10. Teil

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Die nächsten Wochen verlaufen stockend. Meine Verletzungen sind so gut wie geheilt, nur bei manchen Bewegungen merke ich noch etwas. Ich gehe zwar zur Schule, bin aber nicht richtig anwesend. Meine Konzentration fehlt. Morgens komme ich nicht leicht aus dem Bett und bin tagsüber müde. Hunger habe ich nicht mehr wirklich und habe deshalb auch schon 4-5kg abgenommen. Und wenn ich dann doch Hunger habe, denke ich an das Gefühl, dass ich ja schon ein bisschen abgenommen habe und es noch mehr werden könnte. Und später habe ich dann eh keinen Hunger mehr. Es ist wie ein kleiner Teufelskreis. Es gefällt mir, abzunehmen. Es ist nicht so, dass ich dick wäre. Nur schlank eben auch nicht. Da können ein paar Kilos nicht schaden. Außerdem finde ich mich so schöner. Und meine Hosen passen besser ...

„Guten Morgen. Komm runter, Frühstück steht."
Es ist Samstag. Ich sitze schon eine Weile an meinen Hausaufgaben, die ich nicht richtig schaffe, weil ich mich nicht so gut fühle. Bei dem Gedanken an Essen dreht sich mein Magen um, doch ich laufe, als wäre nichts, nach unten. Phil lächelt mich an und reicht mir den Brotkorb. Ich nehme mir ein Brötchen, schneide es auf, lege etwas Käse darauf und beiße lustlos ab. Schon nach dem ersten Bissen will ich nicht mehr. Ich lege es ab und schenke mir ein Glas Wasser ein, das ich in schnellen Zügen austrinke. Oli mustert mich skeptisch, Alex schaut ebenso komisch und Phil scheint nichts zu merken. Viel zu fröhlich trinkt er seinen Kaffee. Als ich das Brötchen schließlich wieder aus der Hand lege, ohne doch noch einen zweiten Bissen zu machen, atmet Alex hörbar aus. Wütend schaue ich ihn an. „Du musst gar nicht so gucken. Du weißt genau, was ist", meint Alex, während er sein Brötchen kurz ablegt, um sich etwas Saft einzuschenken. Phil blickt zwischen Alex und mir hin und her. Dann schaut er auf meinen Teller, resigniert und guckt mich wütend an. „Jetzt auch noch du", nuschle ich und rolle mit den Augen. „Du musst gar nicht so sein, wir machen uns nur Sorgen!", mischt sich Oli ein. „Du bist dünn geworden", merkt Alex an.
„Und das ist schlimm, weil?", so langsam bin ich echt genervt. „Du isst fast gar nichts und du hast es nicht nötig abzunehmen", sagt Phil sanft. Dass sie mich in Ruhe lassen, nehme ich mein Brötchen, esse es ganz, stehe auf und würge es unter Tränen in den Augen wieder hoch. Erschöpft lasse ich mich gegen den Badewannenrand sinken, während Tränen noch immer über meine Wangen laufen.

ASDS_neues Leben in der Ärzte WGWo Geschichten leben. Entdecke jetzt