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Ich wusste bis zum Schluss nicht, ob ich krass genug drauf war, um es wirklich durchzuziehen - um ihn wirklich umzubringen. Ob ich tatsächlich dazu fähig war das schlimmste auf Erden meiner großen Liebe anzutun. Ob ich ihm dabei zusehen konnte, wie er starb, seinen kurzen, schmerzlosen, aber dennoch letalen Todeskampf mitansehen konnte. Ob ich bereit war seine letzten Worte zu hören bevor seine Stimme für immer erstarb. Ich hatte so viel Angst vor dem, was jetzt gleich passieren würde, Angst, dass etwas schief ging. Angst, dass ich es nicht durchziehen können würde, Angst, dass all meine Bemühungen umsonst waren. Es sollte ein romantisches Picknick am See werden - ein ganz normales „date" unter Eheleuten, die sonst viel zu wenig Zeit miteinander verbrachten. Es war auch alles so wunderschön, fast schon wehmütig und in meinem Kopf fuhren die Gedanken Karussell. Die Flüssigkeit in Thomas Flasche war vergiftet mit einem starken Betäubungsmittel in viel zu hoher konzentration und in meiner großen, schwarzen Tasche war nicht etwa Badezeugs, sondern ein schwerer tauchgürtel mit eingesetzten Gewichten. Ich konnte Thomas kaum in die Augen sehen, er strahlte vor Freude und Glück - es tat so weh zu wissen, dass ich ihn dermaßen hinterging. Er ahnte nichts von all dem, was ihm in den nächsten Minuten wiederfahren würde. Mein Herz wurde seltsam schwer und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich war wie gelähmt vor stiller Panik, Furcht vor dem, was sich hier anbahnte. Und das schlimmste war: ich war an all dem schuld, hatte es von langer Hand geplant. Es kostete mich unendliche Überwindung Thomas dabei zuzusehen, wie er die Flasche fast austrank, mit gierigen, durstigen Schlucken. Anfangs fielen mir seine kognitiven Schwierigkeiten wohl mehr auf wie ihm - dann plötzlich stürzte er in meine Arme, ich fing ihn auf, er war so schwer. Sein Kopf lag auf meinem Oberschenkel, ich streichelte sein lockiges Haar, versuchte ihn zu beruhigen. Seine Stimme riss mich aus den Gedanken, er bat mich die Rettung zu rufen. Doch ich dachte nicht dran, meine Hand lag an seiner Halsschlagader und ich spürte, wie sein Puls immer schwächer wurde. Er merkte, dass etwas nicht stimmte, aber um den ganzen Ernst der Lage zu erfassen, reichte seine Kraft nicht mehr - seine letzten Silben waren eine finale Liebeserklärung an mich. Mein Herz zerriss beim Klang seiner Stimme, die ich so wohl nie wieder hören würde. Mein Gesicht war vom weinen ganz verzehrt. Bald verließ jegliche Spannung seinen Körper, er war endlich in die wohlige Dunkelheit der Bewusstlosigkeit hinüber gegleitet und ich konnte zum letzten Teil meines Plans voranschreiten. Meine Sicht wurde von haltlosen Tränen verschleiert als ich ihm den bleischweren tauchgürtel umhängte und ihn dann langsam über den kleinen Steg in den See hinein rollte - wo er mit einem kleinen platschen unterging und verschwand. Thomas war weg, für immer. Ich packte hastig meine Sachen zusammen und floh von diesem gottverlassenen Ort. Ich drehte mich nicht mehr um, wozu auch, die nun wieder glatte und „unberührte" Wasseroberfläche würde mir wohl auch keine Antwort geben, warum ich getan hatte, was ich getan hatte.

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