse ist darauf. Alles was ich sehe ist Käse. Fettiger, kalorienreicher Käse! Alles in mir zieht sich zusammen. Die Gespräche erlischen. Ich sehe nach oben und alle starren mich an. Ich habe gar nicht bemerkt, dass alle schon fertig gegessen habe. Ich will aufstehen, doch ich darf nicht. Nicht, ohne wenigstens die Hälfte meiner Pizza aufgegessen zu haben. Ich fange an zu lachen. Es ist kein glückliches, sondern ein spöttisches Lachen. Franco, Jaqueline, Oli und Stephan machen sich auf den Weg zur Arbeit. Zurück bleiben Phil und Alex. Schande darüber, dass sie frei haben! „Du stehst nicht auf", erinnert mich Phil wütend. Alex nickt zustimmend, was mich brummen lässt. „Ich habe keinen Hunger! Das habe ich doch schon gesagt." Wütend schaue ich die beiden an. Phil fängt an, los zu schreien. Noch nie habe ich ihn so wütend erlebt. Alex versucht ihn zu beruhigen, doch der geht gar nicht erst auf ihn ein. Phil steht auf und zerrt mich nach oben. „Was wird das?", frage ich und schaue hilfesuchend zu Alex, der uns folgt. „Du stellst dich jetzt auf die Waage. Ohne Widerrede!" Wir erreichen das Badezimmer, doch ich denker erst gar nicht daran. „Worauf wartest du?", fragt mich Phil. Er scheint das wirklich durchziehen zu wollen. Alex steht bei uns und blickt zwischen und hin und her. Er weiß anscheinend nicht, auf welchen Seite er bei dieser Diskussion stehen soll. „Auf gar keinen Fall!", versuche ich zu protestieren.
„Wieso nicht? Nach dir ist doch alles in bester Ordnung!?", Phil wird immer wütender.
„Los Liva, stell dich drauf", Alex hat sich wohl für eine Seite entschieden. Ich wollte mich grade draufstellen, als Phil mich aufhält. „Deine Hose wiegt einiges, von diesem großen Pulli will ich gar nicht erst anfangen und du hast noch deine Hausschuhe an", merkt Phil an. Ich verdrehe die Augen, schlüpfe jedoch schließlich aus den gennanten Sachen. Ich friere, dabei ist es Frühling. Bei meinem Anblick treten Phil Tränen in die Augen und auch Alex muss sich zusammenreißen. Langsam gehe ich einen Schritt vorwärts und stelle mich auf die Waage. Wie gebannt schauen die beide darauf. Als das Ergebnis kommt, kann auch Alex sich nicht meh zusammreißen und Tränen laufen über seine Wangen. Hastig versucht er sie wegzuwischen. Vergeblich. Es kommen immer wieder neue.
„43kg!?", Phils Stimme ist nur ein eiserner Hauch. „Du bist mindestens 1,65m, Liva". Heute Morgen hatte mich diese Zahl gefreut. Jetzt hätte ich gehofft, nur für diesen kleinen Augenblick, dass sie mehr wäre. Doch schnell verwerfe ich den Gedanken wieder. Ich will nicht dick und rund werden. Ich ziehe mich wieder an und zusammen setzen wir uns an den Esstisch. „Du musst essen. Ab sofort mehr. Sonst fahre ich dich eigenhändig zur Klinik. Damit das klar ist!"
Ich bleibe still.
„Wenn du in dieser Woche jetzt noch mehr abnimmst, dann auch. Sobald sich irgendetwas verschlechtert, werde ich handeln!" Ich zucke bei seinem scharfen Tonfall zusammen. Alex scheint auch leicht überrascht, kann sich jedoch schnell fangen. Er nickt und stimmt Phil zu.

ASDS_neues Leben in der Ärzte WGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt